Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Begräbniß-Getichte. Und führt sie von der höh', nach der ich lüstern bin,Von Friedrichs sieges-bahn zu seinen thränen hin! Sein unerschöpffter muth ist weit genung erklungen, Seit dem ihm noth und recht die waffen abgedrungen. Dem Frantze schüttert noch die kaum erlauffue haut, Wenn er auf Schwabens feld betrübt zurücke schaut, Und an den tag gedenckt, da Ludwigs grosse thaten Mit schrecken in die macht der finsterniß gerathen, Und auf einmahl verlescht. Was Preussen da gethan, Das zeigen, schweig ich gleich, viel andre besser an. Dißmahl betracht ich nicht, wie unser könig blitzet, Wann ihn der feinde trotz, der freunde schmach erhitzet; Nein! sondern, wie er selbst halb todt darnieder liegt; Und dennoch über tod und auch sich selbsten siegt. Charlott', ach! kan ich auch diß grosse wort noch sprechen? Charlotte ist erblaßt: und unsre augen brechen Zugleich für kalter angst. Wir sehen nichts, als nacht: Und gleichwohl sehen wir Europens zierd' und pracht, Des grösten helden lust, der damen preiß und erone, Das mütterliche haupt von einem königs-sohne, Minervens ebenbild, der keuschen liebe sitz, Und alles, was jemahls natur, verstand und witz Nur herrliches gezeugt, nur schönes kan erdencken, Jns haus, ins schwartze haus der bleichen schaar versencken. Ach! leider! allzuviel! zuviel auf einen schlag! Wer ist, ber unsern schmertz nur halb ergründen mag! Und wer, der recht beschreibt, was unser könig fühlet? Wie dort, Euridice! dein Orpheus gespielet, Wenn er des morgens schon mit seiner zitter klang: Wenn er des abends noch von deiner liebe sang; So sieht man Friedrichen sich um Charlotten quälen: So hört man seinen mund ihr reiches lob erzehlen. Jst, spricht er, in der welt auch was Charlotten gleich? An ihr allein hätt' ich ein gantzes königreich. Jhr
Begraͤbniß-Getichte. Und fuͤhrt ſie von der hoͤh’, nach der ich luͤſtern bin,Von Friedrichs ſieges-bahn zu ſeinen thraͤnen hin! Sein unerſchoͤpffter muth iſt weit genung erklungen, Seit dem ihm noth und recht die waffen abgedrungen. Dem Frantze ſchuͤttert noch die kaum erlauffue haut, Wenn er auf Schwabens feld betruͤbt zuruͤcke ſchaut, Und an den tag gedenckt, da Ludwigs groſſe thaten Mit ſchrecken in die macht der finſterniß gerathen, Und auf einmahl verleſcht. Was Preuſſen da gethan, Das zeigen, ſchweig ich gleich, viel andre beſſer an. Dißmahl betracht ich nicht, wie unſer koͤnig blitzet, Wann ihn der feinde trotz, der freunde ſchmach erhitzet; Nein! ſondern, wie er ſelbſt halb todt darnieder liegt; Und dennoch uͤber tod und auch ſich ſelbſten ſiegt. Charlott’, ach! kan ich auch diß groſſe wort noch ſprechen? Charlotte iſt erblaßt: und unſre augen brechen Zugleich fuͤr kalter angſt. Wir ſehen nichts, als nacht: Und gleichwohl ſehen wir Europens zierd’ und pracht, Des groͤſten helden luſt, der damen preiß und erone, Das muͤtterliche haupt von einem koͤnigs-ſohne, Minervens ebenbild, der keuſchen liebe ſitz, Und alles, was jemahls natur, verſtand und witz Nur herꝛliches gezeugt, nur ſchoͤnes kan erdencken, Jns haus, ins ſchwartze haus der bleichen ſchaar verſencken. Ach! leider! allzuviel! zuviel auf einen ſchlag! Wer iſt, ber unſern ſchmertz nur halb ergruͤnden mag! Und wer, der recht beſchreibt, was unſer koͤnig fuͤhlet? Wie dort, Euridice! dein Orpheus geſpielet, Wenn er des morgens ſchon mit ſeiner zitter klang: Wenn er des abends noch von deiner liebe ſang; So ſieht man Friedrichen ſich um Charlotten quaͤlen: So hoͤrt man ſeinen mund ihr reiches lob erzehlen. Jſt, ſpricht er, in der welt auch was Charlotten gleich? An ihr allein haͤtt’ ich ein gantzes koͤnigreich. Jhr
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Begraͤbniß-Getichte.
Und fuͤhrt ſie von der hoͤh’, nach der ich luͤſtern bin,
Von Friedrichs ſieges-bahn zu ſeinen thraͤnen hin!
Sein unerſchoͤpffter muth iſt weit genung erklungen,
Seit dem ihm noth und recht die waffen abgedrungen.
Dem Frantze ſchuͤttert noch die kaum erlauffue haut,
Wenn er auf Schwabens feld betruͤbt zuruͤcke ſchaut,
Und an den tag gedenckt, da Ludwigs groſſe thaten
Mit ſchrecken in die macht der finſterniß gerathen,
Und auf einmahl verleſcht. Was Preuſſen da gethan,
Das zeigen, ſchweig ich gleich, viel andre beſſer an.
Dißmahl betracht ich nicht, wie unſer koͤnig blitzet,
Wann ihn der feinde trotz, der freunde ſchmach erhitzet;
Nein! ſondern, wie er ſelbſt halb todt darnieder liegt;
Und dennoch uͤber tod und auch ſich ſelbſten ſiegt.
Charlott’, ach! kan ich auch diß groſſe wort noch ſprechen?
Charlotte iſt erblaßt: und unſre augen brechen
Zugleich fuͤr kalter angſt. Wir ſehen nichts, als nacht:
Und gleichwohl ſehen wir Europens zierd’ und pracht,
Des groͤſten helden luſt, der damen preiß und erone,
Das muͤtterliche haupt von einem koͤnigs-ſohne,
Minervens ebenbild, der keuſchen liebe ſitz,
Und alles, was jemahls natur, verſtand und witz
Nur herꝛliches gezeugt, nur ſchoͤnes kan erdencken,
Jns haus, ins ſchwartze haus der bleichen ſchaar verſencken.
Ach! leider! allzuviel! zuviel auf einen ſchlag!
Wer iſt, ber unſern ſchmertz nur halb ergruͤnden mag!
Und wer, der recht beſchreibt, was unſer koͤnig fuͤhlet?
Wie dort, Euridice! dein Orpheus geſpielet,
Wenn er des morgens ſchon mit ſeiner zitter klang:
Wenn er des abends noch von deiner liebe ſang;
So ſieht man Friedrichen ſich um Charlotten quaͤlen:
So hoͤrt man ſeinen mund ihr reiches lob erzehlen.
Jſt, ſpricht er, in der welt auch was Charlotten gleich?
An ihr allein haͤtt’ ich ein gantzes koͤnigreich.
Jhr
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