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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vorrede.
heit, nichts gethan hat, wird den nahmen eines ho-
hen und vollkommnen tichters nimmermehr erwer-
ben, wie solches von denen, so de arte poetica geschrie-
ben, satsam gezeiget worden.

15. Wie kommt es aber, daß der grosse philoso-
phus
Socrates, der die ticht-kunst doch gelernet, gleich-
wohl kein tauglich getichte zu wege bringen können?
Haben ihn irgend die Musen darum vom Parnasse ge-
stossen, weil er seine weisheit nicht wegwerffen wol-
len? Nichts weniger denn dieses. Denn sonst wür-
den sie auch den Seneca wieder herunter gestürtzt ha-
ben. Jch habe schon oben erwehnt, daß die men-
schen nicht einerley art seyn, und daß nur eine ge-
wisse gattung sich zur poesie schicke. Darum hat
entweder Socrates das gehörige naturel nicht ge-
habt, oder dasselbe nie recht excoliren wollen.
Wiewohl diß alles noch zu untersuchen wäre,
weil einige vorgeben: daß er dem Euripides in ver-
fertigung seiner schauspiele geholffen habe.

16. Bey solcher bewandtniß kan ich den aus-
spruch des Plato, krafft dessen er alle poeten aus
seiner republic verbannet, nicht schlechterdings
unterschreiben. Man müste denn sagen: daß er
blos diejenigen tichter verstanden, die durch ihre
ärgerliche wercke, wie Homerus und Hesiodus, die
leute zum aberglauben, und zu allerhand lieder-
lichen leben angeführet. Auf welche weise aber
dieses philosophi urtheil die poesie, oder diejenigen,
so sich derselben vernünfftig bedienten, im geringsten
nicht treffen würde. Hat er aber alle poeten ohn

unter
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Vorrede.
heit, nichts gethan hat, wird den nahmen eines ho-
hen und vollkommnen tichters nimmermehr erwer-
ben, wie ſolches von denen, ſo de arte poeticâ geſchrie-
ben, ſatſam gezeiget worden.

15. Wie kommt es aber, daß der groſſe philoſo-
phus
Socꝛates, der die ticht-kunſt doch gelernet, gleich-
wohl kein tauglich getichte zu wege bringen koͤnnen?
Haben ihn irgend die Muſen darum vom Parnaſſe ge-
ſtoſſen, weil er ſeine weisheit nicht wegwerffen wol-
len? Nichts weniger denn dieſes. Denn ſonſt wuͤr-
den ſie auch den Seneca wieder herunter geſtuͤrtzt ha-
ben. Jch habe ſchon oben erwehnt, daß die men-
ſchen nicht einerley art ſeyn, und daß nur eine ge-
wiſſe gattung ſich zur poeſie ſchicke. Darum hat
entweder Socrates das gehoͤrige naturel nicht ge-
habt, oder daſſelbe nie recht excoliren wollen.
Wiewohl diß alles noch zu unterſuchen waͤre,
weil einige vorgeben: daß er dem Euripides in ver-
fertigung ſeiner ſchauſpiele geholffen habe.

16. Bey ſolcher bewandtniß kan ich den aus-
ſpruch des Plato, krafft deſſen er alle poeten aus
ſeiner republic verbannet, nicht ſchlechterdings
unterſchreiben. Man muͤſte denn ſagen: daß er
blos diejenigen tichter verſtanden, die durch ihre
aͤrgerliche wercke, wie Homerus und Heſiodus, die
leute zum aberglauben, und zu allerhand lieder-
lichen leben angefuͤhret. Auf welche weiſe aber
dieſes philoſophi urtheil die poeſie, oder diejenigen,
ſo ſich derſelben vernuͤnfftig bedienten, im geringſten
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[0017] Vorrede. heit, nichts gethan hat, wird den nahmen eines ho- hen und vollkommnen tichters nimmermehr erwer- ben, wie ſolches von denen, ſo de arte poeticâ geſchrie- ben, ſatſam gezeiget worden. 15. Wie kommt es aber, daß der groſſe philoſo- phus Socꝛates, der die ticht-kunſt doch gelernet, gleich- wohl kein tauglich getichte zu wege bringen koͤnnen? Haben ihn irgend die Muſen darum vom Parnaſſe ge- ſtoſſen, weil er ſeine weisheit nicht wegwerffen wol- len? Nichts weniger denn dieſes. Denn ſonſt wuͤr- den ſie auch den Seneca wieder herunter geſtuͤrtzt ha- ben. Jch habe ſchon oben erwehnt, daß die men- ſchen nicht einerley art ſeyn, und daß nur eine ge- wiſſe gattung ſich zur poeſie ſchicke. Darum hat entweder Socrates das gehoͤrige naturel nicht ge- habt, oder daſſelbe nie recht excoliren wollen. Wiewohl diß alles noch zu unterſuchen waͤre, weil einige vorgeben: daß er dem Euripides in ver- fertigung ſeiner ſchauſpiele geholffen habe. 16. Bey ſolcher bewandtniß kan ich den aus- ſpruch des Plato, krafft deſſen er alle poeten aus ſeiner republic verbannet, nicht ſchlechterdings unterſchreiben. Man muͤſte denn ſagen: daß er blos diejenigen tichter verſtanden, die durch ihre aͤrgerliche wercke, wie Homerus und Heſiodus, die leute zum aberglauben, und zu allerhand lieder- lichen leben angefuͤhret. Auf welche weiſe aber dieſes philoſophi urtheil die poeſie, oder diejenigen, ſo ſich derſelben vernuͤnfftig bedienten, im geringſten nicht treffen wuͤrde. Hat er aber alle poeten ohn unter ):( ):(

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/17>, abgerufen am 23.11.2024.