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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Begräbniß-Getichte.

Vers und reim so hoch zu treiben,
Jst für meines gleichen nicht.
Fuchs ist viel zu groß gewesen;
Wer es etwa nicht gemeint,
Der mag seine wercke lesen:
Hier ist nur der mund beweint.




Auf das absterben Frau Anna Eleonora
Schmidin, gebohrner Vickin,
in Breßlau.

C. G.
WAs kan die liebe nicht vor wunder-dinge zeügen?
Jhr sonnen-gleicher glantz dringt durch des todes nacht.
Sie ist durch keinen sturm, wie sehr er tobt, zu beugen,
Weil sie, wie Argus selbst, bey einem grabe wacht.
Kommt, die ihr zweifeln mögt! Erweget, was ich schreibe!
Seht unsrer Schmidin grufft nicht ohn entsetzen an!
Und sprecht: O ebenbild von einem treuen weibe!
Diß hat der heisse trieb der keuschen gluth gethan.
Man mache nur nicht mehr ein sonderbares wesen,
Wann sich in Jndien ein frauenbild verbrennt.
Was wir in Thevenots und andrer reisen lesen,
Wird billich eine frucht der raserey genennt;
Wenn sie ein toller brauch nicht auf den holtz-stoß trüge,
So würde man gewiß ein klares beyspiel schaun,
Wie sie der männer tod zum öfftersten vergnüge,
Und wie der Möhrin pflicht gar wenig zuzutraun.
Was ein Euripides von der Alceste tichtet,
Das wird als fabel-werck verächtlich angesehn:
Und was die Porcia, wie Brutus fiel, verrichtet,
Jst aus verzweifelung, nicht wahrer treu, geschehn.
Hier aber finden wir ein sehnliches verlangen,
Das ein getrenntes hertz nach seiner helffte trägt,
Und eine traurigkeit, die sonder eitles prangen
Sich mit dem ehgemahl auf eine baare legt.
Mag
L 2

Begraͤbniß-Getichte.

Vers und reim ſo hoch zu treiben,
Jſt fuͤr meines gleichen nicht.
Fuchs iſt viel zu groß geweſen;
Wer es etwa nicht gemeint,
Der mag ſeine wercke leſen:
Hier iſt nur der mund beweint.




Auf das abſterben Frau Anna Eleonora
Schmidin, gebohrner Vickin,
in Breßlau.

C. G.
WAs kan die liebe nicht vor wunder-dinge zeuͤgen?
Jhr ſonnen-gleicher glantz dringt durch des todes nacht.
Sie iſt durch keinen ſturm, wie ſehr er tobt, zu beugen,
Weil ſie, wie Argus ſelbſt, bey einem grabe wacht.
Kommt, die ihr zweifeln moͤgt! Erweget, was ich ſchreibe!
Seht unſrer Schmidin grufft nicht ohn entſetzen an!
Und ſprecht: O ebenbild von einem treuen weibe!
Diß hat der heiſſe trieb der keuſchen gluth gethan.
Man mache nur nicht mehr ein ſonderbares weſen,
Wann ſich in Jndien ein frauenbild verbrennt.
Was wir in Thevenots und andrer reiſen leſen,
Wird billich eine frucht der raſerey genennt;
Wenn ſie ein toller brauch nicht auf den holtz-ſtoß truͤge,
So wuͤrde man gewiß ein klares beyſpiel ſchaun,
Wie ſie der maͤnner tod zum oͤffterſten vergnuͤge,
Und wie der Moͤhrin pflicht gar wenig zuzutraun.
Was ein Euripides von der Alceſte tichtet,
Das wird als fabel-werck veraͤchtlich angeſehn:
Und was die Porcia, wie Brutus fiel, verrichtet,
Jſt aus verzweifelung, nicht wahrer treu, geſchehn.
Hier aber finden wir ein ſehnliches verlangen,
Das ein getrenntes hertz nach ſeiner helffte traͤgt,
Und eine traurigkeit, die ſonder eitles prangen
Sich mit dem ehgemahl auf eine baare legt.
Mag
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[163/0187] Begraͤbniß-Getichte. Vers und reim ſo hoch zu treiben, Jſt fuͤr meines gleichen nicht. Fuchs iſt viel zu groß geweſen; Wer es etwa nicht gemeint, Der mag ſeine wercke leſen: Hier iſt nur der mund beweint. Auf das abſterben Frau Anna Eleonora Schmidin, gebohrner Vickin, in Breßlau. C. G. WAs kan die liebe nicht vor wunder-dinge zeuͤgen? Jhr ſonnen-gleicher glantz dringt durch des todes nacht. Sie iſt durch keinen ſturm, wie ſehr er tobt, zu beugen, Weil ſie, wie Argus ſelbſt, bey einem grabe wacht. Kommt, die ihr zweifeln moͤgt! Erweget, was ich ſchreibe! Seht unſrer Schmidin grufft nicht ohn entſetzen an! Und ſprecht: O ebenbild von einem treuen weibe! Diß hat der heiſſe trieb der keuſchen gluth gethan. Man mache nur nicht mehr ein ſonderbares weſen, Wann ſich in Jndien ein frauenbild verbrennt. Was wir in Thevenots und andrer reiſen leſen, Wird billich eine frucht der raſerey genennt; Wenn ſie ein toller brauch nicht auf den holtz-ſtoß truͤge, So wuͤrde man gewiß ein klares beyſpiel ſchaun, Wie ſie der maͤnner tod zum oͤffterſten vergnuͤge, Und wie der Moͤhrin pflicht gar wenig zuzutraun. Was ein Euripides von der Alceſte tichtet, Das wird als fabel-werck veraͤchtlich angeſehn: Und was die Porcia, wie Brutus fiel, verrichtet, Jſt aus verzweifelung, nicht wahrer treu, geſchehn. Hier aber finden wir ein ſehnliches verlangen, Das ein getrenntes hertz nach ſeiner helffte traͤgt, Und eine traurigkeit, die ſonder eitles prangen Sich mit dem ehgemahl auf eine baare legt. Mag L 2

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/187>, abgerufen am 24.11.2024.