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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Leanders aus Schlesien
Bey dem Hallmann-Frantzischen
hochzeit-feste.
Hätt ich mit Schlesien nicht die verliebten lieder
Und gleichsam allen zug zum tichten hingelegt;
So legt ich nicht so offt die stumpffe feder nieder,
Die itzund, wie du siehst, kein rechter trieb bewegt.
Jch schmückte meinen vers mit den beliebten rosen,
Die, o belobte Braut! in deinem nahmen stehn:
Und unterliesse nicht den lippen liebzukosen,
Die deinem bräutigam so wohl entgegen gehn.
Den lippen, welche noch mit frischen blumen prangen:
Die keine falsche bien' jemahlen angerührt:
Dergleichen sind gewiß itzt seltsam zu erlangen,
Da man die wespen fast in allen gärten spürt.
Doch müst ich sie allein mit solchen worten loben,
Die, auserlesne Braut! so nett als deine seyn.
Wiewohl! ich hätte dich doch nicht genung erhoben;
Denn deine tugend nimmt weit grössre schrancken ein.
Drum zeigt' ich: Daß dein schatz dich recht zu schätzen wissen,
Der sich am hefftigsten in deinen geist verliebt,
Jn deinen edlen geist, den welt und himmel küssen,
Und dem die mißgunst selbst ein gutes zeugniß giebt,
Zwar siehet er den leib nicht mit des Zeno augen,
Und dessen niedrigkeit, als unvollkommen, an:
Er weiß, daß perlen mehr als kiesel-steine taugen,
Ob man die letzten gleich weit grösser haben kan.
Jedennoch weiß er auch: Daß sonne lufft und stunde
Der zarten farb und haut nicht wenig abbruch thun:
Drum stehet seine lieb auf einem festern grunde,
Und will im hertzen mehr, als in den armen, ruhn.
Solt' ich noch weiter gehn; so geben deine minen,
Und deines bräutigams durchdringender verstand,
Den Meditrine kennt, dich ferner zu bedienen,
Mir endlich zeug genung zum tichten an die hand.
Doch
Leanders aus Schleſien
Bey dem Hallmann-Frantziſchen
hochzeit-feſte.
Haͤtt ich mit Schleſien nicht die verliebten lieder
Und gleichſam allen zug zum tichten hingelegt;
So legt ich nicht ſo offt die ſtumpffe feder nieder,
Die itzund, wie du ſiehſt, kein rechter trieb bewegt.
Jch ſchmuͤckte meinen vers mit den beliebten roſen,
Die, o belobte Braut! in deinem nahmen ſtehn:
Und unterlieſſe nicht den lippen liebzukoſen,
Die deinem braͤutigam ſo wohl entgegen gehn.
Den lippen, welche noch mit friſchen blumen prangen:
Die keine falſche bien’ jemahlen angeruͤhrt:
Dergleichen ſind gewiß itzt ſeltſam zu erlangen,
Da man die weſpen faſt in allen gaͤrten ſpuͤrt.
Doch muͤſt ich ſie allein mit ſolchen worten loben,
Die, auserleſne Braut! ſo nett als deine ſeyn.
Wiewohl! ich haͤtte dich doch nicht genung erhoben;
Denn deine tugend nimmt weit groͤſſre ſchrancken ein.
Drum zeigt’ ich: Daß dein ſchatz dich recht zu ſchaͤtzen wiſſen,
Der ſich am hefftigſten in deinen geiſt verliebt,
Jn deinen edlen geiſt, den welt und himmel kuͤſſen,
Und dem die mißgunſt ſelbſt ein gutes zeugniß giebt,
Zwar ſiehet er den leib nicht mit des Zeno augen,
Und deſſen niedrigkeit, als unvollkommen, an:
Er weiß, daß perlen mehr als kieſel-ſteine taugen,
Ob man die letzten gleich weit groͤſſer haben kan.
Jedennoch weiß er auch: Daß ſonne lufft und ſtunde
Der zarten farb und haut nicht wenig abbruch thun:
Drum ſtehet ſeine lieb auf einem feſtern grunde,
Und will im hertzen mehr, als in den armen, ruhn.
Solt’ ich noch weiter gehn; ſo geben deine minen,
Und deines braͤutigams durchdringender verſtand,
Den Meditrine kennt, dich ferner zu bedienen,
Mir endlich zeug genung zum tichten an die hand.
Doch
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[322/0346] Leanders aus Schleſien Bey dem Hallmann-Frantziſchen hochzeit-feſte. Haͤtt ich mit Schleſien nicht die verliebten lieder Und gleichſam allen zug zum tichten hingelegt; So legt ich nicht ſo offt die ſtumpffe feder nieder, Die itzund, wie du ſiehſt, kein rechter trieb bewegt. Jch ſchmuͤckte meinen vers mit den beliebten roſen, Die, o belobte Braut! in deinem nahmen ſtehn: Und unterlieſſe nicht den lippen liebzukoſen, Die deinem braͤutigam ſo wohl entgegen gehn. Den lippen, welche noch mit friſchen blumen prangen: Die keine falſche bien’ jemahlen angeruͤhrt: Dergleichen ſind gewiß itzt ſeltſam zu erlangen, Da man die weſpen faſt in allen gaͤrten ſpuͤrt. Doch muͤſt ich ſie allein mit ſolchen worten loben, Die, auserleſne Braut! ſo nett als deine ſeyn. Wiewohl! ich haͤtte dich doch nicht genung erhoben; Denn deine tugend nimmt weit groͤſſre ſchrancken ein. Drum zeigt’ ich: Daß dein ſchatz dich recht zu ſchaͤtzen wiſſen, Der ſich am hefftigſten in deinen geiſt verliebt, Jn deinen edlen geiſt, den welt und himmel kuͤſſen, Und dem die mißgunſt ſelbſt ein gutes zeugniß giebt, Zwar ſiehet er den leib nicht mit des Zeno augen, Und deſſen niedrigkeit, als unvollkommen, an: Er weiß, daß perlen mehr als kieſel-ſteine taugen, Ob man die letzten gleich weit groͤſſer haben kan. Jedennoch weiß er auch: Daß ſonne lufft und ſtunde Der zarten farb und haut nicht wenig abbruch thun: Drum ſtehet ſeine lieb auf einem feſtern grunde, Und will im hertzen mehr, als in den armen, ruhn. Solt’ ich noch weiter gehn; ſo geben deine minen, Und deines braͤutigams durchdringender verſtand, Den Meditrine kennt, dich ferner zu bedienen, Mir endlich zeug genung zum tichten an die hand. Doch

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/346>, abgerufen am 24.11.2024.