Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Sinn-Getichte.


Nimwegen. Rißwig.
NJmwegen hat den weg zum frieden einst gemacht,
Und Rißwig hat den riß aufs neue vorgebracht;
Doch beyde haben viel vor Franckreich zollen müssen.
Denn was nicht Nimweg nahm, hat Rißwig nun entrissen.


Auf eine ins kloster gehende courtisanin.
DU hüllest muth und gluth in einer kutten ein,
Und wilst hinfüro stein in fleisch und blute seyn.
Wer nach der ursach fragt, der nehme diese lehre:
Es fehlte Teutschland noch an einer Valiere.


Grabschrifft eines teller-leckers.
HJer lieg ich, der ich offt in sauß und schmauß gelegen,
Mein tisch war überall, mein teller allerwegen.
Wo es mich nichts gekost, da gieng ich gerne hin;
Es kostet mich auch nichts, daß ich gestorben bin.


Grabschrifft eines fuchses.
MAn nahm mir meine haut, und ließ mir fleisch und bein,
Wiewohl auch diese noch der raben früh-stück waren.
Ach wäre doch mein geist nur in den schwantz gefahren!
So könt ich immerfort bey hofe lebend seyn.


Grabschrifft einer katze.
JCh war der mäuse tod, nun bin ich mause-todt;
Jch gieng auf andre loß, und kam doch selbst in noth.
Denn als ich gar zu nah zur falle bin gegangen,
So must' ich mörder mich vor einem marder fangen.
Auf
Sinn-Getichte.


Nimwegen. Rißwig.
NJmwegen hat den weg zum frieden einſt gemacht,
Und Rißwig hat den riß aufs neue vorgebracht;
Doch beyde haben viel vor Franckreich zollen muͤſſen.
Denn was nicht Nimweg nahm, hat Rißwig nun entriſſen.


Auf eine ins kloſter gehende courtiſanin.
DU huͤlleſt muth und gluth in einer kutten ein,
Und wilſt hinfuͤro ſtein in fleiſch und blute ſeyn.
Wer nach der urſach fragt, der nehme dieſe lehre:
Es fehlte Teutſchland noch an einer Valiere.


Grabſchrifft eines teller-leckers.
HJer lieg ich, der ich offt in ſauß und ſchmauß gelegen,
Mein tiſch war uͤberall, mein teller allerwegen.
Wo es mich nichts gekoſt, da gieng ich gerne hin;
Es koſtet mich auch nichts, daß ich geſtorben bin.


Grabſchrifft eines fuchſes.
MAn nahm mir meine haut, und ließ mir fleiſch und bein,
Wiewohl auch dieſe noch der raben fruͤh-ſtuͤck waren.
Ach waͤre doch mein geiſt nur in den ſchwantz gefahren!
So koͤnt ich immerfort bey hofe lebend ſeyn.


Grabſchrifft einer katze.
JCh war der maͤuſe tod, nun bin ich mauſe-todt;
Jch gieng auf andre loß, und kam doch ſelbſt in noth.
Denn als ich gar zu nah zur falle bin gegangen,
So muſt’ ich moͤrder mich vor einem marder fangen.
Auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0084" n="60"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sinn-Getichte.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Nimwegen. Rißwig.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">N</hi>Jmwegen hat den weg zum frieden ein&#x017F;t gemacht,</l><lb/>
          <l>Und Rißwig hat den riß aufs neue vorgebracht;</l><lb/>
          <l>Doch beyde haben viel vor Franckreich zollen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Denn was nicht Nimweg nahm, hat Rißwig nun entri&#x017F;&#x017F;en.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Auf eine ins klo&#x017F;ter gehende courti&#x017F;anin.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">D</hi>U hu&#x0364;lle&#x017F;t muth und gluth in einer kutten ein,</l><lb/>
          <l>Und wil&#x017F;t hinfu&#x0364;ro &#x017F;tein in flei&#x017F;ch und blute &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Wer nach der ur&#x017F;ach fragt, der nehme die&#x017F;e lehre:</l><lb/>
          <l>Es fehlte Teut&#x017F;chland noch an einer Valiere.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Grab&#x017F;chrifft eines teller-leckers.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">H</hi>Jer lieg ich, der ich offt in &#x017F;auß und &#x017F;chmauß gelegen,</l><lb/>
          <l>Mein ti&#x017F;ch war u&#x0364;berall, mein teller allerwegen.</l><lb/>
          <l>Wo es mich nichts geko&#x017F;t, da gieng ich gerne hin;</l><lb/>
          <l>Es ko&#x017F;tet mich auch nichts, daß ich ge&#x017F;torben bin.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Grab&#x017F;chrifft eines fuch&#x017F;es.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">M</hi>An nahm mir meine haut, und ließ mir flei&#x017F;ch und bein,</l><lb/>
          <l>Wiewohl auch die&#x017F;e noch der raben fru&#x0364;h-&#x017F;tu&#x0364;ck waren.</l><lb/>
          <l>Ach wa&#x0364;re doch mein gei&#x017F;t nur in den &#x017F;chwantz gefahren!</l><lb/>
          <l>So ko&#x0364;nt ich immerfort bey hofe lebend &#x017F;eyn.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Grab&#x017F;chrifft einer katze.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">J</hi>Ch war der ma&#x0364;u&#x017F;e tod, nun bin ich mau&#x017F;e-todt;</l><lb/>
          <l>Jch gieng auf andre loß, und kam doch &#x017F;elb&#x017F;t in noth.</l><lb/>
          <l>Denn als ich gar zu nah zur falle bin gegangen,</l><lb/>
          <l>So mu&#x017F;t&#x2019; ich mo&#x0364;rder mich vor einem marder fangen.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Auf</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0084] Sinn-Getichte. Nimwegen. Rißwig. NJmwegen hat den weg zum frieden einſt gemacht, Und Rißwig hat den riß aufs neue vorgebracht; Doch beyde haben viel vor Franckreich zollen muͤſſen. Denn was nicht Nimweg nahm, hat Rißwig nun entriſſen. Auf eine ins kloſter gehende courtiſanin. DU huͤlleſt muth und gluth in einer kutten ein, Und wilſt hinfuͤro ſtein in fleiſch und blute ſeyn. Wer nach der urſach fragt, der nehme dieſe lehre: Es fehlte Teutſchland noch an einer Valiere. Grabſchrifft eines teller-leckers. HJer lieg ich, der ich offt in ſauß und ſchmauß gelegen, Mein tiſch war uͤberall, mein teller allerwegen. Wo es mich nichts gekoſt, da gieng ich gerne hin; Es koſtet mich auch nichts, daß ich geſtorben bin. Grabſchrifft eines fuchſes. MAn nahm mir meine haut, und ließ mir fleiſch und bein, Wiewohl auch dieſe noch der raben fruͤh-ſtuͤck waren. Ach waͤre doch mein geiſt nur in den ſchwantz gefahren! So koͤnt ich immerfort bey hofe lebend ſeyn. Grabſchrifft einer katze. JCh war der maͤuſe tod, nun bin ich mauſe-todt; Jch gieng auf andre loß, und kam doch ſelbſt in noth. Denn als ich gar zu nah zur falle bin gegangen, So muſt’ ich moͤrder mich vor einem marder fangen. Auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/84
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/84>, abgerufen am 24.11.2024.