Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Liebe zwischen Graf Friedenheim dem Könige selbsten/ als der Fräulein HerrnBruder zuwissen machte. Der König gehet al- sobald zu der Fräulein Schwester Zimmer/ reist ihr den Brief von den Brüsten hinweg/ überlieset ihn/ und würde/ wenn er nicht mehr Vernunfft/ als Eyfer gehabt hätte/ wunderlich in der ersten Hitze verfahren seyn. Nach reiffer Erwegung aber/ daß nichts versängliches in gedachten Schreiben enthalten/ und alles in den Schran- cken ehrlicher Liebe geblieben/ ward dem Grafen/ iedoch mit gutem Glimpf der Abschied gegeben/ das Fräulein aber in Spanien geführet/ da sie ih- res so hoch geliebten Grafen vergessen/ auch erst- lich dem König Erimal/ und hernach dem König in Ligalen vermählet worden ist. Friedenheim an Sittenoren. DEin Friedenheim schreibt hier/ geliebte Sit- tenore/ Der mehr itzund in dir als in ihm selber lebt/ Komt gleich mein Seuffzer dir nicht stündlich vor das Ohre/ So schwer' ich daß mein Hertz an deinem Hertzen klebt. Jch lebe nur in dir und bin mir abgestorben/ Jch bin dem Monden gleich der ohne Sonn' erblast/ Bist du zu weit von mir/ so bin ich auch verdorben/ Wie leb' ich ohne dich/ die du mein Hertze hast? Doch
Liebe zwiſchen Graf Friedenheim dem Koͤnige ſelbſten/ als der Fraͤulein HerrnBruder zuwiſſen machte. Der Koͤnig gehet al- ſobald zu der Fraͤulein Schweſter Zimmer/ reiſt ihr den Brief von den Bruͤſten hinweg/ uͤberlieſet ihn/ und wuͤrde/ wenn er nicht mehr Vernunfft/ als Eyfer gehabt haͤtte/ wunderlich in der erſten Hitze verfahren ſeyn. Nach reiffer Erwegung aber/ daß nichts verſaͤngliches in gedachten Schreiben enthalten/ und alles in den Schran- cken ehrlicher Liebe geblieben/ ward dem Grafen/ iedoch mit gutem Glimpf der Abſchied gegeben/ das Fraͤulein aber in Spanien gefuͤhret/ da ſie ih- res ſo hoch geliebten Grafen vergeſſen/ auch erſt- lich dem Koͤnig Erimal/ und hernach dem Koͤnig in Ligalen vermaͤhlet worden iſt. Friedenheim an Sittenoren. DEin Friedenheim ſchreibt hier/ geliebte Sit- tenore/ Der mehr itzund in dir als in ihm ſelber lebt/ Komt gleich mein Seuffzer dir nicht ſtuͤndlich vor das Ohre/ So ſchwer’ ich daß mein Hertz an deinem Hertzen klebt. Jch lebe nur in dir und bin mir abgeſtorben/ Jch bin dem Monden gleich der ohne Sonn’ erblaſt/ Biſt du zu weit von mir/ ſo bin ich auch verdorben/ Wie leb’ ich ohne dich/ die du mein Hertze haſt? Doch
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Liebe zwiſchen Graf Friedenheim
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ſobald zu der Fraͤulein Schweſter Zimmer/ reiſt
ihr den Brief von den Bruͤſten hinweg/ uͤberlieſet
ihn/ und wuͤrde/ wenn er nicht mehr Vernunfft/
als Eyfer gehabt haͤtte/ wunderlich in der erſten
Hitze verfahren ſeyn. Nach reiffer Erwegung
aber/ daß nichts verſaͤngliches in gedachten
Schreiben enthalten/ und alles in den Schran-
cken ehrlicher Liebe geblieben/ ward dem Grafen/
iedoch mit gutem Glimpf der Abſchied gegeben/
das Fraͤulein aber in Spanien gefuͤhret/ da ſie ih-
res ſo hoch geliebten Grafen vergeſſen/ auch erſt-
lich dem Koͤnig Erimal/ und hernach dem Koͤnig
in Ligalen vermaͤhlet worden iſt.
Friedenheim an Sittenoren.
DEin Friedenheim ſchreibt hier/ geliebte Sit-
tenore/
Der mehr itzund in dir als in ihm ſelber lebt/
Komt gleich mein Seuffzer dir nicht ſtuͤndlich
vor das Ohre/
So ſchwer’ ich daß mein Hertz an deinem Hertzen klebt.
Jch lebe nur in dir und bin mir abgeſtorben/
Jch bin dem Monden gleich der ohne Sonn’ erblaſt/
Biſt du zu weit von mir/ ſo bin ich auch verdorben/
Wie leb’ ich ohne dich/ die du mein Hertze haſt?
Doch
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