Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.Anderes Buch/ Haus-Vatter. [Spaltenumbruch]
males sein Bewegung und Vegetation ausspendet/ undwie ein Baum übersich seinen Stamm und Aeste aus- treibet/ also treibt das Hirn abwerts/ die Medullam spinalem durch den Ruckgrad/ davon auch alle Nerven und Flächsen/ als Aeste entspringen. Der Baum muß Erden und Wasser haben/ wann er gedeyen solle/ und der Mensch essen und trincken zu Unterhalt seines Lebens; des Baums Vermehrung geschihet durch den Safft/ der von dessen Wurtzen aus der Erden gesogen/ und dem Stamm und Aesten zugeflöset wird. Wo- her dem Menschen die Zunehmung des Wachsens komme/ sind die Medici nicht einerley Meinungen; die meisten halten dafür/ daß es durch die in den Magen kommen- de Nahrung/ Speis und Tranck entstehe/ darinnen sie verdauet/ verkocht/ und jedwederm Glied/ nach Pro- portion, sein Theil zugeschickt wird. Andere wieder- sprechen diß zwar nicht/ limitiren es aber also/ daß das Gehirne nicht weniger zur Augmentation des Cör- pers beytrage. Denn indem die Speisse in dem Munde von den Zähnen gekauet und zermalmet werde/ ziehe das Gehirne/ die edlesten und subtilesten Geister davon übersich/ formire daraus einen weissen Chilum, (den Thomas Willis, ein Engelländer/ in Anatome Ce- rebri cap. 20. Humorem mollem & alibilem nennet) dieser Safft werde durch die Commissuras Cranii, meistens aber durch die Weiche/ oder den Wirbel (der bey den Kindern darum offen bleibt/ weil sie mehr nutrition zu ihrem Wachsthum bedörffen) zwischen der Haut und Fleisch in den gantzen menschlichen Cörper ausgegossen/ so wol auch durch die Nerven/ so von dem Hirn ihren Ursprung haben/ als auch in die Blut- Adern untertheilet. Dieser Safft führet die Spiritus animales mit sich/ die gleichsam sein Vehiculum sind. Und wie Willis am obbesagten Ort spricht: Succus nervosus, qui seminis masculini instar est, humori [Spaltenumbruch] nutricio copiose ab arteriis suggesto, tanquam alte- rius sexus genitivo ubique in singulis partibus suf- funditur, quodque iste prior elementis activis praedi- tus, hanc materiam crafsiorem, velut fermento quo- dam imbuit, Spirituque animali impraegnat, cumq; adeo ipsam mutua subitione dissolvi, inque partes secedere facit; ejus particulae aliae ab aliis extricatae (Spiritu infuso manuducente) corporibus sibimet commensuratis adponuntur, inque illorum substan- tiam assimilantur. Gleich auch wie im menschlichen Leib/ die in unzehlich viel Aeste hin und wieder zer- streuten Blut-Adern/ alle der Microcosmischen Oeco- nomiae Durchgänge und Winkel durchkriechet/ daß auch nicht das geringste Plätzlein oder Pünetlein am Leib überig/ dahin die Haar-Aederlein oder Venae Capillares ihre Quotam des Geblüts nicht führeten/ daß/ wo man auch am Leib einen Menschen mit einer Nadel würde ritzen/ es stracks Blut gibet: also theilet sich in einen Baum der Safft theils in den Kern/ theils in das Holtz/ und theils in die Rinden/ daraus die Ergrösse- rung und Vegetation entspringet; und ist kein Aestlein oder Blätlein am Baum so klein/ das nicht diesen Safft an sich ziehe. Wiewol auch das Hirn nicht weniger im Schlaff die aus den Magen evaporirende Exha- lationen an sich locket/ und durch seine angeborne Kälte zu einen Safft oder weissen Liquorem machet/ davon hernach mit mehrerm. Jetzt wollen wir allein bey des Platonis Gleichnis verbleiben. Also wie ein Baum/ wann er aus untauglicher/ schweblichter/ marastiger/ stinckender Erden die Nahrung an sich ziehen muß/ von Brand/ Wurm/ Gummi und andern Zufällen belästiget wird: Also wann dieser in den gantzen Leib zur Nahrung ausgebreitete Safft von guten Alimenten herrühret/ verursacht er die Gesundheit; von unbe- quemlichen aber/ ist er ein Ursprung aller Kranckheiten. Cap. LX. [Spaltenumbruch]
Vom Hirn. DAs Hirn ist unter den vornehmsten Gliedern Puls- U ij
Anderes Buch/ Haus-Vatter. [Spaltenumbruch]
males ſein Bewegung und Vegetation ausſpendet/ undwie ein Baum uͤberſich ſeinen Stamm und Aeſte aus- treibet/ alſo treibt das Hirn abwerts/ die Medullam ſpinalem durch den Ruckgrad/ davon auch alle Nerven und Flaͤchſen/ als Aeſte entſpringen. Der Baum muß Erden und Waſſer haben/ wann er gedeyen ſolle/ und der Menſch eſſen und trincken zu Unterhalt ſeines Lebens; des Baums Vermehrung geſchihet durch den Safft/ der von deſſen Wurtzen aus der Erden geſogen/ und dem Stamm und Aeſten zugefloͤſet wird. Wo- her dem Menſchen die Zunehmung des Wachſens kom̃e/ ſind die Medici nicht einerley Meinungen; die meiſten halten dafuͤr/ daß es durch die in den Magen kommen- de Nahrung/ Speis und Tranck entſtehe/ darinnen ſie verdauet/ verkocht/ und jedwederm Glied/ nach Pro- portion, ſein Theil zugeſchickt wird. Andere wieder- ſprechen diß zwar nicht/ limitiren es aber alſo/ daß das Gehirne nicht weniger zur Augmentation des Coͤr- pers beytrage. Denn indem die Speiſſe in dem Munde von den Zaͤhnen gekauet und zermalmet werde/ ziehe das Gehirne/ die edleſten und ſubtileſten Geiſter davon uͤberſich/ formire daraus einen weiſſen Chilum, (den Thomas Willis, ein Engellaͤnder/ in Anatome Ce- rebri cap. 20. Humorem mollem & alibilem nennet) dieſer Safft werde durch die Commiſſuras Cranii, meiſtens aber durch die Weiche/ oder den Wirbel (der bey den Kindern darum offen bleibt/ weil ſie mehr nutrition zu ihrem Wachsthum bedoͤrffen) zwiſchen der Haut und Fleiſch in den gantzen menſchlichen Coͤrper ausgegoſſen/ ſo wol auch durch die Nerven/ ſo von dem Hirn ihren Urſprung haben/ als auch in die Blut- Adern untertheilet. Dieſer Safft fuͤhret die Spiritus animales mit ſich/ die gleichſam ſein Vehiculum ſind. Und wie Willis am obbeſagten Ort ſpricht: Succus nervoſus, qui ſeminis maſculini inſtar eſt, humori [Spaltenumbruch] nutricio copioſè ab arteriis ſuggeſto, tanquam alte- rius ſexus genitivo ubiquè in ſingulis partibus ſuf- funditur, quodque iſte prior elementis activis prædi- tus, hanc materiam crafſiorem, velut fermento quo- dam imbuit, Spirituquè animali imprægnat, cumq; adeò ipſam mutuâ ſubitione diſſolvi, inque partes ſecedere facit; ejus particulæ aliæ ab aliis extricatæ (Spiritu infuſo manuducente) corporibus ſibimet commenſuratis adponuntur, inque illorum ſubſtan- tiam aſſimilantur. Gleich auch wie im menſchlichen Leib/ die in unzehlich viel Aeſte hin und wieder zer- ſtreuten Blut-Adern/ alle der Microcosmiſchen Oeco- nomiæ Durchgaͤnge und Winkel durchkriechet/ daß auch nicht das geringſte Plaͤtzlein oder Puͤnetlein am Leib uͤberig/ dahin die Haar-Aederlein oder Venæ Capillares ihre Quotam des Gebluͤts nicht fuͤhreten/ daß/ wo man auch am Leib einen Menſchen mit einer Nadel wuͤrde ritzen/ es ſtracks Blut gibet: alſo theilet ſich in einen Baum der Safft theils in den Kern/ theils in das Holtz/ und theils in die Rinden/ daraus die Ergroͤſſe- rung und Vegetation entſpringet; und iſt kein Aeſtlein oder Blaͤtlein am Baum ſo klein/ das nicht dieſen Safft an ſich ziehe. Wiewol auch das Hiꝛn nicht weniger im Schlaff die aus den Magen evaporirende Exha- lationen an ſich locket/ und durch ſeine angeborne Kaͤlte zu einen Safft oder weiſſen Liquorem machet/ davon hernach mit mehrerm. Jetzt wollen wir allein bey des Platonis Gleichnis verbleiben. Alſo wie ein Baum/ wann er aus untauglicher/ ſchweblichter/ maraſtiger/ ſtinckender Erden die Nahrung an ſich ziehen muß/ von Brand/ Wurm/ Gummi und andern Zufaͤllen belaͤſtiget wird: Alſo wann dieſer in den gantzen Leib zur Nahrung ausgebreitete Safft von guten Alimenten herruͤhret/ verurſacht er die Geſundheit; von unbe- quemlichen aber/ iſt er ein Urſprung aller Kranckheiten. Cap. LX. [Spaltenumbruch]
Vom Hirn. DAs Hirn iſt unter den vornehmſten Gliedern Puls- U ij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0173" n="155"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderes Buch/ Haus-Vatter.</hi></fw><lb/><cb/><hi rendition="#aq">males</hi> ſein Bewegung und <hi rendition="#aq">Vegetation</hi> ausſpendet/ und<lb/> wie ein Baum uͤberſich ſeinen Stamm und Aeſte aus-<lb/> treibet/ alſo treibt das Hirn abwerts/ die <hi rendition="#aq">Medullam<lb/> ſpinalem</hi> durch den Ruckgrad/ davon auch alle Nerven<lb/> und Flaͤchſen/ als Aeſte entſpringen. Der Baum muß<lb/> Erden und Waſſer haben/ wann er gedeyen ſolle/<lb/> und der Menſch eſſen und trincken zu Unterhalt ſeines<lb/> Lebens; des Baums Vermehrung geſchihet durch den<lb/> Safft/ der von deſſen Wurtzen aus der Erden geſogen/<lb/> und dem Stamm und Aeſten zugefloͤſet wird. Wo-<lb/> her dem Menſchen die Zunehmung des Wachſens kom̃e/<lb/> ſind die <hi rendition="#aq">Medici</hi> nicht einerley Meinungen; die meiſten<lb/> halten dafuͤr/ daß es durch die in den Magen kommen-<lb/> de Nahrung/ Speis und Tranck entſtehe/ darinnen ſie<lb/> verdauet/ verkocht/ und jedwederm Glied/ nach <hi rendition="#aq">Pro-<lb/> portion,</hi> ſein Theil zugeſchickt wird. Andere wieder-<lb/> ſprechen diß zwar nicht/ <hi rendition="#aq">limiti</hi>ren es aber alſo/ daß<lb/> das Gehirne nicht weniger zur <hi rendition="#aq">Augmentation</hi> des Coͤr-<lb/> pers beytrage. Denn indem die Speiſſe in dem Munde<lb/> von den Zaͤhnen gekauet und zermalmet werde/ ziehe das<lb/> Gehirne/ die edleſten und ſubtileſten Geiſter davon<lb/> uͤberſich/ <hi rendition="#aq">formi</hi>re daraus einen weiſſen <hi rendition="#aq">Chilum,</hi> (den<lb/><hi rendition="#aq">Thomas Willis,</hi> ein Engellaͤnder/ in <hi rendition="#aq">Anatome Ce-<lb/> rebri cap. 20. Humorem mollem & alibilem</hi> nennet)<lb/> dieſer Safft werde durch die <hi rendition="#aq">Commiſſuras Cranii,</hi><lb/> meiſtens aber durch die Weiche/ oder den Wirbel (der<lb/> bey den Kindern darum offen bleibt/ weil ſie mehr<lb/><hi rendition="#aq">nutrition</hi> zu ihrem Wachsthum bedoͤrffen) zwiſchen der<lb/> Haut und Fleiſch in den gantzen menſchlichen Coͤrper<lb/> ausgegoſſen/ ſo wol auch durch die Nerven/ ſo von dem<lb/> Hirn ihren Urſprung haben/ als auch in die Blut-<lb/> Adern untertheilet. Dieſer Safft fuͤhret die <hi rendition="#aq">Spiritus<lb/> animales</hi> mit ſich/ die gleichſam ſein <hi rendition="#aq">Vehiculum</hi> ſind.<lb/> Und wie <hi rendition="#aq">Willis</hi> am obbeſagten Ort ſpricht: <hi rendition="#aq">Succus<lb/> nervoſus, qui ſeminis maſculini inſtar eſt, humori<lb/><cb/> nutricio copioſè ab arteriis ſuggeſto, tanquam alte-<lb/> rius ſexus genitivo ubiquè in ſingulis partibus ſuf-<lb/> funditur, quodque iſte prior elementis activis prædi-<lb/> tus, hanc materiam crafſiorem, velut fermento quo-<lb/> dam imbuit, Spirituquè animali imprægnat, cumq;<lb/> adeò ipſam mutuâ ſubitione diſſolvi, inque partes<lb/> ſecedere facit; ejus particulæ aliæ ab aliis extricatæ<lb/> (Spiritu infuſo manuducente) corporibus ſibimet<lb/> commenſuratis adponuntur, inque illorum ſubſtan-<lb/> tiam aſſimilantur.</hi> Gleich auch wie im menſchlichen<lb/> Leib/ die in unzehlich viel Aeſte hin und wieder zer-<lb/> ſtreuten Blut-Adern/ alle der <hi rendition="#aq">Microcosmi</hi>ſchen <hi rendition="#aq">Oeco-<lb/> nomiæ</hi> Durchgaͤnge und Winkel durchkriechet/ daß<lb/> auch nicht das geringſte Plaͤtzlein oder Puͤnetlein am Leib<lb/> uͤberig/ dahin die Haar-Aederlein oder <hi rendition="#aq">Venæ Capillares</hi><lb/> ihre <hi rendition="#aq">Quotam</hi> des Gebluͤts nicht fuͤhreten/ daß/ wo man<lb/> auch am Leib einen Menſchen mit einer Nadel wuͤrde<lb/> ritzen/ es ſtracks Blut gibet: alſo theilet ſich in einen<lb/> Baum der Safft theils in den Kern/ theils in das<lb/> Holtz/ und theils in die Rinden/ daraus die Ergroͤſſe-<lb/> rung und <hi rendition="#aq">Vegetation</hi> entſpringet; und iſt kein Aeſtlein<lb/> oder Blaͤtlein am Baum ſo klein/ das nicht dieſen<lb/> Safft an ſich ziehe. Wiewol auch das Hiꝛn nicht weniger<lb/> im Schlaff die aus den Magen <hi rendition="#aq">evapori</hi>rende <hi rendition="#aq">Exha-<lb/> latio</hi>nen an ſich locket/ und durch ſeine angeborne Kaͤlte<lb/> zu einen Safft oder weiſſen <hi rendition="#aq">Liquorem</hi> machet/ davon<lb/> hernach mit mehrerm. Jetzt wollen wir allein bey des<lb/><hi rendition="#aq">Platonis</hi> Gleichnis verbleiben. Alſo wie ein Baum/<lb/> wann er aus untauglicher/ ſchweblichter/ maraſtiger/<lb/> ſtinckender Erden die Nahrung an ſich ziehen muß/<lb/> von Brand/ Wurm/ Gummi und andern Zufaͤllen<lb/> belaͤſtiget wird: Alſo wann dieſer in den gantzen Leib<lb/> zur Nahrung ausgebreitete Safft von guten <hi rendition="#aq">Alimen</hi>ten<lb/> herruͤhret/ verurſacht er die Geſundheit; von unbe-<lb/> quemlichen aber/ iſt er ein Urſprung aller Kranckheiten.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi> LX.</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">Vom Hirn.</hi> </head><lb/> <cb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>As Hirn iſt unter den vornehmſten Gliedern<lb/> das erſte in dem Menſchen/ und gleichſam <hi rendition="#aq">radix<lb/> principalis,</hi> daher der Coͤrper ſeinen Wachs-<lb/> thum und Vermehrung empfaͤhet/ daher es den hoͤch-<lb/> ſten Sitz in dem menſchlichen Coͤrper/ und zu naͤchſt den<lb/> Himmel ſeine <hi rendition="#aq">Reſidenz</hi> nimmet; um ſo wol den ſinnli-<lb/> chen/ als auch den Thieriſchen Kraͤfften/ ihren Unter-<lb/> halt und Verpflegung auszuſpenden; von allen deſſen<lb/> Stucken und Eintheilungen wollen wir dem Tugend-<lb/> liebenden Haus-Vatter nicht beſchwerlich ſeyn/ ſondern<lb/> zu denen <hi rendition="#aq">Anatomicis Authoribus</hi> hingewieſen haben/<lb/> das iſt aber gewiß/ daß daraus alle Lebens- und Thie-<lb/> riſche Geiſter in die Nerven und Lufft-Adern des menſch-<lb/> lichen Leibes herwallen/ indem das gantze Gehirn ſo<lb/> wol mit der Blut- als Lufft-Adern Grund und Aus-<lb/> theilung erfuͤllet iſt/ davon auch der Anfang der <hi rendition="#aq">Spinæ<lb/> medullaris</hi> ſich ereignet/ daher nicht weniger faſt alle<lb/><hi rendition="#aq">ſpontaneæ motiones</hi> und eigenthaͤtige Bewegungen<lb/> angetrieben werden/ alſo daß <hi rendition="#aq">Plato</hi> in <hi rendition="#aq">Timæo</hi> nicht un-<lb/> billich <hi rendition="#aq">Caput membrum diviniſſimum</hi> heiſſet/ <hi rendition="#aq">reli-<lb/> quorum membrorum Princeps, cui totum corpus<lb/> Dii parere juſſerunt.</hi> Jn dem Hirn iſt das Schloß und<lb/> die Wohnung der Gedaͤchtnis/ des <hi rendition="#aq">Senſus commu-<lb/><cb/> nis,</hi> der Einbildung/ daher alle <hi rendition="#aq">motus ſpontanei</hi><lb/> kommen; das hindere kleine Gehirn oder <hi rendition="#aq">Cerebell</hi> a-<lb/> ber/ iſt <hi rendition="#aq">officina actionum præcipuarum, quæ ſunt<lb/> homini propriæ,</hi> ein Brunnquelle der Thieriſchen Gei-<lb/> ſter und natuͤrlichen Bewegungen/ als des Hertz-<lb/> Klopffens/ der Pulßruͤhrung/ der Athem-Schoͤpf-<lb/> fung/ der Verdaͤuung und Austheilung des <hi rendition="#aq">Chyli.</hi><lb/> Und ſo fort an. <hi rendition="#aq">Joh. Ludovicus Hannemann in fa-<lb/> ſciculo miſcellanearum quæſt. Decad. 4. quæſt.</hi> 7. auf<lb/> die Frag/ ob das Hertz ein Sitz und Wohnhaus der<lb/> Seelen ſey? antwortet alſo: <hi rendition="#aq">Negamus, eſt quidem<lb/> anima in toto tota, & in qualibet ejus, particula tota:<lb/> Non tantum ſecundum ſubſtantiam ſuam, ſed & ſe-<lb/> cundum facultates ſuas, quæ ab ipſâ non ſunt ſepara-<lb/> biles; attamen in toto non eſt tota æqualiter, ſed di-<lb/> verſo reſpectu, ut primariò & ſecundariò. Sic pri-<lb/> mariò ineſt cerebro, quia illud eſt ſenſorium pri-<lb/> mum, & medium, per quod anima ſuas facultates<lb/> ſenſuum organis diſtribuit, hocque læſo, ratio, memo-<lb/> ria & judicium laborant, læſis verò aliis partibus,<lb/> illæſa hæc manere poſſunt. Secundariò in reliquis<lb/> corporis partibus habitat.</hi> So hat auch/ wie die <hi rendition="#aq">A-<lb/> natomici</hi> ſagen/ das Hirn ſeine ſtaͤtige Bewegung und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">U ij</fw><fw place="bottom" type="catch">Puls-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0173]
Anderes Buch/ Haus-Vatter.
males ſein Bewegung und Vegetation ausſpendet/ und
wie ein Baum uͤberſich ſeinen Stamm und Aeſte aus-
treibet/ alſo treibt das Hirn abwerts/ die Medullam
ſpinalem durch den Ruckgrad/ davon auch alle Nerven
und Flaͤchſen/ als Aeſte entſpringen. Der Baum muß
Erden und Waſſer haben/ wann er gedeyen ſolle/
und der Menſch eſſen und trincken zu Unterhalt ſeines
Lebens; des Baums Vermehrung geſchihet durch den
Safft/ der von deſſen Wurtzen aus der Erden geſogen/
und dem Stamm und Aeſten zugefloͤſet wird. Wo-
her dem Menſchen die Zunehmung des Wachſens kom̃e/
ſind die Medici nicht einerley Meinungen; die meiſten
halten dafuͤr/ daß es durch die in den Magen kommen-
de Nahrung/ Speis und Tranck entſtehe/ darinnen ſie
verdauet/ verkocht/ und jedwederm Glied/ nach Pro-
portion, ſein Theil zugeſchickt wird. Andere wieder-
ſprechen diß zwar nicht/ limitiren es aber alſo/ daß
das Gehirne nicht weniger zur Augmentation des Coͤr-
pers beytrage. Denn indem die Speiſſe in dem Munde
von den Zaͤhnen gekauet und zermalmet werde/ ziehe das
Gehirne/ die edleſten und ſubtileſten Geiſter davon
uͤberſich/ formire daraus einen weiſſen Chilum, (den
Thomas Willis, ein Engellaͤnder/ in Anatome Ce-
rebri cap. 20. Humorem mollem & alibilem nennet)
dieſer Safft werde durch die Commiſſuras Cranii,
meiſtens aber durch die Weiche/ oder den Wirbel (der
bey den Kindern darum offen bleibt/ weil ſie mehr
nutrition zu ihrem Wachsthum bedoͤrffen) zwiſchen der
Haut und Fleiſch in den gantzen menſchlichen Coͤrper
ausgegoſſen/ ſo wol auch durch die Nerven/ ſo von dem
Hirn ihren Urſprung haben/ als auch in die Blut-
Adern untertheilet. Dieſer Safft fuͤhret die Spiritus
animales mit ſich/ die gleichſam ſein Vehiculum ſind.
Und wie Willis am obbeſagten Ort ſpricht: Succus
nervoſus, qui ſeminis maſculini inſtar eſt, humori
nutricio copioſè ab arteriis ſuggeſto, tanquam alte-
rius ſexus genitivo ubiquè in ſingulis partibus ſuf-
funditur, quodque iſte prior elementis activis prædi-
tus, hanc materiam crafſiorem, velut fermento quo-
dam imbuit, Spirituquè animali imprægnat, cumq;
adeò ipſam mutuâ ſubitione diſſolvi, inque partes
ſecedere facit; ejus particulæ aliæ ab aliis extricatæ
(Spiritu infuſo manuducente) corporibus ſibimet
commenſuratis adponuntur, inque illorum ſubſtan-
tiam aſſimilantur. Gleich auch wie im menſchlichen
Leib/ die in unzehlich viel Aeſte hin und wieder zer-
ſtreuten Blut-Adern/ alle der Microcosmiſchen Oeco-
nomiæ Durchgaͤnge und Winkel durchkriechet/ daß
auch nicht das geringſte Plaͤtzlein oder Puͤnetlein am Leib
uͤberig/ dahin die Haar-Aederlein oder Venæ Capillares
ihre Quotam des Gebluͤts nicht fuͤhreten/ daß/ wo man
auch am Leib einen Menſchen mit einer Nadel wuͤrde
ritzen/ es ſtracks Blut gibet: alſo theilet ſich in einen
Baum der Safft theils in den Kern/ theils in das
Holtz/ und theils in die Rinden/ daraus die Ergroͤſſe-
rung und Vegetation entſpringet; und iſt kein Aeſtlein
oder Blaͤtlein am Baum ſo klein/ das nicht dieſen
Safft an ſich ziehe. Wiewol auch das Hiꝛn nicht weniger
im Schlaff die aus den Magen evaporirende Exha-
lationen an ſich locket/ und durch ſeine angeborne Kaͤlte
zu einen Safft oder weiſſen Liquorem machet/ davon
hernach mit mehrerm. Jetzt wollen wir allein bey des
Platonis Gleichnis verbleiben. Alſo wie ein Baum/
wann er aus untauglicher/ ſchweblichter/ maraſtiger/
ſtinckender Erden die Nahrung an ſich ziehen muß/
von Brand/ Wurm/ Gummi und andern Zufaͤllen
belaͤſtiget wird: Alſo wann dieſer in den gantzen Leib
zur Nahrung ausgebreitete Safft von guten Alimenten
herruͤhret/ verurſacht er die Geſundheit; von unbe-
quemlichen aber/ iſt er ein Urſprung aller Kranckheiten.
Cap. LX.
Vom Hirn.
DAs Hirn iſt unter den vornehmſten Gliedern
das erſte in dem Menſchen/ und gleichſam radix
principalis, daher der Coͤrper ſeinen Wachs-
thum und Vermehrung empfaͤhet/ daher es den hoͤch-
ſten Sitz in dem menſchlichen Coͤrper/ und zu naͤchſt den
Himmel ſeine Reſidenz nimmet; um ſo wol den ſinnli-
chen/ als auch den Thieriſchen Kraͤfften/ ihren Unter-
halt und Verpflegung auszuſpenden; von allen deſſen
Stucken und Eintheilungen wollen wir dem Tugend-
liebenden Haus-Vatter nicht beſchwerlich ſeyn/ ſondern
zu denen Anatomicis Authoribus hingewieſen haben/
das iſt aber gewiß/ daß daraus alle Lebens- und Thie-
riſche Geiſter in die Nerven und Lufft-Adern des menſch-
lichen Leibes herwallen/ indem das gantze Gehirn ſo
wol mit der Blut- als Lufft-Adern Grund und Aus-
theilung erfuͤllet iſt/ davon auch der Anfang der Spinæ
medullaris ſich ereignet/ daher nicht weniger faſt alle
ſpontaneæ motiones und eigenthaͤtige Bewegungen
angetrieben werden/ alſo daß Plato in Timæo nicht un-
billich Caput membrum diviniſſimum heiſſet/ reli-
quorum membrorum Princeps, cui totum corpus
Dii parere juſſerunt. Jn dem Hirn iſt das Schloß und
die Wohnung der Gedaͤchtnis/ des Senſus commu-
nis, der Einbildung/ daher alle motus ſpontanei
kommen; das hindere kleine Gehirn oder Cerebell a-
ber/ iſt officina actionum præcipuarum, quæ ſunt
homini propriæ, ein Brunnquelle der Thieriſchen Gei-
ſter und natuͤrlichen Bewegungen/ als des Hertz-
Klopffens/ der Pulßruͤhrung/ der Athem-Schoͤpf-
fung/ der Verdaͤuung und Austheilung des Chyli.
Und ſo fort an. Joh. Ludovicus Hannemann in fa-
ſciculo miſcellanearum quæſt. Decad. 4. quæſt. 7. auf
die Frag/ ob das Hertz ein Sitz und Wohnhaus der
Seelen ſey? antwortet alſo: Negamus, eſt quidem
anima in toto tota, & in qualibet ejus, particula tota:
Non tantum ſecundum ſubſtantiam ſuam, ſed & ſe-
cundum facultates ſuas, quæ ab ipſâ non ſunt ſepara-
biles; attamen in toto non eſt tota æqualiter, ſed di-
verſo reſpectu, ut primariò & ſecundariò. Sic pri-
mariò ineſt cerebro, quia illud eſt ſenſorium pri-
mum, & medium, per quod anima ſuas facultates
ſenſuum organis diſtribuit, hocque læſo, ratio, memo-
ria & judicium laborant, læſis verò aliis partibus,
illæſa hæc manere poſſunt. Secundariò in reliquis
corporis partibus habitat. So hat auch/ wie die A-
natomici ſagen/ das Hirn ſeine ſtaͤtige Bewegung und
Puls-
U ij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |