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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Begräbniß-Getichte.
Wie bienen sammlet er des honigs süsse speise,
Vor einen fremden mund, nicht vor sich selbsten ein:
Sein brod ist angst und müh, die thränen sind sein wein:
Der haupt-pfühl ist ein stein, wie Jacob auf der reise
Dem sorgen-vollen haupt dergleichen küssen gab,
Biß daß der saure stand zuletzte durch das grab
Zu seinem schlusse kommt, und sie nach sturm und winden,
Der ruhe süssen port in ihrem sarge finden.
Doch seht den groschen auch zur andern seiten an!
Beschwerung und gefahr verdunckeln nicht die strahlen,
Es prangt der priester-stand mit solchen ehren-mahlen,
Dabey man leid und neid gar leicht vergefsen kan.
Sein schicksal gleicht sich zwar den trüben finsternissen,
Darinn ihr ruhm und stern nur desto heller strahlt.
Und ist das creutze schon an ihre brust gemahlt;
Doch muß das hertze sich mit lauter rosen küssen.
Ein brunn wird zwar getrübt, doch wieder ausgeklärt:
Sie werden zwar gedruckt, doch ihnen widerfährt
Diß leiden nur zum ruhm, daß sie durch creutz und plagen
Dem HErren ähnlich sind, und seine zeichen tragen.
O! was vor hellen glantz giebt dieser gegen-schein!
Ein lehrer kommt von GOtt, als leuchter von dem lichte,
Er siehet stets im geist des Höchsten angesichte,
Wie solt er nicht bey uns ein irrdscher engel seyn?
Er ist es, welchem GOtt geheimnisse vertrauet,
Er führt des geistes amt, darinnen ihm gebührt,
Daß er durch Christi krafft des HErren kriege führt,
Wenn er durch mund und hand an GOttes tempel bauet,
Durch lehr und leben sich selbst zum exempel macht,
Und also Christi reich stets zu vermehren tracht:
Das ist ein schön geruch, der nach den himmel steiget,
Und seine lieblichkeit gedoppelt fruchtbar weiset.
Jst das nicht ehr und ruhm, des HErren bothe seyn,
Und GOttes gnaden-bund auf seinen lippen tragen?
Will man nach licht und recht, nach trost und lehre fragen,
Hier hört man voller krafft des ruffers stimme schreyn;
Ein
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Begraͤbniß-Getichte.
Wie bienen ſammlet er des honigs ſuͤſſe ſpeiſe,
Vor einen fremden mund, nicht vor ſich ſelbſten ein:
Sein brod iſt angſt und muͤh, die thraͤnen ſind ſein wein:
Der haupt-pfuͤhl iſt ein ſtein, wie Jacob auf der reiſe
Dem ſorgen-vollen haupt dergleichen kuͤſſen gab,
Biß daß der ſaure ſtand zuletzte durch das grab
Zu ſeinem ſchluſſe kommt, und ſie nach ſturm und winden,
Der ruhe ſuͤſſen port in ihrem ſarge finden.
Doch ſeht den groſchen auch zur andern ſeiten an!
Beſchwerung und gefahr verdunckeln nicht die ſtrahlen,
Es prangt der prieſter-ſtand mit ſolchen ehren-mahlen,
Dabey man leid und neid gar leicht vergefſen kan.
Sein ſchickſal gleicht ſich zwar den truͤben finſterniſſen,
Darinn ihr ruhm und ſtern nur deſto heller ſtrahlt.
Und iſt das creutze ſchon an ihre bruſt gemahlt;
Doch muß das hertze ſich mit lauter roſen kuͤſſen.
Ein brunn wird zwar getruͤbt, doch wieder ausgeklaͤrt:
Sie werden zwar gedruckt, doch ihnen widerfaͤhrt
Diß leiden nur zum ruhm, daß ſie durch creutz und plagen
Dem HErren aͤhnlich ſind, und ſeine zeichen tragen.
O! was vor hellen glantz giebt dieſer gegen-ſchein!
Ein lehrer kommt von GOtt, als leuchter von dem lichte,
Er ſiehet ſtets im geiſt des Hoͤchſten angeſichte,
Wie ſolt er nicht bey uns ein irꝛdſcher engel ſeyn?
Er iſt es, welchem GOtt geheimniſſe vertrauet,
Er fuͤhrt des geiſtes amt, darinnen ihm gebuͤhrt,
Daß er durch Chriſti krafft des HErren kriege fuͤhrt,
Wenn er durch mund und hand an GOttes tempel bauet,
Durch lehr und leben ſich ſelbſt zum exempel macht,
Und alſo Chriſti reich ſtets zu vermehren tracht:
Das iſt ein ſchoͤn geruch, der nach den himmel ſteiget,
Und ſeine lieblichkeit gedoppelt fruchtbar weiſet.
Jſt das nicht ehr und ruhm, des HErren bothe ſeyn,
Und GOttes gnaden-bund auf ſeinen lippen tragen?
Will man nach licht und recht, nach troſt und lehre fragen,
Hier hoͤrt man voller krafft des ruffers ſtimme ſchreyn;
Ein
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[183/0207] Begraͤbniß-Getichte. Wie bienen ſammlet er des honigs ſuͤſſe ſpeiſe, Vor einen fremden mund, nicht vor ſich ſelbſten ein: Sein brod iſt angſt und muͤh, die thraͤnen ſind ſein wein: Der haupt-pfuͤhl iſt ein ſtein, wie Jacob auf der reiſe Dem ſorgen-vollen haupt dergleichen kuͤſſen gab, Biß daß der ſaure ſtand zuletzte durch das grab Zu ſeinem ſchluſſe kommt, und ſie nach ſturm und winden, Der ruhe ſuͤſſen port in ihrem ſarge finden. Doch ſeht den groſchen auch zur andern ſeiten an! Beſchwerung und gefahr verdunckeln nicht die ſtrahlen, Es prangt der prieſter-ſtand mit ſolchen ehren-mahlen, Dabey man leid und neid gar leicht vergefſen kan. Sein ſchickſal gleicht ſich zwar den truͤben finſterniſſen, Darinn ihr ruhm und ſtern nur deſto heller ſtrahlt. Und iſt das creutze ſchon an ihre bruſt gemahlt; Doch muß das hertze ſich mit lauter roſen kuͤſſen. Ein brunn wird zwar getruͤbt, doch wieder ausgeklaͤrt: Sie werden zwar gedruckt, doch ihnen widerfaͤhrt Diß leiden nur zum ruhm, daß ſie durch creutz und plagen Dem HErren aͤhnlich ſind, und ſeine zeichen tragen. O! was vor hellen glantz giebt dieſer gegen-ſchein! Ein lehrer kommt von GOtt, als leuchter von dem lichte, Er ſiehet ſtets im geiſt des Hoͤchſten angeſichte, Wie ſolt er nicht bey uns ein irꝛdſcher engel ſeyn? Er iſt es, welchem GOtt geheimniſſe vertrauet, Er fuͤhrt des geiſtes amt, darinnen ihm gebuͤhrt, Daß er durch Chriſti krafft des HErren kriege fuͤhrt, Wenn er durch mund und hand an GOttes tempel bauet, Durch lehr und leben ſich ſelbſt zum exempel macht, Und alſo Chriſti reich ſtets zu vermehren tracht: Das iſt ein ſchoͤn geruch, der nach den himmel ſteiget, Und ſeine lieblichkeit gedoppelt fruchtbar weiſet. Jſt das nicht ehr und ruhm, des HErren bothe ſeyn, Und GOttes gnaden-bund auf ſeinen lippen tragen? Will man nach licht und recht, nach troſt und lehre fragen, Hier hoͤrt man voller krafft des ruffers ſtimme ſchreyn; Ein M 4

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/207>, abgerufen am 27.11.2024.