Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.Anderes Buch/ Haus-Vatter. [Spaltenumbruch]
zu verstehen/ da die Natur mehr geschwächt als er-quickt wird. 5. Die von Jugend auf gewohnte Art zu leben/ ob sie schon könnte verbessert werden/ muß man nicht auf einmal plötzlich verkehren/ sondern gradatim hierinnen handeln. 6. Der Müssiggang muß durch mittelmässige U- bung/ und ein sitzendes Leben muß durch untermischte Leibs-Bewegungen gebessert und verwechselt wer- den. Da ein jeder eine ihm anständige Ubung/ nach seiner Leibes-Constitution oder Anmuth/ für sich nehmen und erwählen kan. 7. Der Schlaff soll weder an der Sonnen/ viel weniger an dem Mond-Schein verrichtet seyn/ auch nicht zu lang währen/ sonst macht er viel Schleimes/ schwächt mit unreinen Dämpffen die Spiritus vitales, erfüllt den gantzen Leib mit faulen Phlegmatischen Feuch- tigkeiten. 8. Je von weniger Speisen man zu sich nimmet/ je besser bekommt es dem Magen/ weil sie offt wider- wärtiger/ und gegen einander streitender Eigenschafften sind/ daraus dann auch/ wo die Uberfüllung darzu kommet/ gefährliche Kranckheiten entstehen/ Cibus quo Simplicior, eo naturae acceptior. Und wann je ein Excess zuzulassen/ so soll ein Mensch/ sonderlich ein Alter/ ehe im Trincken als Essen einen Uberfluß gestatten/ denn das Getränck ist sonderlich den Alten/ als die ohne diß kalter Complexion sind/ weniger schädlich/ als den Jungen/ und weil eine dünne flüssi- ge durchdringende Materia ist/ gehet es desto eher durch. Zu viel Essen aber/ bleibt lang im Magen un- verdauet/ erstickt die natürliche Wärme/ und weil sie der Magen nicht recht verkochen kan; Cruditatem & ob- structiones generat, daraus grosse Kranckheiten erfolgen. 9. Der subtilern weichen Speisen/ soll man eher geniessen/ als der harten/ denn also wird die Dauung desto glücklicher befördert. 10. Man soll wenig/ und offt/ und erst trincken/ wann man mit Essen einen ziemlichen Grunde gelegt hat; wiewol ein jeder hierinnen seiner Gewonheit am liebsten folget. 11. Wer will gesund bleiben/ soll nie essen/ es hungere ihn dann; dann der Hunger ist ein Zeichen/ daß der Magen die vorige Speise wol verdauet hat; und wann man neue Speise/ den vorigen noch rohen aufschüttet/ kan nichts anders als Kranckheit/ aufs wenigst Unlust erfolgen/ Vitium enim primae con- coctionis (sagen die Medici) non digeritur neque in Prima, neque in Secunda, die Zeichen eines rech- ten Hungers ist eine vorhergehende gute Diaet und mässige Lebens-Ordnung/ dann wann auf solche ein Hunger folget/ so ist er recht und natürlich. 12. Alle Speisen soll man vorher/ ehe sie in den Magen geschlungen sind/ durch die Zähne klein und wol zerknirschen und käue/ so kan sie der Magen desto bequemlicher und eher verkochen/ so zur Be- förderung und Erhaltung der Gesundheit überaus viel viel zuträgt/ und wo die Speise Brocken-Weise ver- schluckt sind/ entstehen rohe Undauungen/ der Magen wird geschwächt/ die Nieren verstopfft und Stein und Sand erweckt. 13. Ob man zu Mittag oder zu Abends mehr essen soll/ sind unterschiedliche Meinungen. Weil aber von Abend biß Mittag des andern Tags mehr Zeit Raum ist/ als von Mittag biß gegen Abend/ und die Nacht-Ruhe darzu kommt/ dabey die Verdauung am besten und geschicklichsten verrichtet wird/ sind viel gelehrte Medici der Meinung/ es sey besser Abends als Mittags zu viel essen/ wiewol alles cum debita moderatione zu verstehen ist/ von gesunden und star- cken Leuten. Denn welche zum Haupt-Wehe und Flüssen geneigt sind/ mögen ihre Abend-Mahlzeit auch desto schmähler einziehen. So ist auch der Sommer und Winter zu unterscheiden/ und sich in der Speise darnach zu richten. 14. Hitzige und gallsüchtige Naturen/ mögen einen ringen und temperirten Tranck/ die kalten und flüssigen aber einen stärckern und kräfftigern brauchen. 15. Zwischen der beeden Tages-Mahlzeiten ist am gesündesten sich des Trinckens gar zu enthalten/ oder doch nicht ehe/ biß vier oder fünf Stunden nach der Mahlzeit die vorige Concoction völlig geschehen sey. 16. Jm Winter soll man etwas mehr essen und weniger trincken; im Sommer aber mehr trincken und weniger essen/ nur daß man den Appetit erhalte/ a- ber nicht überschütte/ oder zum Unlust bewege. Vor dem Obst/ welches rohe und wurmstichich/ soll man sich hüten/ wie auch vor unterschiedlichen/ niderwärtigen Eigenschafft und Geschmach an sich habenden Spei- sen/ weil Plato 3. de Rep. recht sagt: Vie die Men- ge und üble Einstimmung vielerley Musickeneinen Un- willen im Gemüth entzündet: also die Vieheit der Speisen einen Unlust in dem Leibe; denn weil etliche Speisen bald/ etliche langsam verdauen/ und solche übereinander eingeschluckt werden/ gibt es eine [unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]le und ungleiche Oeconomia, daraus nichts als endliches Verderben entspringet. Wiewol Robertus Monta- nus de Salub. Victus ratione quaest. 30. solches limi- tirt, und zum Theil widerspricht/ wie man daselbst fin- den kan/ so aber/ Weitläuffigkeit zu verhüten/ hier ausgelassen wird. Man mag aber viel oder weniger- ley Speisen brauchen/ wann nur die Mässigkeit die Oberaufsicht erhält/ so hat es wenig zu bedeuten. 17. Unter den Artzneyen ist am besten Praeser- vativa und Prophylactica zu gebrauchen/ damit der Leib stäts offen sey/ weil die Obstructiones allerley Ungelegenheiten und Kranckheiten gebähren. 18. Am Haupt/ im Mund/ Zähnen/ Augen/ Ohren/ soll man sich mit Kämmen und Waschen rein- lich halten/ weil dardurch die natürliche Wärme con- centrirt/ erweckt und erhalten wird. 19. Das Gold soll eine sonderliche Krafft haben/ das Leben zu erhalten/ wann es zu Zainen oder Ble- chen geschlagen/ geglühet/ in Tranck oder Wein so offt abgelöscht wird/ biß der Wein anfängt zu sieden/ der hernach gesiegen/ aufbehalten und getruncken wird/ diß stärckt den schwachen Magen/ befördert die Dau- ung/ benimmt dem Gesicht die bleiche Abfarbe/ be- kräfftiget des Leibes vornehmste Glieder/ verzehrt die bösen Feuchtigkeiten/ erhält die Lebens-Geister/ und ist ein sonderbar Confortativ zum Hertzen/ dardurch (wie
Anderes Buch/ Haus-Vatter. [Spaltenumbruch]
zu verſtehen/ da die Natur mehr geſchwaͤcht als er-quickt wird. 5. Die von Jugend auf gewohnte Art zu leben/ ob ſie ſchon koͤnnte verbeſſert werden/ muß man nicht auf einmal ploͤtzlich verkehren/ ſondern gradatim hierinnen handeln. 6. Der Muͤſſiggang muß durch mittelmaͤſſige U- bung/ und ein ſitzendes Leben muß durch untermiſchte Leibs-Bewegungen gebeſſert und verwechſelt wer- den. Da ein jeder eine ihm anſtaͤndige Ubung/ nach ſeiner Leibes-Conſtitution oder Anmuth/ fuͤr ſich nehmen und erwaͤhlen kan. 7. Der Schlaff ſoll weder an der Sonnen/ viel weniger an dem Mond-Schein verrichtet ſeyn/ auch nicht zu lang waͤhren/ ſonſt macht er viel Schleimes/ ſchwaͤcht mit unreinen Daͤmpffen die Spiritus vitales, erfuͤllt den gantzen Leib mit faulen Phlegmatiſchen Feuch- tigkeiten. 8. Je von weniger Speiſen man zu ſich nimmet/ je beſſer bekommt es dem Magen/ weil ſie offt wider- waͤrtiger/ und gegen einander ſtreitender Eigenſchafften ſind/ daraus dann auch/ wo die Uberfuͤllung darzu kommet/ gefaͤhrliche Kranckheiten entſtehen/ Cibus quò Simplicior, eò naturæ acceptior. Und wann je ein Exceſs zuzulaſſen/ ſo ſoll ein Menſch/ ſonderlich ein Alter/ ehe im Trincken als Eſſen einen Uberfluß geſtatten/ denn das Getraͤnck iſt ſonderlich den Alten/ als die ohne diß kalter Complexion ſind/ weniger ſchaͤdlich/ als den Jungen/ und weil eine duͤnne fluͤſſi- ge durchdringende Materia iſt/ gehet es deſto eher durch. Zu viel Eſſen aber/ bleibt lang im Magen un- verdauet/ erſtickt die natuͤrliche Waͤrme/ und weil ſie der Magen nicht recht verkochen kan; Cruditatem & ob- ſtructiones generat, daraus groſſe Kranckheiten erfolgẽ. 9. Der ſubtilern weichen Speiſen/ ſoll man eher genieſſen/ als der harten/ denn alſo wird die Dauung deſto gluͤcklicher befoͤrdert. 10. Man ſoll wenig/ und offt/ und erſt trincken/ wann man mit Eſſen einen ziemlichen Grunde gelegt hat; wiewol ein jeder hierinnen ſeiner Gewonheit am liebſten folget. 11. Wer will geſund bleiben/ ſoll nie eſſen/ es hungere ihn dann; dann der Hunger iſt ein Zeichen/ daß der Magen die vorige Speiſe wol verdauet hat; und wann man neue Speiſe/ den vorigen noch rohen aufſchuͤttet/ kan nichts anders als Kranckheit/ aufs wenigſt Unluſt erfolgen/ Vitium enim primæ con- coctionis (ſagen die Medici) non digeritur nequè in Primâ, nequè in Secundâ, die Zeichen eines rech- ten Hungers iſt eine vorhergehende gute Diæt und maͤſſige Lebens-Ordnung/ dann wann auf ſolche ein Hunger folget/ ſo iſt er recht und natuͤrlich. 12. Alle Speiſen ſoll man vorher/ ehe ſie in den Magen geſchlungen ſind/ durch die Zaͤhne klein und wol zerknirſchen und kaͤue/ ſo kan ſie der Magen deſto bequemlicher und eher verkochen/ ſo zur Be- foͤrderung und Erhaltung der Geſundheit uͤberaus viel viel zutraͤgt/ und wo die Speiſe Brocken-Weiſe ver- ſchluckt ſind/ entſtehen rohe Undauungen/ der Magen wird geſchwaͤcht/ die Nieren verſtopfft und Stein und Sand erweckt. 13. Ob man zu Mittag oder zu Abends mehr eſſen ſoll/ ſind unterſchiedliche Meinungen. Weil aber von Abend biß Mittag des andern Tags mehr Zeit Raum iſt/ als von Mittag biß gegen Abend/ und die Nacht-Ruhe darzu kommt/ dabey die Verdauung am beſten und geſchicklichſten verrichtet wird/ ſind viel gelehrte Medici der Meinung/ es ſey beſſer Abends als Mittags zu viel eſſen/ wiewol alles cùm debita moderatione zu verſtehen iſt/ von geſunden und ſtar- cken Leuten. Denn welche zum Haupt-Wehe und Fluͤſſen geneigt ſind/ moͤgen ihre Abend-Mahlzeit auch deſto ſchmaͤhler einziehen. So iſt auch der Sommer und Winter zu unterſcheiden/ und ſich in der Speiſe darnach zu richten. 14. Hitzige und gallſuͤchtige Naturen/ moͤgen einen ringen und temperirten Tranck/ die kalten und fluͤſſigen aber einen ſtaͤrckern und kraͤfftigern brauchen. 15. Zwiſchen der beeden Tages-Mahlzeiten iſt am geſuͤndeſten ſich des Trinckens gar zu enthalten/ oder doch nicht ehe/ biß vier oder fuͤnf Stunden nach der Mahlzeit die vorige Concoction voͤllig geſchehen ſey. 16. Jm Winter ſoll man etwas mehr eſſen und weniger trincken; im Sommer aber mehr trincken und weniger eſſen/ nur daß man den Appetit erhalte/ a- ber nicht uͤberſchuͤtte/ oder zum Unluſt bewege. Vor dem Obſt/ welches rohe und wurmſtichich/ ſoll man ſich huͤten/ wie auch vor unterſchiedlichen/ niderwaͤrtigen Eigenſchafft und Geſchmach an ſich habenden Spei- ſen/ weil Plato 3. de Rep. recht ſagt: Vie die Men- ge und uͤble Einſtimmung vielerley Muſickeneinen Un- willen im Gemuͤth entzuͤndet: alſo die Vieheit der Speiſen einen Unluſt in dem Leibe; denn weil etliche Speiſen bald/ etliche langſam verdauen/ und ſolche uͤbereinander eingeſchluckt werden/ gibt es eine [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]le und ungleiche Oeconomia, daraus nichts als endliches Verderben entſpringet. Wiewol Robertus Monta- nus de Salub. Victus ratione quæſt. 30. ſolches limi- tirt, und zum Theil widerſpricht/ wie man daſelbſt fin- den kan/ ſo aber/ Weitlaͤuffigkeit zu verhuͤten/ hier ausgelaſſen wird. Man mag aber viel oder weniger- ley Speiſen brauchen/ wann nur die Maͤſſigkeit die Oberaufſicht erhaͤlt/ ſo hat es wenig zu bedeuten. 17. Unter den Artzneyen iſt am beſten Præſer- vativa und Prophylactica zu gebrauchen/ damit der Leib ſtaͤts offen ſey/ weil die Obſtructiones allerley Ungelegenheiten und Kranckheiten gebaͤhren. 18. Am Haupt/ im Mund/ Zaͤhnen/ Augen/ Ohren/ ſoll man ſich mit Kaͤmmen und Waſchen rein- lich halten/ weil dardurch die natuͤrliche Waͤrme con- centrirt/ erweckt und erhalten wird. 19. Das Gold ſoll eine ſonderliche Krafft haben/ das Leben zu erhalten/ wann es zu Zainen oder Ble- chen geſchlagen/ gegluͤhet/ in Tranck oder Wein ſo offt abgeloͤſcht wird/ biß der Wein anfaͤngt zu ſieden/ der hernach geſiegen/ aufbehalten und getruncken wird/ diß ſtaͤrckt den ſchwachen Magen/ befoͤrdert die Dau- ung/ benimmt dem Geſicht die bleiche Abfarbe/ be- kraͤfftiget des Leibes vornehmſte Glieder/ verzehrt die boͤſen Feuchtigkeiten/ erhaͤlt die Lebens-Geiſter/ und iſt ein ſonderbar Confortativ zum Hertzen/ dardurch (wie
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Anderes Buch/ Haus-Vatter.
zu verſtehen/ da die Natur mehr geſchwaͤcht als er-
quickt wird.
5. Die von Jugend auf gewohnte Art zu leben/
ob ſie ſchon koͤnnte verbeſſert werden/ muß man nicht auf
einmal ploͤtzlich verkehren/ ſondern gradatim hierinnen
handeln.
6. Der Muͤſſiggang muß durch mittelmaͤſſige U-
bung/ und ein ſitzendes Leben muß durch untermiſchte
Leibs-Bewegungen gebeſſert und verwechſelt wer-
den. Da ein jeder eine ihm anſtaͤndige Ubung/ nach ſeiner
Leibes-Conſtitution oder Anmuth/ fuͤr ſich nehmen und
erwaͤhlen kan.
7. Der Schlaff ſoll weder an der Sonnen/ viel
weniger an dem Mond-Schein verrichtet ſeyn/ auch
nicht zu lang waͤhren/ ſonſt macht er viel Schleimes/
ſchwaͤcht mit unreinen Daͤmpffen die Spiritus vitales,
erfuͤllt den gantzen Leib mit faulen Phlegmatiſchen Feuch-
tigkeiten.
8. Je von weniger Speiſen man zu ſich nimmet/
je beſſer bekommt es dem Magen/ weil ſie offt wider-
waͤrtiger/ und gegen einander ſtreitender Eigenſchafften
ſind/ daraus dann auch/ wo die Uberfuͤllung darzu
kommet/ gefaͤhrliche Kranckheiten entſtehen/ Cibus
quò Simplicior, eò naturæ acceptior. Und wann je
ein Exceſs zuzulaſſen/ ſo ſoll ein Menſch/ ſonderlich
ein Alter/ ehe im Trincken als Eſſen einen Uberfluß
geſtatten/ denn das Getraͤnck iſt ſonderlich den Alten/
als die ohne diß kalter Complexion ſind/ weniger
ſchaͤdlich/ als den Jungen/ und weil eine duͤnne fluͤſſi-
ge durchdringende Materia iſt/ gehet es deſto eher
durch. Zu viel Eſſen aber/ bleibt lang im Magen un-
verdauet/ erſtickt die natuͤrliche Waͤrme/ und weil ſie
der Magen nicht recht verkochen kan; Cruditatem & ob-
ſtructiones generat, daraus groſſe Kranckheiten erfolgẽ.
9. Der ſubtilern weichen Speiſen/ ſoll man eher
genieſſen/ als der harten/ denn alſo wird die Dauung deſto
gluͤcklicher befoͤrdert.
10. Man ſoll wenig/ und offt/ und erſt trincken/
wann man mit Eſſen einen ziemlichen Grunde gelegt
hat; wiewol ein jeder hierinnen ſeiner Gewonheit am
liebſten folget.
11. Wer will geſund bleiben/ ſoll nie eſſen/ es
hungere ihn dann; dann der Hunger iſt ein Zeichen/
daß der Magen die vorige Speiſe wol verdauet hat;
und wann man neue Speiſe/ den vorigen noch rohen
aufſchuͤttet/ kan nichts anders als Kranckheit/ aufs
wenigſt Unluſt erfolgen/ Vitium enim primæ con-
coctionis (ſagen die Medici) non digeritur nequè
in Primâ, nequè in Secundâ, die Zeichen eines rech-
ten Hungers iſt eine vorhergehende gute Diæt und
maͤſſige Lebens-Ordnung/ dann wann auf ſolche ein
Hunger folget/ ſo iſt er recht und natuͤrlich.
12. Alle Speiſen ſoll man vorher/ ehe ſie in den
Magen geſchlungen ſind/ durch die Zaͤhne klein und
wol zerknirſchen und kaͤue/ ſo kan ſie der Magen
deſto bequemlicher und eher verkochen/ ſo zur Be-
foͤrderung und Erhaltung der Geſundheit uͤberaus viel
viel zutraͤgt/ und wo die Speiſe Brocken-Weiſe ver-
ſchluckt ſind/ entſtehen rohe Undauungen/ der Magen
wird geſchwaͤcht/ die Nieren verſtopfft und Stein
und Sand erweckt.
13. Ob man zu Mittag oder zu Abends mehr
eſſen ſoll/ ſind unterſchiedliche Meinungen. Weil aber
von Abend biß Mittag des andern Tags mehr Zeit
Raum iſt/ als von Mittag biß gegen Abend/ und
die Nacht-Ruhe darzu kommt/ dabey die Verdauung
am beſten und geſchicklichſten verrichtet wird/ ſind viel
gelehrte Medici der Meinung/ es ſey beſſer Abends
als Mittags zu viel eſſen/ wiewol alles cùm debita
moderatione zu verſtehen iſt/ von geſunden und ſtar-
cken Leuten. Denn welche zum Haupt-Wehe und
Fluͤſſen geneigt ſind/ moͤgen ihre Abend-Mahlzeit auch
deſto ſchmaͤhler einziehen. So iſt auch der Sommer
und Winter zu unterſcheiden/ und ſich in der Speiſe
darnach zu richten.
14. Hitzige und gallſuͤchtige Naturen/ moͤgen
einen ringen und temperirten Tranck/ die kalten und
fluͤſſigen aber einen ſtaͤrckern und kraͤfftigern brauchen.
15. Zwiſchen der beeden Tages-Mahlzeiten iſt
am geſuͤndeſten ſich des Trinckens gar zu enthalten/
oder doch nicht ehe/ biß vier oder fuͤnf Stunden nach
der Mahlzeit die vorige Concoction voͤllig geſchehen
ſey.
16. Jm Winter ſoll man etwas mehr eſſen und
weniger trincken; im Sommer aber mehr trincken und
weniger eſſen/ nur daß man den Appetit erhalte/ a-
ber nicht uͤberſchuͤtte/ oder zum Unluſt bewege. Vor dem
Obſt/ welches rohe und wurmſtichich/ ſoll man ſich
huͤten/ wie auch vor unterſchiedlichen/ niderwaͤrtigen
Eigenſchafft und Geſchmach an ſich habenden Spei-
ſen/ weil Plato 3. de Rep. recht ſagt: Vie die Men-
ge und uͤble Einſtimmung vielerley Muſickeneinen Un-
willen im Gemuͤth entzuͤndet: alſo die Vieheit der
Speiſen einen Unluſt in dem Leibe; denn weil etliche
Speiſen bald/ etliche langſam verdauen/ und ſolche
uͤbereinander eingeſchluckt werden/ gibt es eine __le
und ungleiche Oeconomia, daraus nichts als endliches
Verderben entſpringet. Wiewol Robertus Monta-
nus de Salub. Victus ratione quæſt. 30. ſolches limi-
tirt, und zum Theil widerſpricht/ wie man daſelbſt fin-
den kan/ ſo aber/ Weitlaͤuffigkeit zu verhuͤten/ hier
ausgelaſſen wird. Man mag aber viel oder weniger-
ley Speiſen brauchen/ wann nur die Maͤſſigkeit die
Oberaufſicht erhaͤlt/ ſo hat es wenig zu bedeuten.
17. Unter den Artzneyen iſt am beſten Præſer-
vativa und Prophylactica zu gebrauchen/ damit der
Leib ſtaͤts offen ſey/ weil die Obſtructiones allerley
Ungelegenheiten und Kranckheiten gebaͤhren.
18. Am Haupt/ im Mund/ Zaͤhnen/ Augen/
Ohren/ ſoll man ſich mit Kaͤmmen und Waſchen rein-
lich halten/ weil dardurch die natuͤrliche Waͤrme con-
centrirt/ erweckt und erhalten wird.
19. Das Gold ſoll eine ſonderliche Krafft haben/
das Leben zu erhalten/ wann es zu Zainen oder Ble-
chen geſchlagen/ gegluͤhet/ in Tranck oder Wein ſo offt
abgeloͤſcht wird/ biß der Wein anfaͤngt zu ſieden/ der
hernach geſiegen/ aufbehalten und getruncken wird/
diß ſtaͤrckt den ſchwachen Magen/ befoͤrdert die Dau-
ung/ benimmt dem Geſicht die bleiche Abfarbe/ be-
kraͤfftiget des Leibes vornehmſte Glieder/ verzehrt die
boͤſen Feuchtigkeiten/ erhaͤlt die Lebens-Geiſter/ und iſt
ein ſonderbar Confortativ zum Hertzen/ dardurch
(wie
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Zitationshilfe: | Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/193>, abgerufen am 16.02.2025. |