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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Leanders aus Schlesien
Teutsche Getichte.


Verliebte und Galante
Getichte.
Als ihn Melinde mit seinen thränen
bespritzte.
MElinde, die gewiß Dianen wenig weicht,
Netzt ihrer hände schnee in den verliebten zähren,
Die meiner angen quell ihr als ein opffer reicht,
Und will mit diesem naß mich in ein wild verkehren.
Jndessen ist gleichwohl ihr wille nicht geschehn:
Vielleichte, weil ich sie noch niemahls nackt gesehn.


Als Daphne in seiner gegenwart die
violine strich.
ACh! warum flieh ich nicht, wenn unsre Daphne spielt?
Jch weiß doch, daß ihr spiel auf mein begräbniß zielt:
Denn ihre linden strich' und wohl-gesetzte noten
Sind freylich weiter nichts, als süsse todes-boten.
Der bogen, den sie führt, ist Paphiens geschoß.
Läst sie, dem ansehn nach, gleich keine pfeile los;
So seh ich dennoch wohl, daß eine violine
Der schlauen Daphne mehr, als hundert köcher, diene.
Ach ja! ich fühle schon der tremulanten krafft,
Die gegen uns so viel, als scharffe pfeile, schafft:
Allein wer wolte nicht den stich des todes fühlen,
Wenn liebes-engel uns die sterbe-lieder spielen?
An
VI. Theil. T
Leanders aus Schleſien
Teutſche Getichte.


Verliebte und Galante
Getichte.
Als ihn Melinde mit ſeinen thraͤnen
beſpritzte.
MElinde, die gewiß Dianen wenig weicht,
Netzt ihrer haͤnde ſchnee in den verliebten zaͤhren,
Die meiner angen quell ihr als ein opffer reicht,
Und will mit dieſem naß mich in ein wild verkehren.
Jndeſſen iſt gleichwohl ihr wille nicht geſchehn:
Vielleichte, weil ich ſie noch niemahls nackt geſehn.


Als Daphne in ſeiner gegenwart die
violine ſtrich.
ACh! warum flieh ich nicht, wenn unſre Daphne ſpielt?
Jch weiß doch, daß ihr ſpiel auf mein begraͤbniß zielt:
Denn ihre linden ſtrich’ und wohl-geſetzte noten
Sind freylich weiter nichts, als ſuͤſſe todes-boten.
Der bogen, den ſie fuͤhrt, iſt Paphiens geſchoß.
Laͤſt ſie, dem anſehn nach, gleich keine pfeile los;
So ſeh ich dennoch wohl, daß eine violine
Der ſchlauen Daphne mehr, als hundert koͤcher, diene.
Ach ja! ich fuͤhle ſchon der tremulanten krafft,
Die gegen uns ſo viel, als ſcharffe pfeile, ſchafft:
Allein wer wolte nicht den ſtich des todes fuͤhlen,
Wenn liebes-engel uns die ſterbe-lieder ſpielen?
An
VI. Theil. T
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[289/0313] Leanders aus Schleſien Teutſche Getichte. Verliebte und Galante Getichte. Als ihn Melinde mit ſeinen thraͤnen beſpritzte. MElinde, die gewiß Dianen wenig weicht, Netzt ihrer haͤnde ſchnee in den verliebten zaͤhren, Die meiner angen quell ihr als ein opffer reicht, Und will mit dieſem naß mich in ein wild verkehren. Jndeſſen iſt gleichwohl ihr wille nicht geſchehn: Vielleichte, weil ich ſie noch niemahls nackt geſehn. Als Daphne in ſeiner gegenwart die violine ſtrich. ACh! warum flieh ich nicht, wenn unſre Daphne ſpielt? Jch weiß doch, daß ihr ſpiel auf mein begraͤbniß zielt: Denn ihre linden ſtrich’ und wohl-geſetzte noten Sind freylich weiter nichts, als ſuͤſſe todes-boten. Der bogen, den ſie fuͤhrt, iſt Paphiens geſchoß. Laͤſt ſie, dem anſehn nach, gleich keine pfeile los; So ſeh ich dennoch wohl, daß eine violine Der ſchlauen Daphne mehr, als hundert koͤcher, diene. Ach ja! ich fuͤhle ſchon der tremulanten krafft, Die gegen uns ſo viel, als ſcharffe pfeile, ſchafft: Allein wer wolte nicht den ſtich des todes fuͤhlen, Wenn liebes-engel uns die ſterbe-lieder ſpielen? An VI. Theil. T

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/313>, abgerufen am 26.11.2024.