Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der Andern Abhandlung "Was ist es doch/ als nur Verwirrung und Verdruß?"Der/ so das Geld besitzt/ ist offtmals selbst besessen/ "Und unser Armuth wächst/ durch unsern Uberfluß. "Ob gleich der Jahre Lentz mit tausend Schönheit pranget; "Ob Erd und Himmel uns baut Geist und Acker an/ "Ob Leib/ Gemüth und Haus mit tausend Schätzen pranget: "Was hilfft es dem/ der sich nicht auch vergnügen kan. O Schäferin/ wie selig ist dein Leben/ Wiewol dich kaum ein schlechter Rock umhüllet/ Der doch die Reinligkeit zu dem Gebrehme führet/ Dein Reichthum kanstu selber seyn/ Und bist durch nichts/ als die Natur gezieret; Dich hat die süsse Dürftigkeit Mit Dürftigkeit der Freude nicht erfüllet/ Dich lehret nicht die Zeit/ Wie oft aus Gut und Geld Noth/ Angst und Jammer qvillet. Dir ist alles dis gegeben/ So dich der Pein/ Mehr zu wüntschen/ als du hast/ gantz und gar kan überheben: Und ob dir auch die Kleidung fast gebricht/ So mangelt dir doch die Vergnügung nicht. Mit Geschencken der Natur mehrstu der Natur Geschencke; Durch Milch wird Milch und Blut erweckt. Und daß ich mehr gedencke: Die Süssigkeit/ so in der Biene steckt/ Versüst den Honigseim von deiner Liebligkeit. Der Brunn/ so dir Geträncke giebt/ Wil auch dein Bad und Spiegel seyn. Du lebst vergnügt/ du kennst kein Leid/ Der Himmel hat sich dir zu keiner Zeit getrübt/ Dir hagelts gar kein mal/ es schlägt dir auch nicht ein/ Und stehstu gleich entblöst/ wenn alles knackt und bricht/ So mangelt dir doch die Vergnügung nicht; Dein Sorgen ist nicht sorgen. Mit Kräutern speisestu bald mit dem zarten Morgen Die angenehmen Heerden/ Bis in die tieffe Nacht/ Und deiner hellen Augen Pracht Muß
Der Andern Abhandlung „Was iſt es doch/ als nur Verwirrung und Verdruß?„Der/ ſo das Geld beſitzt/ iſt offtmals ſelbſt beſeſſen/ „Und unſer Armuth waͤchſt/ durch unſern Uberfluß. „Ob gleich der Jahre Lentz mit tauſend Schoͤnheit pranget; „Ob Erd und Himmel uns baut Geiſt und Acker an/ „Ob Leib/ Gemuͤth und Haus mit tauſend Schaͤtzen pranget: „Was hilfft es dem/ der ſich nicht auch vergnuͤgen kan. O Schaͤferin/ wie ſelig iſt dein Leben/ Wiewol dich kaum ein ſchlechter Rock umhuͤllet/ Der doch die Reinligkeit zu dem Gebrehme fuͤhret/ Dein Reichthum kanſtu ſelber ſeyn/ Und biſt durch nichts/ als die Natur gezieret; Dich hat die ſuͤſſe Duͤrftigkeit Mit Duͤrftigkeit der Freude nicht erfuͤllet/ Dich lehret nicht die Zeit/ Wie oft aus Gut und Geld Noth/ Angſt und Jammer qvillet. Dir iſt alles dis gegeben/ So dich der Pein/ Mehr zu wuͤntſchen/ als du haſt/ gantz und gar kan uͤberheben: Und ob dir auch die Kleidung faſt gebricht/ So mangelt dir doch die Vergnuͤgung nicht. Mit Geſchencken der Natur mehrſtu der Natur Geſchencke; Durch Milch wird Milch und Blut erweckt. Und daß ich mehr gedencke: Die Suͤſſigkeit/ ſo in der Biene ſteckt/ Verſuͤſt den Honigſeim von deiner Liebligkeit. Der Brunn/ ſo dir Getraͤncke giebt/ Wil auch dein Bad und Spiegel ſeyn. Du lebſt vergnuͤgt/ du kennſt kein Leid/ Der Himmel hat ſich dir zu keiner Zeit getruͤbt/ Dir hagelts gar kein mal/ es ſchlaͤgt dir auch nicht ein/ Und ſtehſtu gleich entbloͤſt/ wenn alles knackt und bricht/ So mangelt dir doch die Vergnuͤgung nicht; Dein Sorgen iſt nicht ſorgen. Mit Kraͤutern ſpeiſeſtu bald mit dem zarten Morgen Die angenehmen Heerden/ Bis in die tieffe Nacht/ Und deiner hellen Augen Pracht Muß
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Der Andern Abhandlung
„Was iſt es doch/ als nur Verwirrung und Verdruß?
„Der/ ſo das Geld beſitzt/ iſt offtmals ſelbſt beſeſſen/
„Und unſer Armuth waͤchſt/ durch unſern Uberfluß.
„Ob gleich der Jahre Lentz mit tauſend Schoͤnheit pranget;
„Ob Erd und Himmel uns baut Geiſt und Acker an/
„Ob Leib/ Gemuͤth und Haus mit tauſend Schaͤtzen pranget:
„Was hilfft es dem/ der ſich nicht auch vergnuͤgen kan.
O Schaͤferin/ wie ſelig iſt dein Leben/
Wiewol dich kaum ein ſchlechter Rock umhuͤllet/
Der doch die Reinligkeit zu dem Gebrehme fuͤhret/
Dein Reichthum kanſtu ſelber ſeyn/
Und biſt durch nichts/ als die Natur gezieret;
Dich hat die ſuͤſſe Duͤrftigkeit
Mit Duͤrftigkeit der Freude nicht erfuͤllet/
Dich lehret nicht die Zeit/
Wie oft aus Gut und Geld Noth/ Angſt und Jammer qvillet.
Dir iſt alles dis gegeben/
So dich der Pein/
Mehr zu wuͤntſchen/ als du haſt/ gantz und gar kan uͤberheben:
Und ob dir auch die Kleidung faſt gebricht/
So mangelt dir doch die Vergnuͤgung nicht.
Mit Geſchencken der Natur mehrſtu der Natur Geſchencke;
Durch Milch wird Milch und Blut erweckt.
Und daß ich mehr gedencke:
Die Suͤſſigkeit/ ſo in der Biene ſteckt/
Verſuͤſt den Honigſeim von deiner Liebligkeit.
Der Brunn/ ſo dir Getraͤncke giebt/
Wil auch dein Bad und Spiegel ſeyn.
Du lebſt vergnuͤgt/ du kennſt kein Leid/
Der Himmel hat ſich dir zu keiner Zeit getruͤbt/
Dir hagelts gar kein mal/ es ſchlaͤgt dir auch nicht ein/
Und ſtehſtu gleich entbloͤſt/ wenn alles knackt und bricht/
So mangelt dir doch die Vergnuͤgung nicht;
Dein Sorgen iſt nicht ſorgen.
Mit Kraͤutern ſpeiſeſtu bald mit dem zarten Morgen
Die angenehmen Heerden/
Bis in die tieffe Nacht/
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