Denn wer ergründet, Herr! doch deines geistes ziel? Was uns unmöglich scheint, das ist dir nur ein spiel. Dein vater war so groß, das keiner durffte hoffen, Jhm jemahls gleich zu gehn; Du hast ihn übertroffen. Du rennest zwar mit ihm auf einer ehren-bahn: Allein du tratest sie bald viel beglückter an. Den ruhm, den er verließ, als er uns abgestorben, Hast du schon fiebenfach nur, weil du herrschst, erworben. Jch schmeichle nicht, o Held! denn wer erstaunet nicht, So offt man heute noch von deinem vater spricht? Sein nahm ist in der welt viel weiter durchgedrungen, Als man von Brennus faust, von Titus lob gesungen? Allein wem ist auch nicht dein starcker arm bekanut? Wer denckt nicht, grosser Held! an dich und Engelland? Wie du das reich gestützt, und deines fest gebauet? Wer weiß nicht, daß man hier auf einmahl alles schauet, Womit man anderswo nur stücken-weise prangt? Und daß du endlich gar das ohne streit erlangt, Wozu die ahnen nicht durch blut und leichen kamen? Europa zitterte für deines vaters nahmen: Herr! in den deinigen ist alle welt verliebt. Was jener abgezielt, das hast du ausgeübt; Und was er nicht gedacht, das hat dein witz vollzogen. Er griff die Türcken an; Vor dir sind sie zerflogen: Er führte krieg mit müh; Du führst ihn voller ruh: Er schlug; Du schlägest auch, und bauest noch darzu: Denn wo du völcker wirbst, sieht man auch ziegel tragen; Das that man ehmahls nicht. Soll ich die ursach sagen? Dein vater war nicht schuld; Der himmel fügt' es so! Warum war David nicht so groß als Salomo?
Jedoch, so groß du bist, hast du dich doch besessen: Du kontst dich ohne scheu nach deinen kräfften messen; Allein du ziehst dich ein, und schätzst des vaters ruhm Mehr, als dein eignes lob, Herr! für dein eigenthum. Trat wo ein künstler auf, hast du ihn angenommen: Du ließt sie weit und breit aus ferneu landen kommen:
Damit
Vermiſchte Getichte.
Denn wer ergruͤndet, Herꝛ! doch deines geiſtes ziel? Was uns unmoͤglich ſcheint, das iſt dir nur ein ſpiel. Dein vater war ſo groß, das keiner durffte hoffen, Jhm jemahls gleich zu gehn; Du haſt ihn uͤbertroffen. Du renneſt zwar mit ihm auf einer ehren-bahn: Allein du trateſt ſie bald viel begluͤckter an. Den ruhm, den er verließ, als er uns abgeſtorben, Haſt du ſchon fiebenfach nur, weil du herꝛſchſt, erworben. Jch ſchmeichle nicht, o Held! denn wer erſtaunet nicht, So offt man heute noch von deinem vater ſpricht? Sein nahm iſt in der welt viel weiter durchgedrungen, Als man von Brennus fauſt, von Titus lob geſungen? Allein wem iſt auch nicht dein ſtarcker arm bekanut? Wer denckt nicht, groſſer Held! an dich und Engelland? Wie du das reich geſtuͤtzt, und deines feſt gebauet? Wer weiß nicht, daß man hier auf einmahl alles ſchauet, Womit man anderswo nur ſtuͤcken-weiſe prangt? Und daß du endlich gar das ohne ſtreit erlangt, Wozu die ahnen nicht durch blut und leichen kamen? Europa zitterte fuͤr deines vaters nahmen: Herꝛ! in den deinigen iſt alle welt verliebt. Was jener abgezielt, das haſt du ausgeuͤbt; Und was er nicht gedacht, das hat dein witz vollzogen. Er griff die Tuͤrcken an; Vor dir ſind ſie zerflogen: Er fuͤhrte krieg mit muͤh; Du fuͤhrſt ihn voller ruh: Er ſchlug; Du ſchlaͤgeſt auch, und baueſt noch darzu: Denn wo du voͤlcker wirbſt, ſieht man auch ziegel tragen; Das that man ehmahls nicht. Soll ich die urſach ſagen? Dein vater war nicht ſchuld; Der himmel fuͤgt’ es ſo! Warum war David nicht ſo groß als Salomo?
Jedoch, ſo groß du biſt, haſt du dich doch beſeſſen: Du kontſt dich ohne ſcheu nach deinen kraͤfften meſſen; Allein du ziehſt dich ein, und ſchaͤtzſt des vaters ruhm Mehr, als dein eignes lob, Herꝛ! fuͤr dein eigenthum. Trat wo ein kuͤnſtler auf, haſt du ihn angenommen: Du ließt ſie weit und breit aus ferneu landen kommen:
Damit
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Vermiſchte Getichte.
Denn wer ergruͤndet, Herꝛ! doch deines geiſtes ziel?
Was uns unmoͤglich ſcheint, das iſt dir nur ein ſpiel.
Dein vater war ſo groß, das keiner durffte hoffen,
Jhm jemahls gleich zu gehn; Du haſt ihn uͤbertroffen.
Du renneſt zwar mit ihm auf einer ehren-bahn:
Allein du trateſt ſie bald viel begluͤckter an.
Den ruhm, den er verließ, als er uns abgeſtorben,
Haſt du ſchon fiebenfach nur, weil du herꝛſchſt, erworben.
Jch ſchmeichle nicht, o Held! denn wer erſtaunet nicht,
So offt man heute noch von deinem vater ſpricht?
Sein nahm iſt in der welt viel weiter durchgedrungen,
Als man von Brennus fauſt, von Titus lob geſungen?
Allein wem iſt auch nicht dein ſtarcker arm bekanut?
Wer denckt nicht, groſſer Held! an dich und Engelland?
Wie du das reich geſtuͤtzt, und deines feſt gebauet?
Wer weiß nicht, daß man hier auf einmahl alles ſchauet,
Womit man anderswo nur ſtuͤcken-weiſe prangt?
Und daß du endlich gar das ohne ſtreit erlangt,
Wozu die ahnen nicht durch blut und leichen kamen?
Europa zitterte fuͤr deines vaters nahmen:
Herꝛ! in den deinigen iſt alle welt verliebt.
Was jener abgezielt, das haſt du ausgeuͤbt;
Und was er nicht gedacht, das hat dein witz vollzogen.
Er griff die Tuͤrcken an; Vor dir ſind ſie zerflogen:
Er fuͤhrte krieg mit muͤh; Du fuͤhrſt ihn voller ruh:
Er ſchlug; Du ſchlaͤgeſt auch, und baueſt noch darzu:
Denn wo du voͤlcker wirbſt, ſieht man auch ziegel tragen;
Das that man ehmahls nicht. Soll ich die urſach ſagen?
Dein vater war nicht ſchuld; Der himmel fuͤgt’ es ſo!
Warum war David nicht ſo groß als Salomo?
Jedoch, ſo groß du biſt, haſt du dich doch beſeſſen:
Du kontſt dich ohne ſcheu nach deinen kraͤfften meſſen;
Allein du ziehſt dich ein, und ſchaͤtzſt des vaters ruhm
Mehr, als dein eignes lob, Herꝛ! fuͤr dein eigenthum.
Trat wo ein kuͤnſtler auf, haſt du ihn angenommen:
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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/243>, abgerufen am 17.07.2024.
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