Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Hochzeit-Getichte. Was? aus dem grossen geist, der, wo er sich hinlencket,Dir ohne reich ein reich in allen hertzen schencket. Theresia ist schön; doch was von aussen gläntzt, Hat unbegrentzter ruhm durch sittsamkeit begrentzt, Und finsterniß gemacht durch allzugrosse strahlen; Die sonne läst sich sehn, und nicht mit farben mahlen. Schön ist Theresia: Nichts geht an schönheit ihr, Doch ihre tugend noch weit ihrer schönheit für. Was in das auge fällt, kan auch das auge trügen, Und, wie ein fauler kern in frischen schaalen, liegen; Doch reine tugend bleibt befreyt von diesem spruch. Denn, wie der rosen pracht mit lieblichem geruch Der gantzen gegend zwar beliebte lust erwecket, Aus schamröth' aber sich mit ihren knospen decket, Und bey der demuth nur noch größre zierde weist; So pfleget in der welt ein groß-gesinnter geist Jn stiller sittsamkeit sich selber zu ergetzen, Wenn jeder sieht sein lob, nicht aber weiß zu schätzen. Jch sehe wohl, daß sie voll süsser anmuth ist: Jch sehe wohl, daß du bewunderns-würdig bist; Doch ihr vollkommner geist in zarter jugend-blüthe, Bey fürstlicher geburt, dein fürstliches gemüthe, Die tugend, welche sich auf ihre schönheit gründt, Die schönheit, welche sich bey deiner tugend findt, Und euch im nahmen nur bey andre menschen setzet, Jm wesen aber schon vor mehr als menschen schätzet, Durchlauchtes liebes-paar! sind gaben, welche man Zwar sehen, aber nicht genugsam rühmen kan: Sind wunder, die so schwer nach würden zu besingen, Als in ein enges faß den Ocean, zu bringen. Kein mensch hat solchen geist, kein geist hat solche krafft, Und keine krafft gebiehrt uns solche wissenschafft, So bey dem hohen glantz, in dem du stehst gezieret, Nicht menschheit, geist und krafft, und wissenschafft verliehret; Doch schliesset schon dein ruhm den allerklügsten mund, So macht ihn doch der welt ein sittsam schweigen kund, Wenn VI. Theil. K
Hochzeit-Getichte. Was? aus dem groſſen geiſt, der, wo er ſich hinlencket,Dir ohne reich ein reich in allen hertzen ſchencket. Thereſia iſt ſchoͤn; doch was von auſſen glaͤntzt, Hat unbegrentzter ruhm durch ſittſamkeit begrentzt, Und finſterniß gemacht durch allzugroſſe ſtrahlen; Die ſonne laͤſt ſich ſehn, und nicht mit farben mahlen. Schoͤn iſt Thereſia: Nichts geht an ſchoͤnheit ihr, Doch ihre tugend noch weit ihrer ſchoͤnheit fuͤr. Was in das auge faͤllt, kan auch das auge truͤgen, Und, wie ein fauler kern in friſchen ſchaalen, liegen; Doch reine tugend bleibt befreyt von dieſem ſpruch. Denn, wie der roſen pracht mit lieblichem geruch Der gantzen gegend zwar beliebte luſt erwecket, Aus ſchamroͤth’ aber ſich mit ihren knoſpen decket, Und bey der demuth nur noch groͤßre zierde weiſt; So pfleget in der welt ein groß-geſinnter geiſt Jn ſtiller ſittſamkeit ſich ſelber zu ergetzen, Wenn jeder ſieht ſein lob, nicht aber weiß zu ſchaͤtzen. Jch ſehe wohl, daß ſie voll ſuͤſſer anmuth iſt: Jch ſehe wohl, daß du bewunderns-wuͤrdig biſt; Doch ihr vollkommner geiſt in zarter jugend-bluͤthe, Bey fuͤrſtlicher geburt, dein fuͤrſtliches gemuͤthe, Die tugend, welche ſich auf ihre ſchoͤnheit gruͤndt, Die ſchoͤnheit, welche ſich bey deiner tugend findt, Und euch im nahmen nur bey andre menſchen ſetzet, Jm weſen aber ſchon vor mehr als menſchen ſchaͤtzet, Durchlauchtes liebes-paar! ſind gaben, welche man Zwar ſehen, aber nicht genugſam ruͤhmen kan: Sind wunder, die ſo ſchwer nach wuͤrden zu beſingen, Als in ein enges faß den Ocean, zu bringen. Kein menſch hat ſolchen geiſt, kein geiſt hat ſolche krafft, Und keine krafft gebiehrt uns ſolche wiſſenſchafft, So bey dem hohen glantz, in dem du ſtehſt gezieret, Nicht menſchheit, geiſt und krafft, und wiſſenſchafft verliehret; Doch ſchlieſſet ſchon dein ruhm den allerkluͤgſten mund, So macht ihn doch der welt ein ſittſam ſchweigen kund, Wenn VI. Theil. K
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Hochzeit-Getichte.
Was? aus dem groſſen geiſt, der, wo er ſich hinlencket,
Dir ohne reich ein reich in allen hertzen ſchencket.
Thereſia iſt ſchoͤn; doch was von auſſen glaͤntzt,
Hat unbegrentzter ruhm durch ſittſamkeit begrentzt,
Und finſterniß gemacht durch allzugroſſe ſtrahlen;
Die ſonne laͤſt ſich ſehn, und nicht mit farben mahlen.
Schoͤn iſt Thereſia: Nichts geht an ſchoͤnheit ihr,
Doch ihre tugend noch weit ihrer ſchoͤnheit fuͤr.
Was in das auge faͤllt, kan auch das auge truͤgen,
Und, wie ein fauler kern in friſchen ſchaalen, liegen;
Doch reine tugend bleibt befreyt von dieſem ſpruch.
Denn, wie der roſen pracht mit lieblichem geruch
Der gantzen gegend zwar beliebte luſt erwecket,
Aus ſchamroͤth’ aber ſich mit ihren knoſpen decket,
Und bey der demuth nur noch groͤßre zierde weiſt;
So pfleget in der welt ein groß-geſinnter geiſt
Jn ſtiller ſittſamkeit ſich ſelber zu ergetzen,
Wenn jeder ſieht ſein lob, nicht aber weiß zu ſchaͤtzen.
Jch ſehe wohl, daß ſie voll ſuͤſſer anmuth iſt:
Jch ſehe wohl, daß du bewunderns-wuͤrdig biſt;
Doch ihr vollkommner geiſt in zarter jugend-bluͤthe,
Bey fuͤrſtlicher geburt, dein fuͤrſtliches gemuͤthe,
Die tugend, welche ſich auf ihre ſchoͤnheit gruͤndt,
Die ſchoͤnheit, welche ſich bey deiner tugend findt,
Und euch im nahmen nur bey andre menſchen ſetzet,
Jm weſen aber ſchon vor mehr als menſchen ſchaͤtzet,
Durchlauchtes liebes-paar! ſind gaben, welche man
Zwar ſehen, aber nicht genugſam ruͤhmen kan:
Sind wunder, die ſo ſchwer nach wuͤrden zu beſingen,
Als in ein enges faß den Ocean, zu bringen.
Kein menſch hat ſolchen geiſt, kein geiſt hat ſolche krafft,
Und keine krafft gebiehrt uns ſolche wiſſenſchafft,
So bey dem hohen glantz, in dem du ſtehſt gezieret,
Nicht menſchheit, geiſt und krafft, und wiſſenſchafft verliehret;
Doch ſchlieſſet ſchon dein ruhm den allerkluͤgſten mund,
So macht ihn doch der welt ein ſittſam ſchweigen kund,
Wenn
VI. Theil. K
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