Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Getichte.


Jn klüffte bauet man nicht tempel und altar:
Was nützt ein königs-schmuck bey düstren todten-beinen?
Die sonne stellet sich der menschen augen dar,
Und lichter dürffen nicht in finstern kerckern scheinen.
Jhr seyd genung beglückt, daß sich das reich der welt
Mit seiner schätze pracht zu euren diensten stellt:
Da Hygienens macht in wasser, lufft und gründen,
Ja in dem himmel selbst kan rare schätze finden.


Wenn der beliebte lentz die wiesen trächtig macht,
Und unsre gärten sich mit tausend farben mahlen;
So muß der anmuths-platz, wo Florens purpur lacht,
Euch die geschöpffte lust mit theurer frucht bezahlen
Sehn andre äusserlich nur schatten, laub und schein;
So steiget euer geist ins wasser selbst hinein,
Und läst der augen licht durch alle adern dringen,
Die tieff verborgne krafft daraus hervor zu bringen.


Kriecht andre, wie ihr wolt, in tieffer klüfften schacht!
Durchsucht der erden marck: Verfolgt das schnelle glücke
Durch wellen, fluth und see: Holt fremder länder pracht!
Jhr bringt doch alle nichts, als fremden koth zurücke.
Wem Hygienens hand den weg nach Colchis weist,
Der hat weit nützlicher, als andrer fuß, gereist:
Der bringt, wann eure schätz euch tausend sorgen geben,
Durch sein erworbnes fließ viel sterblichen das leben.


Jhm muß das gantze heer der welt zu dienste stehn:
Die vögel müssen hier die flügel niederlegen:
Das ungezähmte wild muß in gehorsam gehn,
Und seinen krancken-tisch mit medicin verpflegen:
Die wilde fluth der see wirfft perlen-muschel aus:
Die schlang und kröte bringt selbst segen in sein haus;
Denn Hygienen muß der ärgste schaum auf erden
Zu theurer gold-tinctur, und gifft zu balsam werden.
Und
Vermiſchte Getichte.


Jn kluͤffte bauet man nicht tempel und altar:
Was nuͤtzt ein koͤnigs-ſchmuck bey duͤſtren todten-beinen?
Die ſonne ſtellet ſich der menſchen augen dar,
Und lichter duͤrffen nicht in finſtern kerckern ſcheinen.
Jhr ſeyd genung begluͤckt, daß ſich das reich der welt
Mit ſeiner ſchaͤtze pracht zu euren dienſten ſtellt:
Da Hygienens macht in waſſer, lufft und gruͤnden,
Ja in dem himmel ſelbſt kan rare ſchaͤtze finden.


Wenn der beliebte lentz die wieſen traͤchtig macht,
Und unſre gaͤrten ſich mit tauſend farben mahlen;
So muß der anmuths-platz, wo Florens purpur lacht,
Euch die geſchoͤpffte luſt mit theurer frucht bezahlen
Sehn andre aͤuſſerlich nur ſchatten, laub und ſchein;
So ſteiget euer geiſt ins waſſer ſelbſt hinein,
Und laͤſt der augen licht durch alle adern dringen,
Die tieff verborgne krafft daraus hervor zu bringen.


Kriecht andre, wie ihr wolt, in tieffer kluͤfften ſchacht!
Durchſucht der erden marck: Verfolgt das ſchnelle gluͤcke
Durch wellen, fluth und ſee: Holt fremder laͤnder pracht!
Jhr bringt doch alle nichts, als fremden koth zuruͤcke.
Wem Hygienens hand den weg nach Colchis weiſt,
Der hat weit nuͤtzlicher, als andrer fuß, gereiſt:
Der bringt, wann eure ſchaͤtz euch tauſend ſorgen geben,
Durch ſein erworbnes fließ viel ſterblichen das leben.


Jhm muß das gantze heer der welt zu dienſte ſtehn:
Die voͤgel muͤſſen hier die fluͤgel niederlegen:
Das ungezaͤhmte wild muß in gehorſam gehn,
Und ſeinen krancken-tiſch mit medicin verpflegen:
Die wilde fluth der ſee wirfft perlen-muſchel aus:
Die ſchlang und kroͤte bringt ſelbſt ſegen in ſein haus;
Denn Hygienen muß der aͤrgſte ſchaum auf erden
Zu theurer gold-tinctur, und gifft zu balſam werden.
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0292" n="268"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Getichte.</hi> </fw><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="16">
              <l>Jn klu&#x0364;ffte bauet man nicht tempel und altar:</l><lb/>
              <l>Was nu&#x0364;tzt ein ko&#x0364;nigs-&#x017F;chmuck bey du&#x0364;&#x017F;tren todten-beinen?</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;onne &#x017F;tellet &#x017F;ich der men&#x017F;chen augen dar,</l><lb/>
              <l>Und lichter du&#x0364;rffen nicht in fin&#x017F;tern kerckern &#x017F;cheinen.</l><lb/>
              <l>Jhr &#x017F;eyd genung beglu&#x0364;ckt, daß &#x017F;ich das reich der welt</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;einer &#x017F;cha&#x0364;tze pracht zu euren dien&#x017F;ten &#x017F;tellt:</l><lb/>
              <l>Da Hygienens macht in wa&#x017F;&#x017F;er, lufft und gru&#x0364;nden,</l><lb/>
              <l>Ja in dem himmel &#x017F;elb&#x017F;t kan rare &#x017F;cha&#x0364;tze finden.</l>
            </lg><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="17">
              <l>Wenn der beliebte lentz die wie&#x017F;en tra&#x0364;chtig macht,</l><lb/>
              <l>Und un&#x017F;re ga&#x0364;rten &#x017F;ich mit tau&#x017F;end farben mahlen;</l><lb/>
              <l>So muß der anmuths-platz, wo Florens purpur lacht,</l><lb/>
              <l>Euch die ge&#x017F;cho&#x0364;pffte lu&#x017F;t mit theurer frucht bezahlen</l><lb/>
              <l>Sehn andre a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich nur &#x017F;chatten, laub und &#x017F;chein;</l><lb/>
              <l>So &#x017F;teiget euer gei&#x017F;t ins wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t hinein,</l><lb/>
              <l>Und la&#x0364;&#x017F;t der augen licht durch alle adern dringen,</l><lb/>
              <l>Die tieff verborgne krafft daraus hervor zu bringen.</l>
            </lg><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="18">
              <l>Kriecht andre, wie ihr wolt, in tieffer klu&#x0364;fften &#x017F;chacht!</l><lb/>
              <l>Durch&#x017F;ucht der erden marck: Verfolgt das &#x017F;chnelle glu&#x0364;cke</l><lb/>
              <l>Durch wellen, fluth und &#x017F;ee: Holt fremder la&#x0364;nder pracht!</l><lb/>
              <l>Jhr bringt doch alle nichts, als fremden koth zuru&#x0364;cke.</l><lb/>
              <l>Wem Hygienens hand den weg nach Colchis wei&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Der hat weit nu&#x0364;tzlicher, als andrer fuß, gerei&#x017F;t:</l><lb/>
              <l>Der bringt, wann eure &#x017F;cha&#x0364;tz euch tau&#x017F;end &#x017F;orgen geben,</l><lb/>
              <l>Durch &#x017F;ein erworbnes fließ viel &#x017F;terblichen das leben.</l>
            </lg><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <lg n="19">
              <l>Jhm muß das gantze heer der welt zu dien&#x017F;te &#x017F;tehn:</l><lb/>
              <l>Die vo&#x0364;gel mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en hier die flu&#x0364;gel niederlegen:</l><lb/>
              <l>Das ungeza&#x0364;hmte wild muß in gehor&#x017F;am gehn,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;einen krancken-ti&#x017F;ch mit medicin verpflegen:</l><lb/>
              <l>Die wilde fluth der &#x017F;ee wirfft perlen-mu&#x017F;chel aus:</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;chlang und kro&#x0364;te bringt &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;egen in &#x017F;ein haus;</l><lb/>
              <l>Denn Hygienen muß der a&#x0364;rg&#x017F;te &#x017F;chaum auf erden</l><lb/>
              <l>Zu theurer gold-tinctur, und gifft zu bal&#x017F;am werden.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0292] Vermiſchte Getichte. Jn kluͤffte bauet man nicht tempel und altar: Was nuͤtzt ein koͤnigs-ſchmuck bey duͤſtren todten-beinen? Die ſonne ſtellet ſich der menſchen augen dar, Und lichter duͤrffen nicht in finſtern kerckern ſcheinen. Jhr ſeyd genung begluͤckt, daß ſich das reich der welt Mit ſeiner ſchaͤtze pracht zu euren dienſten ſtellt: Da Hygienens macht in waſſer, lufft und gruͤnden, Ja in dem himmel ſelbſt kan rare ſchaͤtze finden. Wenn der beliebte lentz die wieſen traͤchtig macht, Und unſre gaͤrten ſich mit tauſend farben mahlen; So muß der anmuths-platz, wo Florens purpur lacht, Euch die geſchoͤpffte luſt mit theurer frucht bezahlen Sehn andre aͤuſſerlich nur ſchatten, laub und ſchein; So ſteiget euer geiſt ins waſſer ſelbſt hinein, Und laͤſt der augen licht durch alle adern dringen, Die tieff verborgne krafft daraus hervor zu bringen. Kriecht andre, wie ihr wolt, in tieffer kluͤfften ſchacht! Durchſucht der erden marck: Verfolgt das ſchnelle gluͤcke Durch wellen, fluth und ſee: Holt fremder laͤnder pracht! Jhr bringt doch alle nichts, als fremden koth zuruͤcke. Wem Hygienens hand den weg nach Colchis weiſt, Der hat weit nuͤtzlicher, als andrer fuß, gereiſt: Der bringt, wann eure ſchaͤtz euch tauſend ſorgen geben, Durch ſein erworbnes fließ viel ſterblichen das leben. Jhm muß das gantze heer der welt zu dienſte ſtehn: Die voͤgel muͤſſen hier die fluͤgel niederlegen: Das ungezaͤhmte wild muß in gehorſam gehn, Und ſeinen krancken-tiſch mit medicin verpflegen: Die wilde fluth der ſee wirfft perlen-muſchel aus: Die ſchlang und kroͤte bringt ſelbſt ſegen in ſein haus; Denn Hygienen muß der aͤrgſte ſchaum auf erden Zu theurer gold-tinctur, und gifft zu balſam werden. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/292
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/292>, abgerufen am 25.11.2024.