Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Peter Abelards und Heloissen. seinen Leib seiner geliebten Heloisse zu überant-worten/ so ihn auch mit ihren Thränen wohl be- netzet/ in den besten Orth ihrer Kirchen begraben ließ. Und viel Jahr hernach aus dieser Welt scheidende den geistlichen Jungfrauen anbefahl ihren toden Leib gleichfalls unter die Leichen ihres getreuen Abelards zu legen/ so auch der gestalt er- folget/ und melden die Geschichtschreiber selbiger Zeit/ daß Abelard/ als man seine geliebte Helo- isse (so mir in folgenden zweyen Briefen wegen des Reimes Helisse zu nennen erlaubet seyn wird) nach Verlauf vieler Jahre zu ihm in das Grab bracht/ mit ausgestreckten Arm solche umbfas- set und an die Brust gedruckt haben solle. Wel- ches mich dann auch bewogen/ diesen so wandel- bahren Lebens-Lauf mit folgender Grabschrifft zu beschliessen. Ein Freund/ den Noth berühmt/ Verlust hat groß ge- macht/ Drückt seine Freundin noch alhier an Brust und Armen Lieb und Vertrauligkeit/ so Tod und Grab verlacht/ Heist die Verliebten Zwey auch in dem Grab erwarmen. Ein edles Leben macht auch einen edlen Todt/ Getreue Liebe will auch aus dem Grab entspriessen/ Zum Zeugniß daß Sie nun besiegen Todt und Noth/ So wollen sie sich hier auch in der Asche kässen. Abelard an Heloissen. Mein Schreiben ist verderbt/ die Feder ist verschnitten Die Tinte fleust nicht mehr/ wie sie zuvor gethan/ Es K v
Peter Abelards und Heloiſſen. ſeinen Leib ſeiner geliebten Heloiſſe zu uͤberant-worten/ ſo ihn auch mit ihren Thraͤnen wohl be- netzet/ in den beſten Orth ihrer Kirchen begraben ließ. Und viel Jahr hernach aus dieſer Welt ſcheidende den geiſtlichen Jungfrauen anbefahl ihren toden Leib gleichfalls unter die Leichen ihres getreuen Abelards zu legen/ ſo auch der geſtalt er- folget/ und melden die Geſchichtſchreiber ſelbiger Zeit/ daß Abelard/ als man ſeine geliebte Helo- iſſe (ſo mir in folgenden zweyen Briefen wegen des Reimes Heliſſe zu nennẽ erlaubet ſeyn wird) nach Verlauf vieler Jahre zu ihm in das Grab bracht/ mit ausgeſtreckten Arm ſolche umbfaſ- ſet und an die Bruſt gedruckt haben ſolle. Wel- ches mich dann auch bewogen/ dieſen ſo wandel- bahren Lebens-Lauf mit folgender Grabſchrifft zu beſchlieſſen. Ein Freund/ den Noth beruͤhmt/ Verluſt hat groß ge- macht/ Druͤckt ſeine Freundin noch alhier an Bruſt und Armen Lieb und Vertrauligkeit/ ſo Tod und Grab verlacht/ Heiſt die Verliebten Zwey auch in dem Grab erwarmen. Ein edles Leben macht auch einen edlen Todt/ Getreue Liebe will auch aus dem Grab entſprieſſen/ Zum Zeugniß daß Sie nun beſiegen Todt und Noth/ So wollen ſie ſich hier auch in der Aſche kaͤſſen. Abelard an Heloiſſen. Mein Schreiben iſt verderbt/ die Feder iſt verſchnittẽ Die Tinte fleuſt nicht mehr/ wie ſie zuvor gethan/ Es K v
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Peter Abelards und Heloiſſen.
ſeinen Leib ſeiner geliebten Heloiſſe zu uͤberant-
worten/ ſo ihn auch mit ihren Thraͤnen wohl be-
netzet/ in den beſten Orth ihrer Kirchen begraben
ließ. Und viel Jahr hernach aus dieſer Welt
ſcheidende den geiſtlichen Jungfrauen anbefahl
ihren toden Leib gleichfalls unter die Leichen ihres
getreuen Abelards zu legen/ ſo auch der geſtalt er-
folget/ und melden die Geſchichtſchreiber ſelbiger
Zeit/ daß Abelard/ als man ſeine geliebte Helo-
iſſe (ſo mir in folgenden zweyen Briefen wegen
des Reimes Heliſſe zu nennẽ erlaubet ſeyn wird)
nach Verlauf vieler Jahre zu ihm in das Grab
bracht/ mit ausgeſtreckten Arm ſolche umbfaſ-
ſet und an die Bruſt gedruckt haben ſolle. Wel-
ches mich dann auch bewogen/ dieſen ſo wandel-
bahren Lebens-Lauf mit folgender Grabſchrifft
zu beſchlieſſen.
Ein Freund/ den Noth beruͤhmt/ Verluſt hat groß ge-
macht/
Druͤckt ſeine Freundin noch alhier an Bruſt und Armen
Lieb und Vertrauligkeit/ ſo Tod und Grab verlacht/
Heiſt die Verliebten Zwey auch in dem Grab erwarmen.
Ein edles Leben macht auch einen edlen Todt/
Getreue Liebe will auch aus dem Grab entſprieſſen/
Zum Zeugniß daß Sie nun beſiegen Todt und Noth/
So wollen ſie ſich hier auch in der Aſche kaͤſſen.
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Mein Schreiben iſt verderbt/ die Feder iſt verſchnittẽ
Die Tinte fleuſt nicht mehr/ wie ſie zuvor gethan/
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