Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Begräbniß-Getichte. Die mehr vermag, als wir! Daß er den theil genommen,Der zu verliehren uns zwar schmertzlich angekommen; Doch dir am schwersten fällt! Er straft uns ja wohl sehr; Doch stund in seiner hand noch mehr, und zehnmahl mehr. Denn hätt' er deinen printz, hätt' er ihm dich erkohren, Hilff GOtt! was hätten wir, was kirch und schul verlohren! So leidest du mit uns, was wir allein verschuldt: Du leidest mehr, als wir; doch alles mit geduld. Ja, wenn ichs sagen soll, du thust es fast mit freuden, Damit dein land nur nicht was mehrers dürffe leiden. O ungemeiner held! wer will sich unterstehn, Mit dir das sitten-feld des trostes durchzugehn? Quillt die geduld aus GOtt, wie sie wahrhafftig quillet; So sieht man ja genug, womit dein hertz erfüllet, Und überschüttet ist. Der jammer, der dich beugt, Jst nur ein spiegel, herr! der deine grösse zeigt. Denn wer bewundert nicht das, was du jüngst gesprochen? Mein cron-printz, war dein wort, entschloß vor wenig wochen, Nach Engelland zu gehn. Doch seht! er läst es seyn: Und seine mutter zieht ins land der engel ein. Genug zu deiner ruh! gnug zu Charlottens ehre! Dein hertz hat obgesiegt durch diese glaubens-lehre. Jch selber werd entrückt, und weiß nicht, wo ich bin, Jch sehe noch einmahl die grosse königin. Jch seh die majestät, die nie ein kind betrübte: Jch seh' den hohen geist, der doch die demuth liebte: Die süsse freundlichkeit, die alle welt durchdrang; Mehr aber, held! an dir, als aller welt, bezwang: Jch seh; allein weit mehr, als ich vor dem erblicket: Jhr kleid ist um und um mit sternen ausgeschmücket: Jhr wohl-seyn lauter licht, und ein, ich weiß nicht, was, Das Paulus zwar gehört, bald aber auch vergaß. Aus dieser herrlichkeit, zu der man uns muß treiben, Rufft sie mir gütig zu; Schreib, wenn du ja wilst schreiben: Hier
Begraͤbniß-Getichte. Die mehr vermag, als wir! Daß er den theil genommen,Der zu verliehren uns zwar ſchmertzlich angekommen; Doch dir am ſchwerſten faͤllt! Er ſtraft uns ja wohl ſehr; Doch ſtund in ſeiner hand noch mehr, und zehnmahl mehr. Denn haͤtt’ er deinen printz, haͤtt’ er ihm dich erkohren, Hilff GOtt! was haͤtten wir, was kirch und ſchul verlohren! So leideſt du mit uns, was wir allein verſchuldt: Du leideſt mehr, als wir; doch alles mit geduld. Ja, wenn ichs ſagen ſoll, du thuſt es faſt mit freuden, Damit dein land nur nicht was mehrers duͤrffe leiden. O ungemeiner held! wer will ſich unterſtehn, Mit dir das ſitten-feld des troſtes durchzugehn? Quillt die geduld aus GOtt, wie ſie wahrhafftig quillet; So ſieht man ja genug, womit dein hertz erfuͤllet, Und uͤberſchuͤttet iſt. Der jammer, der dich beugt, Jſt nur ein ſpiegel, herꝛ! der deine groͤſſe zeigt. Denn wer bewundert nicht das, was du juͤngſt geſprochen? Mein cron-printz, war dein wort, entſchloß vor wenig wochen, Nach Engelland zu gehn. Doch ſeht! er laͤſt es ſeyn: Und ſeine mutter zieht ins land der engel ein. Genug zu deiner ruh! gnug zu Charlottens ehre! Dein hertz hat obgeſiegt durch dieſe glaubens-lehre. Jch ſelber werd entruͤckt, und weiß nicht, wo ich bin, Jch ſehe noch einmahl die groſſe koͤnigin. Jch ſeh die majeſtaͤt, die nie ein kind betruͤbte: Jch ſeh’ den hohen geiſt, der doch die demuth liebte: Die ſuͤſſe freundlichkeit, die alle welt durchdrang; Mehr aber, held! an dir, als aller welt, bezwang: Jch ſeh; allein weit mehr, als ich vor dem erblicket: Jhr kleid iſt um und um mit ſternen ausgeſchmuͤcket: Jhr wohl-ſeyn lauter licht, und ein, ich weiß nicht, was, Das Paulus zwar gehoͤrt, bald aber auch vergaß. Aus dieſer herꝛlichkeit, zu der man uns muß treiben, Rufft ſie mir guͤtig zu; Schreib, wenn du ja wilſt ſchreiben: Hier
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Begraͤbniß-Getichte.
Die mehr vermag, als wir! Daß er den theil genommen,
Der zu verliehren uns zwar ſchmertzlich angekommen;
Doch dir am ſchwerſten faͤllt! Er ſtraft uns ja wohl ſehr;
Doch ſtund in ſeiner hand noch mehr, und zehnmahl
mehr.
Denn haͤtt’ er deinen printz, haͤtt’ er ihm dich erkohren,
Hilff GOtt! was haͤtten wir, was kirch und ſchul verlohren!
So leideſt du mit uns, was wir allein verſchuldt:
Du leideſt mehr, als wir; doch alles mit geduld.
Ja, wenn ichs ſagen ſoll, du thuſt es faſt mit freuden,
Damit dein land nur nicht was mehrers duͤrffe leiden.
O ungemeiner held! wer will ſich unterſtehn,
Mit dir das ſitten-feld des troſtes durchzugehn?
Quillt die geduld aus GOtt, wie ſie wahrhafftig quillet;
So ſieht man ja genug, womit dein hertz erfuͤllet,
Und uͤberſchuͤttet iſt. Der jammer, der dich beugt,
Jſt nur ein ſpiegel, herꝛ! der deine groͤſſe zeigt.
Denn wer bewundert nicht das, was du juͤngſt geſprochen?
Mein cron-printz, war dein wort, entſchloß vor wenig wochen,
Nach Engelland zu gehn. Doch ſeht! er laͤſt es ſeyn:
Und ſeine mutter zieht ins land der engel ein.
Genug zu deiner ruh! gnug zu Charlottens ehre!
Dein hertz hat obgeſiegt durch dieſe glaubens-lehre.
Jch ſelber werd entruͤckt, und weiß nicht, wo ich bin,
Jch ſehe noch einmahl die groſſe koͤnigin.
Jch ſeh die majeſtaͤt, die nie ein kind betruͤbte:
Jch ſeh’ den hohen geiſt, der doch die demuth liebte:
Die ſuͤſſe freundlichkeit, die alle welt durchdrang;
Mehr aber, held! an dir, als aller welt, bezwang:
Jch ſeh; allein weit mehr, als ich vor dem erblicket:
Jhr kleid iſt um und um mit ſternen ausgeſchmuͤcket:
Jhr wohl-ſeyn lauter licht, und ein, ich weiß nicht, was,
Das Paulus zwar gehoͤrt, bald aber auch vergaß.
Aus dieſer herꝛlichkeit, zu der man uns muß treiben,
Rufft ſie mir guͤtig zu; Schreib, wenn du ja wilſt ſchreiben:
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