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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.
Entschlüsset man sich denn, getreidig einzuführen,
So siehst du fleißig drauf, kein körngen zu verliehren,
Und wo in deinem sinn dir deren eins entfällt,
So ist in deinem sinn die erndte schlecht bestellt.
Zeigt denn der schöne herbst die reichen garten-früchte,
So wird dein kurtzer schlaf um so viel mehr zu nichte:
Ey dieses kan den kopff dir gar zu sehr verwirrn!
Da zehlst du eigentlich die äpffel und die birn.
Und wenn ein wenig wind die leichten blätter rühret,
Was wird vor grosse noth so gleich bey dir gespühret!
Fällt dann ein pfläumgen ab, durch maden weich ge-
macht,
Hast du dich allbereit an bettel-stab gebracht.
Und wenn es nur alsdenn in deiner macht bestünde,
Du schlügest dich auch wohl mit maden und dem winde,
Die, deiner meinung nach, dich allzuhart verletzt,
Daß vieler zeiten zeit den schaden nicht ersetzt.
Was aber, was hilfft das, was nutzen solche grillen?
Gewißlich glaube mir, daß man um deren willen
Dich selten gerne sieht, weil jeder auf dich passt,
Was du wohl abermahl vor eine klage hast.
Die fehlen nimmermehr; Doch aber must du wissen,
Daß diese fehler dir vormahls dein glück entrissen:
Jch hab es offt gehört, es stöst sich mancher dran,
Dieweil ein jeder nicht solch knarren dulden kan.
Doch nimm es, wie du wilt, was du allhier wirst finden,
Die wahrheit wird dich selbst zu einem ja verbinden.


Der auf eine zeit glücklich verunglückte.
WEich dem verhängniß itzt, du mehr als tapffrer mann!
Laß den ergrimmten neid nach seinen willen toben!
Denn eben dieses sind der tugend wahre proben,
Die glück und unglück sieht mit gleichen augen an:
Die, wenn gleich alles sich will wider sie erregen,
Doch im geringsten nicht läst ihren muth bewegen.
Erfah-
Vermiſchte Getichte.
Entſchluͤſſet man ſich denn, getreidig einzufuͤhren,
So ſiehſt du fleißig drauf, kein koͤrngen zu verliehren,
Und wo in deinem ſinn dir deren eins entfaͤllt,
So iſt in deinem ſinn die erndte ſchlecht beſtellt.
Zeigt denn der ſchoͤne herbſt die reichen garten-fruͤchte,
So wird dein kurtzer ſchlaf um ſo viel mehr zu nichte:
Ey dieſes kan den kopff dir gar zu ſehr verwirrn!
Da zehlſt du eigentlich die aͤpffel und die birn.
Und wenn ein wenig wind die leichten blaͤtter ruͤhret,
Was wird vor groſſe noth ſo gleich bey dir geſpuͤhret!
Faͤllt dann ein pflaͤumgen ab, durch maden weich ge-
macht,
Haſt du dich allbereit an bettel-ſtab gebracht.
Und wenn es nur alsdenn in deiner macht beſtuͤnde,
Du ſchluͤgeſt dich auch wohl mit maden und dem winde,
Die, deiner meinung nach, dich allzuhart verletzt,
Daß vieler zeiten zeit den ſchaden nicht erſetzt.
Was aber, was hilfft das, was nutzen ſolche grillen?
Gewißlich glaube mir, daß man um deren willen
Dich ſelten gerne ſieht, weil jeder auf dich paſſt,
Was du wohl abermahl vor eine klage haſt.
Die fehlen nimmermehr; Doch aber muſt du wiſſen,
Daß dieſe fehler dir vormahls dein gluͤck entriſſen:
Jch hab es offt gehoͤrt, es ſtoͤſt ſich mancher dran,
Dieweil ein jeder nicht ſolch knarren dulden kan.
Doch nimm es, wie du wilt, was du allhier wirſt finden,
Die wahrheit wird dich ſelbſt zu einem ja verbinden.


Der auf eine zeit gluͤcklich verungluͤckte.
WEich dem verhaͤngniß itzt, du mehr als tapffrer mann!
Laß den ergrimmten neid nach ſeinen willen toben!
Denn eben dieſes ſind der tugend wahre proben,
Die gluͤck und ungluͤck ſieht mit gleichen augen an:
Die, wenn gleich alles ſich will wider ſie erregen,
Doch im geringſten nicht laͤſt ihren muth bewegen.
Erfah-
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[264/0288] Vermiſchte Getichte. Entſchluͤſſet man ſich denn, getreidig einzufuͤhren, So ſiehſt du fleißig drauf, kein koͤrngen zu verliehren, Und wo in deinem ſinn dir deren eins entfaͤllt, So iſt in deinem ſinn die erndte ſchlecht beſtellt. Zeigt denn der ſchoͤne herbſt die reichen garten-fruͤchte, So wird dein kurtzer ſchlaf um ſo viel mehr zu nichte: Ey dieſes kan den kopff dir gar zu ſehr verwirrn! Da zehlſt du eigentlich die aͤpffel und die birn. Und wenn ein wenig wind die leichten blaͤtter ruͤhret, Was wird vor groſſe noth ſo gleich bey dir geſpuͤhret! Faͤllt dann ein pflaͤumgen ab, durch maden weich ge- macht, Haſt du dich allbereit an bettel-ſtab gebracht. Und wenn es nur alsdenn in deiner macht beſtuͤnde, Du ſchluͤgeſt dich auch wohl mit maden und dem winde, Die, deiner meinung nach, dich allzuhart verletzt, Daß vieler zeiten zeit den ſchaden nicht erſetzt. Was aber, was hilfft das, was nutzen ſolche grillen? Gewißlich glaube mir, daß man um deren willen Dich ſelten gerne ſieht, weil jeder auf dich paſſt, Was du wohl abermahl vor eine klage haſt. Die fehlen nimmermehr; Doch aber muſt du wiſſen, Daß dieſe fehler dir vormahls dein gluͤck entriſſen: Jch hab es offt gehoͤrt, es ſtoͤſt ſich mancher dran, Dieweil ein jeder nicht ſolch knarren dulden kan. Doch nimm es, wie du wilt, was du allhier wirſt finden, Die wahrheit wird dich ſelbſt zu einem ja verbinden. Der auf eine zeit gluͤcklich verungluͤckte. WEich dem verhaͤngniß itzt, du mehr als tapffrer mann! Laß den ergrimmten neid nach ſeinen willen toben! Denn eben dieſes ſind der tugend wahre proben, Die gluͤck und ungluͤck ſieht mit gleichen augen an: Die, wenn gleich alles ſich will wider ſie erregen, Doch im geringſten nicht laͤſt ihren muth bewegen. Erfah-

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/288>, abgerufen am 16.07.2024.