Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. Jedoch, du woltest nicht ein halber doctor seyn, Und die gelahrheit nur bey einem zipffel fassen; Die weißheit gab dir selbst die klugen lehren ein, Du soltest dir ihr reich durchaus entlarven lassen. Drum hat vernunfft und kunst dir gar genau entdeckt, Was die natur in sich, und in uns selbst versteckt: Und die, so diese kunst in ihre schrifft verschliessen, Die haben selbst darzu die fackeln tragen müssen. Jtzt aber freuet sich das werthe Saal-Athen, Das so viel jahre dich als seinen sohn umfangen: Es sah dich sonst mit lust zum grossen Wedel gehn; Jtzt sieht es dich durch ihn den ehren-lohn erlangen. Wohlan! auch Schlesien hat einen theil daran! Und wie dein glück und ruhm auch uns erfreuen kan: So wünschen wir sonst nichts zu den erlangten schätzen, Als mit verbundner hand des himmels ja zu setzen. Aria von der rechten standhafftigkeit im unglücke. C. G. R. HEmme deine rauhe klagen! Stille deiner thränen lauff! Werthe seele! denn die plagen Hören nicht durch kummer auf. Warum frisst du dir das hertze Mit erdachter bitterkeit? Deine seufftzer, nicht der schmertze, Sind dein gantzes hertzeleid. Jn dem unglück frölich leben, Will zwar sast unmöglich seyn; Wetter, die die erd erbeben, Flösen billich schrecken ein. Wann
Vermiſchte Getichte. Jedoch, du wolteſt nicht ein halber doctor ſeyn, Und die gelahrheit nur bey einem zipffel faſſen; Die weißheit gab dir ſelbſt die klugen lehren ein, Du ſolteſt dir ihr reich durchaus entlarven laſſen. Drum hat vernunfft und kunſt dir gar genau entdeckt, Was die natur in ſich, und in uns ſelbſt verſteckt: Und die, ſo dieſe kunſt in ihre ſchrifft verſchlieſſen, Die haben ſelbſt darzu die fackeln tragen muͤſſen. Jtzt aber freuet ſich das werthe Saal-Athen, Das ſo viel jahre dich als ſeinen ſohn umfangen: Es ſah dich ſonſt mit luſt zum groſſen Wedel gehn; Jtzt ſieht es dich durch ihn den ehren-lohn erlangen. Wohlan! auch Schleſien hat einen theil daran! Und wie dein gluͤck und ruhm auch uns erfreuen kan: So wuͤnſchen wir ſonſt nichts zu den erlangten ſchaͤtzen, Als mit verbundner hand des himmels ja zu ſetzen. Aria von der rechten ſtandhafftigkeit im ungluͤcke. C. G. R. HEmme deine rauhe klagen! Stille deiner thraͤnen lauff! Werthe ſeele! denn die plagen Hoͤren nicht durch kummer auf. Warum friſſt du dir das hertze Mit erdachter bitterkeit? Deine ſeufftzer, nicht der ſchmertze, Sind dein gantzes hertzeleid. Jn dem ungluͤck froͤlich leben, Will zwar ſaſt unmoͤglich ſeyn; Wetter, die die erd erbeben, Floͤſen billich ſchrecken ein. Wann
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Vermiſchte Getichte.
Jedoch, du wolteſt nicht ein halber doctor ſeyn,
Und die gelahrheit nur bey einem zipffel faſſen;
Die weißheit gab dir ſelbſt die klugen lehren ein,
Du ſolteſt dir ihr reich durchaus entlarven laſſen.
Drum hat vernunfft und kunſt dir gar genau entdeckt,
Was die natur in ſich, und in uns ſelbſt verſteckt:
Und die, ſo dieſe kunſt in ihre ſchrifft verſchlieſſen,
Die haben ſelbſt darzu die fackeln tragen muͤſſen.
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Das ſo viel jahre dich als ſeinen ſohn umfangen:
Es ſah dich ſonſt mit luſt zum groſſen Wedel gehn;
Jtzt ſieht es dich durch ihn den ehren-lohn erlangen.
Wohlan! auch Schleſien hat einen theil daran!
Und wie dein gluͤck und ruhm auch uns erfreuen kan:
So wuͤnſchen wir ſonſt nichts zu den erlangten ſchaͤtzen,
Als mit verbundner hand des himmels ja zu ſetzen.
Aria von der rechten ſtandhafftigkeit
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HEmme deine rauhe klagen!
Stille deiner thraͤnen lauff!
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Hoͤren nicht durch kummer auf.
Warum friſſt du dir das hertze
Mit erdachter bitterkeit?
Deine ſeufftzer, nicht der ſchmertze,
Sind dein gantzes hertzeleid.
Jn dem ungluͤck froͤlich leben,
Will zwar ſaſt unmoͤglich ſeyn;
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