Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Verliebte und Doch wäre dieses leid noch endlich zu verschmertzen;Daß aber leider sie die schuld uns messen bey, Mit ihrem lastermahl uns unser antlitz schwärtzen, Jst unerträglich leid, zweyfache tyranney. Daß ich der liebe gluth mit keuschheit-schnee gekühlet, Heißt itzt, ich hätte gar ihr feuer ausgelescht, Da man mehr wohlthun doch von sanfftem brande fühlet, Das öl mehr zunder nährt, als schäumend seiffe gäscht. Die übermaase preßt aus pomerantzen gallen, Ja milckt, statt süsser milch, aus schlaffen eytern blut, Ein hefftig loder-licht muß bald in staub zerfallen, Und allzugrosse brunst ist nicht im lieben gut. Die pflantzen unsrer eh sind zeugen meiner liebe, Allein der eckel ist der wollust mißgeburth. Betränckten lippen sind die klärsten brunnen trübe, Für fremdes wasser stößt man eignen nectar fort. Die üppigkeit verschmäht des ehweibs zucker-küsse, Nicht daß sie häßlich sey, nur daß sie ehweib ist. Dem Adam schmeckt die frucht verbotner äpffel süsse, Offt wird ein wechselbalg für's schönste kind erkießt. Und leider er, mein fürst! nicht ich bin zu bedauren, Daß er die magd erwehlt, die fürstin von sich stößt. Der dir itzt süsse wein wird, eh du meynst, versauren, Durch solche schnöde lust wird unlust eingeflößt. Je heisser itzt die brunst, je eh wird sie erkalten, Der frost kehrt warme fluth eh, als die kält, in eiß. Du prüfst die kirrung nicht syrenischer gedancken, Jhr zaubrend singen lockt in den verderbungs-kreiß. Wie seltsam ist dein zug! Die brunst kan selber weisen, Daß ein demanten hertz in meinen brüsten schwebt, Nun aber zeucht magnet bey demant ja kein eisen, Wie daß denn noch dein hertz an schlechtem eisen klebt. Erfahrung lehrt ja wohl, daß eh und eyd versehret, Das eh-bett' offt entweyht von frembden dirnen sey; Das aber ist bey Teutsch- und Christen unerhöret, Daß man ihm einen balg legt als gemahlin bey. Ach
Verliebte und Doch waͤre dieſes leid noch endlich zu verſchmertzen;Daß aber leider ſie die ſchuld uns meſſen bey, Mit ihrem laſtermahl uns unſer antlitz ſchwaͤrtzen, Jſt unertraͤglich leid, zweyfache tyranney. Daß ich der liebe gluth mit keuſchheit-ſchnee gekuͤhlet, Heißt itzt, ich haͤtte gar ihr feuer ausgeleſcht, Da man mehr wohlthun doch von ſanfftem brande fuͤhlet, Das oͤl mehr zunder naͤhrt, als ſchaͤumend ſeiffe gaͤſcht. Die uͤbermaaſe preßt aus pomerantzen gallen, Ja milckt, ſtatt ſuͤſſer milch, aus ſchlaffen eytern blut, Ein hefftig loder-licht muß bald in ſtaub zerfallen, Und allzugroſſe brunſt iſt nicht im lieben gut. Die pflantzen unſrer eh ſind zeugen meiner liebe, Allein der eckel iſt der wolluſt mißgeburth. Betraͤnckten lippen ſind die klaͤrſten brunnen truͤbe, Fuͤr fremdes waſſer ſtoͤßt man eignen nectar fort. Die uͤppigkeit verſchmaͤht des ehweibs zucker-kuͤſſe, Nicht daß ſie haͤßlich ſey, nur daß ſie ehweib iſt. Dem Adam ſchmeckt die frucht verbotner aͤpffel ſuͤſſe, Offt wird ein wechſelbalg fuͤr’s ſchoͤnſte kind erkießt. Und leider er, mein fuͤrſt! nicht ich bin zu bedauren, Daß er die magd erwehlt, die fuͤrſtin von ſich ſtoͤßt. Der dir itzt ſuͤſſe wein wird, eh du meynſt, verſauren, Durch ſolche ſchnoͤde luſt wird unluſt eingefloͤßt. Je heiſſer itzt die brunſt, je eh wird ſie erkalten, Der froſt kehrt warme fluth eh, als die kaͤlt, in eiß. Du pruͤfſt die kirrung nicht ſyreniſcher gedancken, Jhr zaubrend ſingen lockt in den verderbungs-kreiß. Wie ſeltſam iſt dein zug! Die brunſt kan ſelber weiſen, Daß ein demanten hertz in meinen bruͤſten ſchwebt, Nun aber zeucht magnet bey demant ja kein eiſen, Wie daß denn noch dein hertz an ſchlechtem eiſen klebt. Erfahrung lehrt ja wohl, daß eh und eyd verſehret, Das eh-bett’ offt entweyht von frembden dirnen ſey; Das aber iſt bey Teutſch- und Chriſten unerhoͤret, Daß man ihm einen balg legt als gemahlin bey. Ach
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Verliebte und
Doch waͤre dieſes leid noch endlich zu verſchmertzen;
Daß aber leider ſie die ſchuld uns meſſen bey,
Mit ihrem laſtermahl uns unſer antlitz ſchwaͤrtzen,
Jſt unertraͤglich leid, zweyfache tyranney.
Daß ich der liebe gluth mit keuſchheit-ſchnee gekuͤhlet,
Heißt itzt, ich haͤtte gar ihr feuer ausgeleſcht,
Da man mehr wohlthun doch von ſanfftem brande fuͤhlet,
Das oͤl mehr zunder naͤhrt, als ſchaͤumend ſeiffe gaͤſcht.
Die uͤbermaaſe preßt aus pomerantzen gallen,
Ja milckt, ſtatt ſuͤſſer milch, aus ſchlaffen eytern blut,
Ein hefftig loder-licht muß bald in ſtaub zerfallen,
Und allzugroſſe brunſt iſt nicht im lieben gut.
Die pflantzen unſrer eh ſind zeugen meiner liebe,
Allein der eckel iſt der wolluſt mißgeburth.
Betraͤnckten lippen ſind die klaͤrſten brunnen truͤbe,
Fuͤr fremdes waſſer ſtoͤßt man eignen nectar fort.
Die uͤppigkeit verſchmaͤht des ehweibs zucker-kuͤſſe,
Nicht daß ſie haͤßlich ſey, nur daß ſie ehweib iſt.
Dem Adam ſchmeckt die frucht verbotner aͤpffel ſuͤſſe,
Offt wird ein wechſelbalg fuͤr’s ſchoͤnſte kind erkießt.
Und leider er, mein fuͤrſt! nicht ich bin zu bedauren,
Daß er die magd erwehlt, die fuͤrſtin von ſich ſtoͤßt.
Der dir itzt ſuͤſſe wein wird, eh du meynſt, verſauren,
Durch ſolche ſchnoͤde luſt wird unluſt eingefloͤßt.
Je heiſſer itzt die brunſt, je eh wird ſie erkalten,
Der froſt kehrt warme fluth eh, als die kaͤlt, in eiß.
Du pruͤfſt die kirrung nicht ſyreniſcher gedancken,
Jhr zaubrend ſingen lockt in den verderbungs-kreiß.
Wie ſeltſam iſt dein zug! Die brunſt kan ſelber weiſen,
Daß ein demanten hertz in meinen bruͤſten ſchwebt,
Nun aber zeucht magnet bey demant ja kein eiſen,
Wie daß denn noch dein hertz an ſchlechtem eiſen klebt.
Erfahrung lehrt ja wohl, daß eh und eyd verſehret,
Das eh-bett’ offt entweyht von frembden dirnen ſey;
Das aber iſt bey Teutſch- und Chriſten unerhoͤret,
Daß man ihm einen balg legt als gemahlin bey.
Ach
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