Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Getichte.
Wie? weist du es noch nicht?
Des hofes treppen sind von porcellan und glase zugericht:
Man steigt, indem man abwerts geht, man fällt, indem man
aufwerts steiget,
Und wird im augenblick offt biß in staub gebeuget.
Verachte dich stets selbst! Jm andern traue GOtt!
Vergebne sorge bringt dem hertzen nichts als plagen,
Und unsre jammer-klagen
Vermehren nur die noth.
Zeigt dir der himmel blitz? So leide seine schläge!
Lockt dich die wollust an? So weich ihr aus dem wege!
Liebkoset dir das glück? So setze dich zur ruh!
Dräut dir ein schwacher feind? So lache nur darzu!
Bist du beliebt? So halt die gunst mit händ und füssen!
Liegst du? So kanst du ja den müßiggang genießen:
Steigst du? So laß niemahls so grosse freude sehn!
Wirst du erniedriget? Wohl! laß es auch geschehn!
Trotzt dein verfolger dich? So zwinge dein gesicht!
Thut es dir weh? Ey so beschwer dich nicht!
Mehr weiß ich dir nicht zu befehlen;
Durch tugend wirst du stehn:
Die tugend kan allein erhöhn:
Die tugend wird dich auch zu den beglückten zehlen.


Allerunterthänigste supplique der armee
in Jtalien an Jhro Kayserl.
Majestät, 1705.

B. v. H.
GRoßmächtigster Monarch! verzeih, wenn tausend schmertzen
Die scufftzer mit gewalt mir pressen aus dem hertzen:
Wenn bleiche dürfftigkeit die hand mit zittern regt,
Und nichts als lauter noth zu deinen füssen legt!
Vergieb, wenn mein gesang vielleicht zu traurig klinget,
Jtzund da jedermann die sieges-lieder singet!
Man
P 4
Vermiſchte Getichte.
Wie? weiſt du es noch nicht?
Des hofes treppen ſind von porcellan und glaſe zugericht:
Man ſteigt, indem man abwerts geht, man faͤllt, indem man
aufwerts ſteiget,
Und wird im augenblick offt biß in ſtaub gebeuget.
Verachte dich ſtets ſelbſt! Jm andern traue GOtt!
Vergebne ſorge bringt dem hertzen nichts als plagen,
Und unſre jammer-klagen
Vermehren nur die noth.
Zeigt dir der himmel blitz? So leide ſeine ſchlaͤge!
Lockt dich die wolluſt an? So weich ihr aus dem wege!
Liebkoſet dir das gluͤck? So ſetze dich zur ruh!
Draͤut dir ein ſchwacher feind? So lache nur darzu!
Biſt du beliebt? So halt die gunſt mit haͤnd und fuͤſſen!
Liegſt du? So kanſt du ja den muͤßiggang genießen:
Steigſt du? So laß niemahls ſo groſſe freude ſehn!
Wirſt du erniedriget? Wohl! laß es auch geſchehn!
Trotzt dein verfolger dich? So zwinge dein geſicht!
Thut es dir weh? Ey ſo beſchwer dich nicht!
Mehr weiß ich dir nicht zu befehlen;
Durch tugend wirſt du ſtehn:
Die tugend kan allein erhoͤhn:
Die tugend wird dich auch zu den begluͤckten zehlen.


Allerunterthaͤnigſte ſupplique der armee
in Jtalien an Jhro Kayſerl.
Majeſtaͤt, 1705.

B. v. H.
GRoßmaͤchtigſter Monarch! verzeih, wenn tauſend ſchmertzen
Die ſcufftzer mit gewalt mir preſſen aus dem hertzen:
Wenn bleiche duͤrfftigkeit die hand mit zittern regt,
Und nichts als lauter noth zu deinen fuͤſſen legt!
Vergieb, wenn mein geſang vielleicht zu traurig klinget,
Jtzund da jedermann die ſieges-lieder ſinget!
Man
P 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0255" n="231"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Getichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Wie? wei&#x017F;t du es noch nicht?</l><lb/>
            <l>Des hofes treppen &#x017F;ind von porcellan und gla&#x017F;e zugericht:</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;teigt, indem man abwerts geht, man fa&#x0364;llt, indem man</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">aufwerts &#x017F;teiget,</hi> </l><lb/>
            <l>Und wird im augenblick offt biß in &#x017F;taub gebeuget.</l><lb/>
            <l>Verachte dich &#x017F;tets &#x017F;elb&#x017F;t! Jm andern traue GOtt!</l><lb/>
            <l>Vergebne &#x017F;orge bringt dem hertzen nichts als plagen,</l><lb/>
            <l>Und un&#x017F;re jammer-klagen</l><lb/>
            <l>Vermehren nur die noth.</l><lb/>
            <l>Zeigt dir der himmel blitz? So leide &#x017F;eine &#x017F;chla&#x0364;ge!</l><lb/>
            <l>Lockt dich die wollu&#x017F;t an? So weich ihr aus dem wege!</l><lb/>
            <l>Liebko&#x017F;et dir das glu&#x0364;ck? So &#x017F;etze dich zur ruh!</l><lb/>
            <l>Dra&#x0364;ut dir ein &#x017F;chwacher feind? So lache nur darzu!</l><lb/>
            <l>Bi&#x017F;t du beliebt? So halt die gun&#x017F;t mit ha&#x0364;nd und fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en!</l><lb/>
            <l>Lieg&#x017F;t du? So kan&#x017F;t du ja den mu&#x0364;ßiggang genießen:</l><lb/>
            <l>Steig&#x017F;t du? So laß niemahls &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e freude &#x017F;ehn!</l><lb/>
            <l>Wir&#x017F;t du erniedriget? Wohl! laß es auch ge&#x017F;chehn!</l><lb/>
            <l>Trotzt dein verfolger dich? So zwinge dein ge&#x017F;icht!</l><lb/>
            <l>Thut es dir weh? Ey &#x017F;o be&#x017F;chwer dich nicht!</l><lb/>
            <l>Mehr weiß ich dir nicht zu befehlen;</l><lb/>
            <l>Durch tugend wir&#x017F;t du &#x017F;tehn:</l><lb/>
            <l>Die tugend kan allein erho&#x0364;hn:</l><lb/>
            <l>Die tugend wird dich auch zu den beglu&#x0364;ckten zehlen.</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head><hi rendition="#b">Alleruntertha&#x0364;nig&#x017F;te <hi rendition="#aq">&#x017F;upplique</hi> der armee<lb/>
in Jtalien an Jhro Kay&#x017F;erl.<lb/>
Maje&#x017F;ta&#x0364;t, 1705.</hi><lb/>
B. v. H.</head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">G</hi>Roßma&#x0364;chtig&#x017F;ter Monarch! verzeih, wenn tau&#x017F;end &#x017F;chmertzen</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;cufftzer mit gewalt mir pre&#x017F;&#x017F;en aus dem hertzen:</l><lb/>
            <l>Wenn bleiche du&#x0364;rfftigkeit die hand mit zittern regt,</l><lb/>
            <l>Und nichts als lauter noth zu deinen fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en legt!</l><lb/>
            <l>Vergieb, wenn mein ge&#x017F;ang vielleicht zu traurig klinget,</l><lb/>
            <l>Jtzund da jedermann die &#x017F;ieges-lieder &#x017F;inget!</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">P 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0255] Vermiſchte Getichte. Wie? weiſt du es noch nicht? Des hofes treppen ſind von porcellan und glaſe zugericht: Man ſteigt, indem man abwerts geht, man faͤllt, indem man aufwerts ſteiget, Und wird im augenblick offt biß in ſtaub gebeuget. Verachte dich ſtets ſelbſt! Jm andern traue GOtt! Vergebne ſorge bringt dem hertzen nichts als plagen, Und unſre jammer-klagen Vermehren nur die noth. Zeigt dir der himmel blitz? So leide ſeine ſchlaͤge! Lockt dich die wolluſt an? So weich ihr aus dem wege! Liebkoſet dir das gluͤck? So ſetze dich zur ruh! Draͤut dir ein ſchwacher feind? So lache nur darzu! Biſt du beliebt? So halt die gunſt mit haͤnd und fuͤſſen! Liegſt du? So kanſt du ja den muͤßiggang genießen: Steigſt du? So laß niemahls ſo groſſe freude ſehn! Wirſt du erniedriget? Wohl! laß es auch geſchehn! Trotzt dein verfolger dich? So zwinge dein geſicht! Thut es dir weh? Ey ſo beſchwer dich nicht! Mehr weiß ich dir nicht zu befehlen; Durch tugend wirſt du ſtehn: Die tugend kan allein erhoͤhn: Die tugend wird dich auch zu den begluͤckten zehlen. Allerunterthaͤnigſte ſupplique der armee in Jtalien an Jhro Kayſerl. Majeſtaͤt, 1705. B. v. H. GRoßmaͤchtigſter Monarch! verzeih, wenn tauſend ſchmertzen Die ſcufftzer mit gewalt mir preſſen aus dem hertzen: Wenn bleiche duͤrfftigkeit die hand mit zittern regt, Und nichts als lauter noth zu deinen fuͤſſen legt! Vergieb, wenn mein geſang vielleicht zu traurig klinget, Jtzund da jedermann die ſieges-lieder ſinget! Man P 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/255
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/255>, abgerufen am 25.11.2024.