Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. JN unserm eignen thun und tichten Sind wir gemeiniglich nicht klug; Und wenn wir unsern nächsten richten, Da haben wir verstand genug. WJr würden uns nicht so erfreun, Daß andre voller fehler seyn, Wenn wir dergleichen fleck und kletten Nicht an uns selber hängen hätten. DEr, so in sich die ruh nicht finden kan, Trifft sie gewiß auch anderwärts nicht an. EJn wort ein wort, ein mann ein mann, galt in der that nur bey den alten: Denn unsre super-kluge welt will nichts von solcher einfalt halten. SEht, seht, wie strotzt Asinius, Weil er nach hofe kommen muß! Denn er versteht noch nicht, was alle bauren sagen, Und täglich die erfahrung weist: Daß man die esel nicht, als nur zum säcke tragen Nach hofe kommen heist. FReund! gehe nicht zu weit, halt dich in deinen schrancken! Du weist wohl, wie es stets den staats-propheten geht: Und ich versichre dich: Der könige gedancken Sind bücher, die gewiß kein unterthan versteht. WAschillis ist ein weib, so alle briefe liest: Was in der stadt geschieht, das muß zu ihr gelangen: Sie weiß, was kommen wird, sie weiß, was vorgegangen: Und endlich weiß sie auch das, was doch nirgends ist. Wundre
Vermiſchte Getichte. JN unſerm eignen thun und tichten Sind wir gemeiniglich nicht klug; Und wenn wir unſern naͤchſten richten, Da haben wir verſtand genug. WJr wuͤrden uns nicht ſo erfreun, Daß andre voller fehler ſeyn, Wenn wir dergleichen fleck und kletten Nicht an uns ſelber haͤngen haͤtten. DEr, ſo in ſich die ruh nicht finden kan, Trifft ſie gewiß auch anderwaͤrts nicht an. EJn wort ein wort, ein mann ein mann, galt in der that nur bey den alten: Denn unſre ſuper-kluge welt will nichts von ſolcher einfalt halten. SEht, ſeht, wie ſtrotzt Aſinius, Weil er nach hofe kommen muß! Denn er verſteht noch nicht, was alle bauren ſagen, Und taͤglich die erfahrung weiſt: Daß man die eſel nicht, als nur zum ſaͤcke tragen Nach hofe kommen heiſt. FReund! gehe nicht zu weit, halt dich in deinen ſchrancken! Du weiſt wohl, wie es ſtets den ſtaats-propheten geht: Und ich verſichre dich: Der koͤnige gedancken Sind buͤcher, die gewiß kein unterthan verſteht. WAſchillis iſt ein weib, ſo alle briefe lieſt: Was in der ſtadt geſchieht, das muß zu ihr gelangen: Sie weiß, was kommen wird, ſie weiß, was vorgegangen: Und endlich weiß ſie auch das, was doch nirgends iſt. Wundre
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Vermiſchte Getichte.
JN unſerm eignen thun und tichten
Sind wir gemeiniglich nicht klug;
Und wenn wir unſern naͤchſten richten,
Da haben wir verſtand genug.
WJr wuͤrden uns nicht ſo erfreun,
Daß andre voller fehler ſeyn,
Wenn wir dergleichen fleck und kletten
Nicht an uns ſelber haͤngen haͤtten.
DEr, ſo in ſich die ruh nicht finden kan,
Trifft ſie gewiß auch anderwaͤrts nicht an.
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nur bey den alten:
Denn unſre ſuper-kluge welt will nichts von ſolcher einfalt
halten.
SEht, ſeht, wie ſtrotzt Aſinius,
Weil er nach hofe kommen muß!
Denn er verſteht noch nicht, was alle bauren ſagen,
Und taͤglich die erfahrung weiſt:
Daß man die eſel nicht, als nur zum ſaͤcke tragen
Nach hofe kommen heiſt.
FReund! gehe nicht zu weit, halt dich in deinen ſchrancken!
Du weiſt wohl, wie es ſtets den ſtaats-propheten geht:
Und ich verſichre dich: Der koͤnige gedancken
Sind buͤcher, die gewiß kein unterthan verſteht.
WAſchillis iſt ein weib, ſo alle briefe lieſt:
Was in der ſtadt geſchieht, das muß zu ihr gelangen:
Sie weiß, was kommen wird, ſie weiß, was vorgegangen:
Und endlich weiß ſie auch das, was doch nirgends iſt.
Wundre
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