Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.
So muß ich wie gefesselt gehen, Nichts, als die seuffzer sind mir frey, Und manchmahl ein verwirrt geschrey, Das ich doch selbst nicht kan verstehen. Doch soll es heissen: Ach! und weh! Wo ist, wo bleibt die Clelie? Will, oder muß sie sich entfernen? Was ist es vor ein unglücks-rath, Von welchem sie, gezwungen, hat Mich zu verlassen müssen lernen? Der ort, wo wir uns offt umschlossen, Wo ein gespräch, ein schertz, ein spiel, Uns gar niemahls beschwerlich fiel, Und wo es offt das gras verdrossen, Wenn wir da ungemein vergnügt Den mund dem munde zugefügt, Daß jenes ein geräusch erreget, (Diß muste der verräther seyn,) War's gleich, wiewohl nur uns zum schein, Als würd' es von der lufft beweget; Der ort nun wird es itzt noch wissen, Was da ihr unbefleckter mund, Der voller frischer rosen stund, Vor schöne reden offt ließ fliessen; Sie sprach: ich schwöre bey der macht, Die mich zu lieben hat gebracht, Daß ich nur dir mein hertz will schencken: Und werd' ich wo dawider thun; So soll kein segen auf mir ruhn, Noch dessen thau mein blum-werck träncken. Ja, hat es dieser ort vergessen; So ist nicht weit ein bircken-wald, Jn
So muß ich wie gefeſſelt gehen, Nichts, als die ſeuffzer ſind mir frey, Und manchmahl ein verwirꝛt geſchrey, Das ich doch ſelbſt nicht kan verſtehen. Doch ſoll es heiſſen: Ach! und weh! Wo iſt, wo bleibt die Clelie? Will, oder muß ſie ſich entfernen? Was iſt es vor ein ungluͤcks-rath, Von welchem ſie, gezwungen, hat Mich zu verlaſſen muͤſſen lernen? Der ort, wo wir uns offt umſchloſſen, Wo ein geſpraͤch, ein ſchertz, ein ſpiel, Uns gar niemahls beſchwerlich fiel, Und wo es offt das gras verdroſſen, Wenn wir da ungemein vergnuͤgt Den mund dem munde zugefuͤgt, Daß jenes ein geraͤuſch erreget, (Diß muſte der verraͤther ſeyn,) War’s gleich, wiewohl nur uns zum ſchein, Als wuͤrd’ es von der lufft beweget; Der ort nun wird es itzt noch wiſſen, Was da ihr unbefleckter mund, Der voller friſcher roſen ſtund, Vor ſchoͤne reden offt ließ flieſſen; Sie ſprach: ich ſchwoͤre bey der macht, Die mich zu lieben hat gebracht, Daß ich nur dir mein hertz will ſchencken: Und werd’ ich wo dawider thun; So ſoll kein ſegen auf mir ruhn, Noch deſſen thau mein blum-werck traͤncken. Ja, hat es dieſer ort vergeſſen; So iſt nicht weit ein bircken-wald, Jn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="5"> <l> <pb facs="#f0050" n="26"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und</hi> </fw> </l><lb/> <l>Jtzt wider meinen willen auf,</l><lb/> <l>Wie gern ich ihn auch wolt erzwingen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>So muß ich wie gefeſſelt gehen,</l><lb/> <l>Nichts, als die ſeuffzer ſind mir frey,</l><lb/> <l>Und manchmahl ein verwirꝛt geſchrey,</l><lb/> <l>Das ich doch ſelbſt nicht kan verſtehen.</l><lb/> <l>Doch ſoll es heiſſen: Ach! und weh!</l><lb/> <l>Wo iſt, wo bleibt die Clelie?</l><lb/> <l>Will, oder muß ſie ſich entfernen?</l><lb/> <l>Was iſt es vor ein ungluͤcks-rath,</l><lb/> <l>Von welchem ſie, gezwungen, hat</l><lb/> <l>Mich zu verlaſſen muͤſſen lernen?</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Der ort, wo wir uns offt umſchloſſen,</l><lb/> <l>Wo ein geſpraͤch, ein ſchertz, ein ſpiel,</l><lb/> <l>Uns gar niemahls beſchwerlich fiel,</l><lb/> <l>Und wo es offt das gras verdroſſen,</l><lb/> <l>Wenn wir da ungemein vergnuͤgt</l><lb/> <l>Den mund dem munde zugefuͤgt,</l><lb/> <l>Daß jenes ein geraͤuſch erreget,<lb/> (Diß muſte der verraͤther ſeyn,)</l><lb/> <l>War’s gleich, wiewohl nur uns zum ſchein,</l><lb/> <l>Als wuͤrd’ es von der lufft beweget;</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Der ort nun wird es itzt noch wiſſen,</l><lb/> <l>Was da ihr unbefleckter mund,</l><lb/> <l>Der voller friſcher roſen ſtund,</l><lb/> <l>Vor ſchoͤne reden offt ließ flieſſen;</l><lb/> <l>Sie ſprach: ich ſchwoͤre bey der macht,</l><lb/> <l>Die mich zu lieben hat gebracht,</l><lb/> <l>Daß ich nur dir mein hertz will ſchencken:</l><lb/> <l>Und werd’ ich wo dawider thun;</l><lb/> <l>So ſoll kein ſegen auf mir ruhn,</l><lb/> <l>Noch deſſen thau mein blum-werck traͤncken.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Ja, hat es dieſer ort vergeſſen;</l><lb/> <l>So iſt nicht weit ein bircken-wald,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0050]
Verliebte und
Jtzt wider meinen willen auf,
Wie gern ich ihn auch wolt erzwingen.
So muß ich wie gefeſſelt gehen,
Nichts, als die ſeuffzer ſind mir frey,
Und manchmahl ein verwirꝛt geſchrey,
Das ich doch ſelbſt nicht kan verſtehen.
Doch ſoll es heiſſen: Ach! und weh!
Wo iſt, wo bleibt die Clelie?
Will, oder muß ſie ſich entfernen?
Was iſt es vor ein ungluͤcks-rath,
Von welchem ſie, gezwungen, hat
Mich zu verlaſſen muͤſſen lernen?
Der ort, wo wir uns offt umſchloſſen,
Wo ein geſpraͤch, ein ſchertz, ein ſpiel,
Uns gar niemahls beſchwerlich fiel,
Und wo es offt das gras verdroſſen,
Wenn wir da ungemein vergnuͤgt
Den mund dem munde zugefuͤgt,
Daß jenes ein geraͤuſch erreget,
(Diß muſte der verraͤther ſeyn,)
War’s gleich, wiewohl nur uns zum ſchein,
Als wuͤrd’ es von der lufft beweget;
Der ort nun wird es itzt noch wiſſen,
Was da ihr unbefleckter mund,
Der voller friſcher roſen ſtund,
Vor ſchoͤne reden offt ließ flieſſen;
Sie ſprach: ich ſchwoͤre bey der macht,
Die mich zu lieben hat gebracht,
Daß ich nur dir mein hertz will ſchencken:
Und werd’ ich wo dawider thun;
So ſoll kein ſegen auf mir ruhn,
Noch deſſen thau mein blum-werck traͤncken.
Ja, hat es dieſer ort vergeſſen;
So iſt nicht weit ein bircken-wald,
Jn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |