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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.
24.
Daß Cartes (m) so berühmt durch seine schrifften ward,
Das hatt' er grossen theils der einsamkeit zu dancken:
Sie nutzt versichert mehr, als mantel stock und bart:
Sie bringt den stillen geist auf hurtige gedancken:
Sie ist das vaterland, so keine bürger kennt,
Als die der wahrheit mund gelehrt und heilig nennt.
25.
Die väter waren ihr mehr als zuviel geneigt.
Macht' Hieronymus (n) sie nicht zum paradiese?
Was hat Macarius ihr nicht vor ehr erzeigt?
Und wie viel andern mehr ist eine grüne wiese
Der unschuld Canaan, die stadt ein schlangen-nest,
Und ein verlaßner ort der beste port gewest?
26.
Gesetzt, daß einsam-seyn ein schlechtes ansehn hat:
Die schönste perle steckt in einer rauhen schale;
Wie offte hüllt man gifft in purpur und scarlat?
Man fällt auf nichts so leicht, als einem marmel-saal,
Es ist, ich geb es nach, die burg der einsamkeit
Von ansehn rauh und schlecht, doch voll zufriedenheit.
27.
Gewünschtes einsam-seyn! ich finde nichts an dir
Und deiner trefflichkeit mit wahrheit auszusetzen.
Zieht dich der kluge Carl (o) so vielen cronen für;
So ist dein aufenthalt wohl billich hoch zu schätzen.
Jch
(m) Cartesius, ut tanto liberius soli suae rationi excolendae
vacaret, vitam elegit solitariam, & loca vivendi a turbis,
ab aula, & a strepitu remotiora, quo tanto & felicius &
facilius cogitationibus suis vacaret, iisque solis sese ob-
lectaret. Heerebord in Epistola Meletematibus Philosophicis
praemissa, & ad Acad. Lugd. Bat. Curatores scripta p. 14.
(n) Hieronymus ad Rusticum Monachum Epist. 4: Unus-
quisque suo sensu ducitur; mihi oppidum, carcer & so-
litudo paradisus est.
(o) Carolus V. der den kayserlichen thron mit einer einsamen
zelle verwechselte.
Vermiſchte Getichte.
24.
Daß Cartes (m) ſo beruͤhmt durch ſeine ſchrifften ward,
Das hatt’ er groſſen theils der einſamkeit zu dancken:
Sie nutzt verſichert mehr, als mantel ſtock und bart:
Sie bringt den ſtillen geiſt auf hurtige gedancken:
Sie iſt das vaterland, ſo keine buͤrger kennt,
Als die der wahrheit mund gelehrt und heilig nennt.
25.
Die vaͤter waren ihr mehr als zuviel geneigt.
Macht’ Hieronymus (n) ſie nicht zum paradieſe?
Was hat Macarius ihr nicht vor ehr erzeigt?
Und wie viel andern mehr iſt eine gruͤne wieſe
Der unſchuld Canaan, die ſtadt ein ſchlangen-neſt,
Und ein verlaßner ort der beſte port geweſt?
26.
Geſetzt, daß einſam-ſeyn ein ſchlechtes anſehn hat:
Die ſchoͤnſte perle ſteckt in einer rauhen ſchale;
Wie offte huͤllt man gifft in purpur und ſcarlat?
Man faͤllt auf nichts ſo leicht, als einem marmel-ſaal,
Es iſt, ich geb es nach, die burg der einſamkeit
Von anſehn rauh und ſchlecht, doch voll zufriedenheit.
27.
Gewuͤnſchtes einſam-ſeyn! ich finde nichts an dir
Und deiner trefflichkeit mit wahrheit auszuſetzen.
Zieht dich der kluge Carl (o) ſo vielen cronen fuͤr;
So iſt dein aufenthalt wohl billich hoch zu ſchaͤtzen.
Jch
(m) Carteſius, ut tanto liberius ſoli ſuæ rationi excolendæ
vacaret, vitam elegit ſolitariam, & loca vivendi à turbis,
ab aula, & à ſtrepitu remotiora, quo tanto & feliciùs &
faciliùs cogitationibus ſuis vacaret, iisque ſolis ſeſe ob-
lectaret. Heerebord in Epiſtola Meletematibus Philoſophicis
præmiſſa, & ad Acad. Lugd. Bat. Curatores ſcripta p. 14.
(n) Hieronymus ad Ruſticum Monachum Epiſt. 4: Unus-
quisque ſuo ſenſu ducitur; mihi oppidum, carcer & ſo-
litudo paradiſus eſt.
(o) Carolus V. der den kayſerlichen thron mit einer einſamen
zelle verwechſelte.
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[351/0375] Vermiſchte Getichte. 24. Daß Cartes (m) ſo beruͤhmt durch ſeine ſchrifften ward, Das hatt’ er groſſen theils der einſamkeit zu dancken: Sie nutzt verſichert mehr, als mantel ſtock und bart: Sie bringt den ſtillen geiſt auf hurtige gedancken: Sie iſt das vaterland, ſo keine buͤrger kennt, Als die der wahrheit mund gelehrt und heilig nennt. 25. Die vaͤter waren ihr mehr als zuviel geneigt. Macht’ Hieronymus (n) ſie nicht zum paradieſe? Was hat Macarius ihr nicht vor ehr erzeigt? Und wie viel andern mehr iſt eine gruͤne wieſe Der unſchuld Canaan, die ſtadt ein ſchlangen-neſt, Und ein verlaßner ort der beſte port geweſt? 26. Geſetzt, daß einſam-ſeyn ein ſchlechtes anſehn hat: Die ſchoͤnſte perle ſteckt in einer rauhen ſchale; Wie offte huͤllt man gifft in purpur und ſcarlat? Man faͤllt auf nichts ſo leicht, als einem marmel-ſaal, Es iſt, ich geb es nach, die burg der einſamkeit Von anſehn rauh und ſchlecht, doch voll zufriedenheit. 27. Gewuͤnſchtes einſam-ſeyn! ich finde nichts an dir Und deiner trefflichkeit mit wahrheit auszuſetzen. Zieht dich der kluge Carl (o) ſo vielen cronen fuͤr; So iſt dein aufenthalt wohl billich hoch zu ſchaͤtzen. Jch (m) Carteſius, ut tanto liberius ſoli ſuæ rationi excolendæ vacaret, vitam elegit ſolitariam, & loca vivendi à turbis, ab aula, & à ſtrepitu remotiora, quo tanto & feliciùs & faciliùs cogitationibus ſuis vacaret, iisque ſolis ſeſe ob- lectaret. Heerebord in Epiſtola Meletematibus Philoſophicis præmiſſa, & ad Acad. Lugd. Bat. Curatores ſcripta p. 14. (n) Hieronymus ad Ruſticum Monachum Epiſt. 4: Unus- quisque ſuo ſenſu ducitur; mihi oppidum, carcer & ſo- litudo paradiſus eſt. (o) Carolus V. der den kayſerlichen thron mit einer einſamen zelle verwechſelte.

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/375>, abgerufen am 24.11.2024.