Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Begräbniß-Getichte. Mag doch Sulpicia den Lentulus begleiten:Sperr' Epponine sich mit dem Sabinus ein; Du solst, o seelige! bey diesen letzten zeiten Ein muster treuer pflicht und keuscher liebe seyn. Dein eh-schatz, welchen du bey leben hochgehalten, Der dich hinwiederum mehr, als sich selbst, geliebt, Und der dich, was man sonst an unterschiednen alten Als etwas fremdes lobt, mit willen nie betrübt: Dein eh-schatz muß sich itzt in jener welt erfreuen, Wenn er dich so geschwind an seiner seite sieht; Und wenn ihr beyderseits, als wie die schönen mäyen, Jm pfingst-fest vor dem thron des Allerhöchsten blüht. Jhm gieng, als er nichts mehr nach unserm thun gefraget, Doch deine kümmerniß und dein betrübniß nah. Er wuste, wie man hier die frommen witben plaget: Wenn manche seufftzt und ächtzt, so ist kein helffer da. Elias kan nicht stets das öl im kruge füllen, Und das propheten-weib mist den Elisa sehr; Wann GOttes hülffe fehlt, so geht es nicht nach willen: Man giebt den thränenden gar selten ein gehör. Drum stieg ihm deine qual, dein jammer-stand zu hertzen; Doch stellt er alles GOtt, der waysen vater, heim: Und schau, wie wenden sich die überhäufften schmertzen, Und wie empfindest du den süssen honigseim! Jch kan dich itzt nicht mehr vor eine wittib schätzen, Denn JEsus hat dich selbst zu seiner braut erkiest. O ungemeiner trost! o himmlisches ergetzen! O wonne! die von uns nicht auszusprechen ist. Jtzt wird die angst getilgt, und das betrübte sehnen Jn reiche lust verkehrt. Wer wolte deiner grufft Mit seufftzern ohne zahl, und überhäufften thränen, Umsonst beschwerlich seyn? GOtt hat dich heimgerufft! Hoch-seeligste! glück zu! Wie sehr die kinder weinen, Wie hefftig immermehr die freunde traurig sind; So muß bey ihnen doch des himmels trost erscheinen, Es heist: Du bist erlöst, du bist des herren kind. Drum
Begraͤbniß-Getichte. Mag doch Sulpicia den Lentulus begleiten:Sperꝛ’ Epponine ſich mit dem Sabinus ein; Du ſolſt, o ſeelige! bey dieſen letzten zeiten Ein muſter treuer pflicht und keuſcher liebe ſeyn. Dein eh-ſchatz, welchen du bey leben hochgehalten, Der dich hinwiederum mehr, als ſich ſelbſt, geliebt, Und der dich, was man ſonſt an unterſchiednen alten Als etwas fremdes lobt, mit willen nie betruͤbt: Dein eh-ſchatz muß ſich itzt in jener welt erfreuen, Wenn er dich ſo geſchwind an ſeiner ſeite ſieht; Und wenn ihr beyderſeits, als wie die ſchoͤnen maͤyen, Jm pfingſt-feſt vor dem thron des Allerhoͤchſten bluͤht. Jhm gieng, als er nichts mehr nach unſerm thun gefraget, Doch deine kuͤmmerniß und dein betruͤbniß nah. Er wuſte, wie man hier die frommen witben plaget: Wenn manche ſeufftzt und aͤchtzt, ſo iſt kein helffer da. Elias kan nicht ſtets das oͤl im kruge fuͤllen, Und das propheten-weib miſt den Eliſa ſehr; Wann GOttes huͤlffe fehlt, ſo geht es nicht nach willen: Man giebt den thraͤnenden gar ſelten ein gehoͤr. Drum ſtieg ihm deine qual, dein jammer-ſtand zu hertzen; Doch ſtellt er alles GOtt, der wayſen vater, heim: Und ſchau, wie wenden ſich die uͤberhaͤufften ſchmertzen, Und wie empfindeſt du den ſuͤſſen honigſeim! Jch kan dich itzt nicht mehr vor eine wittib ſchaͤtzen, Denn JEſus hat dich ſelbſt zu ſeiner braut erkieſt. O ungemeiner troſt! o himmliſches ergetzen! O wonne! die von uns nicht auszuſprechen iſt. Jtzt wird die angſt getilgt, und das betruͤbte ſehnen Jn reiche luſt verkehrt. Wer wolte deiner grufft Mit ſeufftzern ohne zahl, und uͤberhaͤufften thraͤnen, Umſonſt beſchwerlich ſeyn? GOtt hat dich heimgerufft! Hoch-ſeeligſte! gluͤck zu! Wie ſehr die kinder weinen, Wie hefftig immermehr die freunde traurig ſind; So muß bey ihnen doch des himmels troſt erſcheinen, Es heiſt: Du biſt erloͤſt, du biſt des herren kind. Drum
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Begraͤbniß-Getichte.
Mag doch Sulpicia den Lentulus begleiten:
Sperꝛ’ Epponine ſich mit dem Sabinus ein;
Du ſolſt, o ſeelige! bey dieſen letzten zeiten
Ein muſter treuer pflicht und keuſcher liebe ſeyn.
Dein eh-ſchatz, welchen du bey leben hochgehalten,
Der dich hinwiederum mehr, als ſich ſelbſt, geliebt,
Und der dich, was man ſonſt an unterſchiednen alten
Als etwas fremdes lobt, mit willen nie betruͤbt:
Dein eh-ſchatz muß ſich itzt in jener welt erfreuen,
Wenn er dich ſo geſchwind an ſeiner ſeite ſieht;
Und wenn ihr beyderſeits, als wie die ſchoͤnen maͤyen,
Jm pfingſt-feſt vor dem thron des Allerhoͤchſten bluͤht.
Jhm gieng, als er nichts mehr nach unſerm thun gefraget,
Doch deine kuͤmmerniß und dein betruͤbniß nah.
Er wuſte, wie man hier die frommen witben plaget:
Wenn manche ſeufftzt und aͤchtzt, ſo iſt kein helffer da.
Elias kan nicht ſtets das oͤl im kruge fuͤllen,
Und das propheten-weib miſt den Eliſa ſehr;
Wann GOttes huͤlffe fehlt, ſo geht es nicht nach willen:
Man giebt den thraͤnenden gar ſelten ein gehoͤr.
Drum ſtieg ihm deine qual, dein jammer-ſtand zu hertzen;
Doch ſtellt er alles GOtt, der wayſen vater, heim:
Und ſchau, wie wenden ſich die uͤberhaͤufften ſchmertzen,
Und wie empfindeſt du den ſuͤſſen honigſeim!
Jch kan dich itzt nicht mehr vor eine wittib ſchaͤtzen,
Denn JEſus hat dich ſelbſt zu ſeiner braut erkieſt.
O ungemeiner troſt! o himmliſches ergetzen!
O wonne! die von uns nicht auszuſprechen iſt.
Jtzt wird die angſt getilgt, und das betruͤbte ſehnen
Jn reiche luſt verkehrt. Wer wolte deiner grufft
Mit ſeufftzern ohne zahl, und uͤberhaͤufften thraͤnen,
Umſonſt beſchwerlich ſeyn? GOtt hat dich heimgerufft!
Hoch-ſeeligſte! gluͤck zu! Wie ſehr die kinder weinen,
Wie hefftig immermehr die freunde traurig ſind;
So muß bey ihnen doch des himmels troſt erſcheinen,
Es heiſt: Du biſt erloͤſt, du biſt des herren kind.
Drum
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