Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Liebs und Lebens-Lauf endlich Heloissen aus ihres Vatern Hause zuseiner Schwester in das Frantzösische Britanni- en zu führen/ da sie dann einen jungen Sohn/ den sie Astrolabe nennen ließ/ auf die Welt brach- te. Abelard bemühete sich darauf seinen Schwa- gern/ der Zorn-Gluth und Feuer bließ/ so viel möglich zu besänftigen/ verspricht seine Freun- din in der Stille zu ehlichen/ doch mit der Bedin- gung/ daß es nicht der Welt allzu sehr lautbar werden möchte. Mit welchem Fürschlage sich auch gedachter Thum-Herr dem Scheine nach befriedigte/ und solches mit Kuß und vielen ver- bündlichen Worten versiegelte Abelard begiebt sich hiermit wiederum zu seiner Geliebten/ erzeh- lete ihr den Fürsatz der abgeredeten Verehligung/ wurd aber durch allerhand bündige Einwürfe davon abgehalten/ sie stellete ihm unter andern von/ daß ihres Vettern rachgieriges Gemüthe durch nichts dergleichen würde besänfftiget wer- den können: Sie gab ihm zu erkennen/ daß es höchlich zu beklagen were/ wenn ein so hohes Ge- müthe/ so die Natur zu etwas edelern gewidmet durch Sorgen der Nahrung und andere unver- meindliche Mühseeligkeiten geschwächet werden solte. Sie erinnert ihn/ daß sein und ihr Name/ die bißhero vor ein Beyspiel aller Tugenden ge- halten weren worden/ mercklich gekräncket/ ja der Glantz beyder Ehr und Tugend durch diese un-
Liebs und Lebens-Lauf endlich Heloiſſen aus ihres Vatern Hauſe zuſeiner Schweſter in das Frantzoͤſiſche Britanni- en zu fuͤhren/ da ſie dann einen jungen Sohn/ den ſie Aſtrolabe nennen ließ/ auf die Welt brach- te. Abelard bemuͤhete ſich darauf ſeinen Schwa- gern/ der Zorn-Gluth und Feuer bließ/ ſo viel moͤglich zu beſaͤnftigen/ verſpricht ſeine Freun- din in der Stille zu ehlichen/ doch mit der Bedin- gung/ daß es nicht der Welt allzu ſehr lautbar werden moͤchte. Mit welchem Fuͤrſchlage ſich auch gedachter Thum-Herr dem Scheine nach befriedigte/ und ſolches mit Kuß und vielen ver- buͤndlichen Worten verſiegelte Abelard begiebt ſich hiermit wiederum zu ſeiner Geliebten/ erzeh- lete ihr den Fuͤrſatz der abgeredetẽ Verehligung/ wurd aber durch allerhand buͤndige Einwuͤrfe davon abgehalten/ ſie ſtellete ihm unter andern von/ daß ihres Vettern rachgieriges Gemuͤthe durch nichts dergleichen wuͤrde beſaͤnfftiget wer- den koͤnnen: Sie gab ihm zu erkennen/ daß es hoͤchlich zu beklagen were/ wenn ein ſo hohes Ge- muͤthe/ ſo die Natur zu etwas edelern gewidmet durch Sorgen der Nahrung und andere unver- meindliche Muͤhſeeligkeiten geſchwaͤchet werden ſolte. Sie erinnert ihn/ daß ſein und ihr Name/ die bißhero vor ein Beyſpiel aller Tugenden ge- halten weren worden/ mercklich gekraͤncket/ ja der Glantz beyder Ehr und Tugend durch dieſe un-
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Liebs und Lebens-Lauf
endlich Heloiſſen aus ihres Vatern Hauſe zu
ſeiner Schweſter in das Frantzoͤſiſche Britanni-
en zu fuͤhren/ da ſie dann einen jungen Sohn/ den
ſie Aſtrolabe nennen ließ/ auf die Welt brach-
te. Abelard bemuͤhete ſich darauf ſeinen Schwa-
gern/ der Zorn-Gluth und Feuer bließ/ ſo viel
moͤglich zu beſaͤnftigen/ verſpricht ſeine Freun-
din in der Stille zu ehlichen/ doch mit der Bedin-
gung/ daß es nicht der Welt allzu ſehr lautbar
werden moͤchte. Mit welchem Fuͤrſchlage ſich
auch gedachter Thum-Herr dem Scheine nach
befriedigte/ und ſolches mit Kuß und vielen ver-
buͤndlichen Worten verſiegelte Abelard begiebt
ſich hiermit wiederum zu ſeiner Geliebten/ erzeh-
lete ihr den Fuͤrſatz der abgeredetẽ Verehligung/
wurd aber durch allerhand buͤndige Einwuͤrfe
davon abgehalten/ ſie ſtellete ihm unter andern
von/ daß ihres Vettern rachgieriges Gemuͤthe
durch nichts dergleichen wuͤrde beſaͤnfftiget wer-
den koͤnnen: Sie gab ihm zu erkennen/ daß es
hoͤchlich zu beklagen were/ wenn ein ſo hohes Ge-
muͤthe/ ſo die Natur zu etwas edelern gewidmet
durch Sorgen der Nahrung und andere unver-
meindliche Muͤhſeeligkeiten geſchwaͤchet werden
ſolte. Sie erinnert ihn/ daß ſein und ihr Name/
die bißhero vor ein Beyſpiel aller Tugenden ge-
halten weren worden/ mercklich gekraͤncket/ ja
der Glantz beyder Ehr und Tugend durch dieſe
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