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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der Ersten Abhandlung

HAgel-Wetter bricht die Aehren/
Und die Blumen frisst der Brand:
Kräuter wil das Eiß verheeren/
Und der Wurm besät das Land:
Hirsche werden durch die Netze/
Vogel durch den Leim bestrickt:
Und der Mensch/ O Mordgesetze!
Wird durch Bulerey berückt.
Der erstlich Liebes-Brunst hat eine Glut genennet/
Hat allzuwohl gekennet/
Was sie vor Qval und Untreu in sich führet.
Dann/ betrachtestu die Glut/
So hälstu sie vor lieblich/ schön und gut/
Bis daß sie dich berühret.
Denn lernestu/ wie diese weite Welt
Nichts ungeheurers hat gebohren;
Es wühlet wie ein Wild/ es schneidet wie ein Schwerd/
Es ist kein Band/ so es zurücke hält;
Und wo es ihm einmal hat einen Sitz erkohren/
Da wird ihm keine Macht verwehrt.
Die Liebe hat nun auch dergleichen Eigenschafft.
Beschaust du sie in zweyer Augen Licht/
Jndem ein goldner Stral aus schwartzen Wolcken bricht.
So meinstu da zu sehn des Himmels Glantz und Krafft/
Und denckst/ daß Fried und Lust einander hier ümfassen.
Tritst du denn näher hin zu ihr/
Daß sie dir einen Stral kan in das Hertze lassen/
So hat Hircanien kein wilder Tiegerthier/
Und Libien nicht solche böse Schlangen/
Ja kein so grimmer Leu ist auf den Raub gegangen/
Als dieses was man Liebe nennet.
Sie trotzt die Hell und auch den Tod/
Wird Feindin aller Lust/ und Freundin aller Noth;
Ja in der Liebe wird nichts liebes mehr gekennet.
Was zörn ich aber viel/ soll ich die Liebe schelten/
Daß die verkehrte Welt
Durch Jrrthum mehr als durch die Liebe fällt?
Nein; es soll der Weiber Tücken mein erzörntes Wort itzt gelten.

Du
Der Erſten Abhandlung

HAgel-Wetter bricht die Aehren/
Und die Blumen friſſt der Brand:
Kraͤuter wil das Eiß verheeren/
Und der Wurm beſaͤt das Land:
Hirſche werden durch die Netze/
Vogel durch den Leim beſtrickt:
Und der Menſch/ O Mordgeſetze!
Wird durch Bulerey beruͤckt.
Der erſtlich Liebes-Brunſt hat eine Glut genennet/
Hat allzuwohl gekennet/
Was ſie vor Qval und Untreu in ſich fuͤhret.
Dann/ betrachteſtu die Glut/
So haͤlſtu ſie vor lieblich/ ſchoͤn und gut/
Bis daß ſie dich beruͤhret.
Denn lerneſtu/ wie dieſe weite Welt
Nichts ungeheurers hat gebohren;
Es wuͤhlet wie ein Wild/ es ſchneidet wie ein Schwerd/
Es iſt kein Band/ ſo es zuruͤcke haͤlt;
Und wo es ihm einmal hat einen Sitz erkohren/
Da wird ihm keine Macht verwehrt.
Die Liebe hat nun auch dergleichen Eigenſchafft.
Beſchauſt du ſie in zweyer Augen Licht/
Jndem ein goldner Stral aus ſchwartzen Wolcken bricht.
So meinſtu da zu ſehn des Himmels Glantz und Krafft/
Und denckſt/ daß Fried und Luſt einander hier uͤmfaſſen.
Tritſt du denn naͤher hin zu ihr/
Daß ſie dir einen Stral kan in das Hertze laſſen/
So hat Hircanien kein wilder Tiegerthier/
Und Libien nicht ſolche boͤſe Schlangen/
Ja kein ſo grimmer Leu iſt auf den Raub gegangen/
Als dieſes was man Liebe nennet.
Sie trotzt die Hell und auch den Tod/
Wird Feindin aller Luſt/ und Freundin aller Noth;
Ja in der Liebe wird nichts liebes mehr gekennet.
Was zoͤrn ich aber viel/ ſoll ich die Liebe ſchelten/
Daß die verkehrte Welt
Durch Jrrthum mehr als durch die Liebe faͤllt?
Nein; es ſoll der Weiber Tuͤcken mein erzoͤrntes Wort itzt gelten.

Du
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[28/0074] Der Erſten Abhandlung HAgel-Wetter bricht die Aehren/ Und die Blumen friſſt der Brand: Kraͤuter wil das Eiß verheeren/ Und der Wurm beſaͤt das Land: Hirſche werden durch die Netze/ Vogel durch den Leim beſtrickt: Und der Menſch/ O Mordgeſetze! Wird durch Bulerey beruͤckt. Der erſtlich Liebes-Brunſt hat eine Glut genennet/ Hat allzuwohl gekennet/ Was ſie vor Qval und Untreu in ſich fuͤhret. Dann/ betrachteſtu die Glut/ So haͤlſtu ſie vor lieblich/ ſchoͤn und gut/ Bis daß ſie dich beruͤhret. Denn lerneſtu/ wie dieſe weite Welt Nichts ungeheurers hat gebohren; Es wuͤhlet wie ein Wild/ es ſchneidet wie ein Schwerd/ Es iſt kein Band/ ſo es zuruͤcke haͤlt; Und wo es ihm einmal hat einen Sitz erkohren/ Da wird ihm keine Macht verwehrt. Die Liebe hat nun auch dergleichen Eigenſchafft. Beſchauſt du ſie in zweyer Augen Licht/ Jndem ein goldner Stral aus ſchwartzen Wolcken bricht. So meinſtu da zu ſehn des Himmels Glantz und Krafft/ Und denckſt/ daß Fried und Luſt einander hier uͤmfaſſen. Tritſt du denn naͤher hin zu ihr/ Daß ſie dir einen Stral kan in das Hertze laſſen/ So hat Hircanien kein wilder Tiegerthier/ Und Libien nicht ſolche boͤſe Schlangen/ Ja kein ſo grimmer Leu iſt auf den Raub gegangen/ Als dieſes was man Liebe nennet. Sie trotzt die Hell und auch den Tod/ Wird Feindin aller Luſt/ und Freundin aller Noth; Ja in der Liebe wird nichts liebes mehr gekennet. Was zoͤrn ich aber viel/ ſoll ich die Liebe ſchelten/ Daß die verkehrte Welt Durch Jrrthum mehr als durch die Liebe faͤllt? Nein; es ſoll der Weiber Tuͤcken mein erzoͤrntes Wort itzt gelten. Du

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/74>, abgerufen am 27.11.2024.