Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Leanders aus Schlesien
Laß keinen miedling mehr bey deiner heerde wütten,
Und stell uns hirten vor, die recht beruffen seyn,
Die balsam auf das hertz erschrockner seelen schütten,
Und der verruchten schaar mit deinem donner dräun!
Ja, HErr! du wirst es thun. Denn was dein mund versprochen,
Jst nicht ein menschen-wort, das leichtlich fehlen kan.
Mag doch die ketzer-rott indessen galle kochen;
Sie feuren doch dadurch nur deinen eyfer an.
Du wirst uns starck genung vor dem geschmeisse schützen,
Das unerträglich herrscht und unsre freyheit hemmt;
HErr! laß durch deinen arm den bau der kirche stützen,
Damit des satans reich nicht alles überschwemmt!


Der LXXIV Psalm.
HErr! warum müssen wir so gar verstossen seyn?
Erbarmest du dich nicht der schafe deiner weide?
Kommt dir dein eigenthum, dein Zion, nicht mehr ein?
Jst unser untergang ein aufgang deiner freude?
Verstössest du das volck, so du erwehlet hast?
Tritst du Jerusalem und Jsrael mit füssen?
Ach GOtt! dein heiligthum und unser lust-pallast
Wird von der feinde sturm erbärmlich umgerissen.
Jn deinen schulen brüllt der heyden läster-geist.
Kanst du den götzen-dienst in deinem tempel schauen?
Dein nahme wird entweiht, und dein altar zerreist.
Schau! wie die rasenden in bänck und pfosten hauen.
Die freche grausamkeit brennt alle häuser aus,
Wo vor kein ander wort, als dein gesetz, erschollen:
Der schulen hohe pracht ist nichts als ziegel-graus:
Wir sehn kein zeichen mehr, auf das wir mercken sollen.
Die priester bleiben stumm, und der prophete schweigt.
O GOtt! wie lange soll der widersacher toben?
Dein knecht muß untergehn, und, der dich lästert, steigt,
Und hat sich über dich und deinen berg erhoben.
Warum
Leanders aus Schleſien
Laß keinen miedling mehr bey deiner heerde wuͤtten,
Und ſtell uns hirten vor, die recht beruffen ſeyn,
Die balſam auf das hertz erſchrockner ſeelen ſchuͤtten,
Und der verruchten ſchaar mit deinem donner draͤun!
Ja, HErꝛ! du wirſt es thun. Denn was dein mund verſprochen,
Jſt nicht ein menſchen-wort, das leichtlich fehlen kan.
Mag doch die ketzer-rott indeſſen galle kochen;
Sie feuren doch dadurch nur deinen eyfer an.
Du wirſt uns ſtarck genung vor dem geſchmeiſſe ſchuͤtzen,
Das unertraͤglich herꝛſcht und unſre freyheit hemmt;
HErꝛ! laß durch deinen arm den bau der kirche ſtuͤtzen,
Damit des ſatans reich nicht alles uͤberſchwemmt!


Der LXXIV Pſalm.
HErꝛ! warum muͤſſen wir ſo gar verſtoſſen ſeyn?
Erbarmeſt du dich nicht der ſchafe deiner weide?
Kommt dir dein eigenthum, dein Zion, nicht mehr ein?
Jſt unſer untergang ein aufgang deiner freude?
Verſtoͤſſeſt du das volck, ſo du erwehlet haſt?
Tritſt du Jeruſalem und Jſrael mit fuͤſſen?
Ach GOtt! dein heiligthum und unſer luſt-pallaſt
Wird von der feinde ſturm erbaͤrmlich umgeriſſen.
Jn deinen ſchulen bruͤllt der heyden laͤſter-geiſt.
Kanſt du den goͤtzen-dienſt in deinem tempel ſchauen?
Dein nahme wird entweiht, und dein altar zerreiſt.
Schau! wie die raſenden in baͤnck und pfoſten hauen.
Die freche grauſamkeit brennt alle haͤuſer aus,
Wo vor kein ander wort, als dein geſetz, erſchollen:
Der ſchulen hohe pracht iſt nichts als ziegel-graus:
Wir ſehn kein zeichen mehr, auf das wir mercken ſollen.
Die prieſter bleiben ſtumm, und der prophete ſchweigt.
O GOtt! wie lange ſoll der widerſacher toben?
Dein knecht muß untergehn, und, der dich laͤſtert, ſteigt,
Und hat ſich uͤber dich und deinen berg erhoben.
Warum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0332" n="308"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Leanders aus Schle&#x017F;ien</hi> </fw><lb/>
            <l>Laß keinen miedling mehr bey deiner heerde wu&#x0364;tten,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;tell uns hirten vor, die recht beruffen &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Die bal&#x017F;am auf das hertz er&#x017F;chrockner &#x017F;eelen &#x017F;chu&#x0364;tten,</l><lb/>
            <l>Und der verruchten &#x017F;chaar mit deinem donner dra&#x0364;un!</l><lb/>
            <l>Ja, HEr&#xA75B;! du wir&#x017F;t es thun. Denn was dein mund ver&#x017F;prochen,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t nicht ein men&#x017F;chen-wort, das leichtlich fehlen kan.</l><lb/>
            <l>Mag doch die ketzer-rott inde&#x017F;&#x017F;en galle kochen;</l><lb/>
            <l>Sie feuren doch dadurch nur deinen eyfer an.</l><lb/>
            <l>Du wir&#x017F;t uns &#x017F;tarck genung vor dem ge&#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chu&#x0364;tzen,</l><lb/>
            <l>Das unertra&#x0364;glich her&#xA75B;&#x017F;cht und un&#x017F;re freyheit hemmt;</l><lb/>
            <l>HEr&#xA75B;! laß durch deinen arm den bau der kirche &#x017F;tu&#x0364;tzen,</l><lb/>
            <l>Damit des &#x017F;atans reich nicht alles u&#x0364;ber&#x017F;chwemmt!</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Der <hi rendition="#aq">LXXIV</hi> P&#x017F;alm.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">H</hi>Er&#xA75B;! warum mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir &#x017F;o gar ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn?</l><lb/>
            <l>Erbarme&#x017F;t du dich nicht der &#x017F;chafe deiner weide?</l><lb/>
            <l>Kommt dir dein eigenthum, dein Zion, nicht mehr ein?</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t un&#x017F;er untergang ein aufgang deiner freude?</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t du das volck, &#x017F;o du erwehlet ha&#x017F;t?</l><lb/>
            <l>Trit&#x017F;t du Jeru&#x017F;alem und J&#x017F;rael mit fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
            <l>Ach GOtt! dein heiligthum und un&#x017F;er lu&#x017F;t-palla&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Wird von der feinde &#x017F;turm erba&#x0364;rmlich umgeri&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Jn deinen &#x017F;chulen bru&#x0364;llt der heyden la&#x0364;&#x017F;ter-gei&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Kan&#x017F;t du den go&#x0364;tzen-dien&#x017F;t in deinem tempel &#x017F;chauen?</l><lb/>
            <l>Dein nahme wird entweiht, und dein altar zerrei&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Schau! wie die ra&#x017F;enden in ba&#x0364;nck und pfo&#x017F;ten hauen.</l><lb/>
            <l>Die freche grau&#x017F;amkeit brennt alle ha&#x0364;u&#x017F;er aus,</l><lb/>
            <l>Wo vor kein ander wort, als dein ge&#x017F;etz, er&#x017F;chollen:</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;chulen hohe pracht i&#x017F;t nichts als ziegel-graus:</l><lb/>
            <l>Wir &#x017F;ehn kein zeichen mehr, auf das wir mercken &#x017F;ollen.</l><lb/>
            <l>Die prie&#x017F;ter bleiben &#x017F;tumm, und der prophete &#x017F;chweigt.</l><lb/>
            <l>O GOtt! wie lange &#x017F;oll der wider&#x017F;acher toben?</l><lb/>
            <l>Dein knecht muß untergehn, und, der dich la&#x0364;&#x017F;tert, &#x017F;teigt,</l><lb/>
            <l>Und hat &#x017F;ich u&#x0364;ber dich und deinen berg erhoben.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Warum</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[308/0332] Leanders aus Schleſien Laß keinen miedling mehr bey deiner heerde wuͤtten, Und ſtell uns hirten vor, die recht beruffen ſeyn, Die balſam auf das hertz erſchrockner ſeelen ſchuͤtten, Und der verruchten ſchaar mit deinem donner draͤun! Ja, HErꝛ! du wirſt es thun. Denn was dein mund verſprochen, Jſt nicht ein menſchen-wort, das leichtlich fehlen kan. Mag doch die ketzer-rott indeſſen galle kochen; Sie feuren doch dadurch nur deinen eyfer an. Du wirſt uns ſtarck genung vor dem geſchmeiſſe ſchuͤtzen, Das unertraͤglich herꝛſcht und unſre freyheit hemmt; HErꝛ! laß durch deinen arm den bau der kirche ſtuͤtzen, Damit des ſatans reich nicht alles uͤberſchwemmt! Der LXXIV Pſalm. HErꝛ! warum muͤſſen wir ſo gar verſtoſſen ſeyn? Erbarmeſt du dich nicht der ſchafe deiner weide? Kommt dir dein eigenthum, dein Zion, nicht mehr ein? Jſt unſer untergang ein aufgang deiner freude? Verſtoͤſſeſt du das volck, ſo du erwehlet haſt? Tritſt du Jeruſalem und Jſrael mit fuͤſſen? Ach GOtt! dein heiligthum und unſer luſt-pallaſt Wird von der feinde ſturm erbaͤrmlich umgeriſſen. Jn deinen ſchulen bruͤllt der heyden laͤſter-geiſt. Kanſt du den goͤtzen-dienſt in deinem tempel ſchauen? Dein nahme wird entweiht, und dein altar zerreiſt. Schau! wie die raſenden in baͤnck und pfoſten hauen. Die freche grauſamkeit brennt alle haͤuſer aus, Wo vor kein ander wort, als dein geſetz, erſchollen: Der ſchulen hohe pracht iſt nichts als ziegel-graus: Wir ſehn kein zeichen mehr, auf das wir mercken ſollen. Die prieſter bleiben ſtumm, und der prophete ſchweigt. O GOtt! wie lange ſoll der widerſacher toben? Dein knecht muß untergehn, und, der dich laͤſtert, ſteigt, Und hat ſich uͤber dich und deinen berg erhoben. Warum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/332
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/332>, abgerufen am 25.11.2024.