Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Hochzeit-Getichte. Hätt' er ihr gut verpraßt, so soll sie dennoch gehn,Und vor der gantzen welt sein falsches lob erhöhn? O Max! hier find ich nichts. Komm, laß uns weiter wandern! Ja, sprichst du, halte doch nur eines zu dem andern; GOtt hat gleichwohl den mann des weibes herr genannt; Gar recht; Und Paulus hat ihn für ihr haupt erkannt. Was aber folgt hieraus? Wer andern will gebieten, Muß selber dienstbar seyn, und sich für hochmuth hüten. Ein wahrer könig sucht der unterthanen heil: Das haupt erzörnet sich nicht auf ein kleiner theil. Es träget mit geduld die schwäche seiner glieder, Empfindet, was sie schmertzt, quält aber sie nicht wieder. Ach wie gar wenig sind doch dieses titels werth! Wie offt trifft allhier ein, was jenes weib erklärt, Als sie das wörtgen Herr im drücken umgesetzet. Mein Max! verzeihe mir, wo dich das wort verletzet! Du kennst Celinden wohl. Celinden? Cajus Frau? Ja die den ersten tag, gleichwie ein morgen-thau, Sein dürres hertz erquickt, itzt aber seufftzt und weinet, Daß sie zwar andern schön, ihm aber heßlich scheinet. Was thut Krumpisicus, der durch betrug und list Und kuppel-künste kaum zum manne worden ist? Er hat ein reiches weib: er lebt von ihren zinsen; Doch, fordert sie ein kleid? so fängt er an zu grinsen, Als wie ein junger wolff, der auf die lämmer laurt; Je mehr sie sich beklagt, je mehr er sie bedaurt. Jnzwischen giebt er nicht, was er doch solte geben. Was will die ärmste thun? Soll sie mit ehren leben, So nimmt sie bey der nacht, was ihr der tag versagt. Wie wird Lucilia vom Chremes nicht geplagt? Sein alter ziegen-bart war reiff genug zum grabe; Doch sprach er: Wo ich nicht ein junges weibgen habe, So sterb ich vor der zeit. Er hat sie; aber wie? Vor aß er noch mit ruh; itzt drückt ihn angst und müh. Warum? sie ist zu schön. Wie bald wär es geschehen, Daß sie den Silvius am fenster könte sehen! Drum
Hochzeit-Getichte. Haͤtt’ er ihr gut verpraßt, ſo ſoll ſie dennoch gehn,Und vor der gantzen welt ſein falſches lob erhoͤhn? O Max! hier find ich nichts. Komm, laß uns weiter wandern! Ja, ſprichſt du, halte doch nur eines zu dem andern; GOtt hat gleichwohl den mann des weibes herꝛ genannt; Gar recht; Und Paulus hat ihn fuͤr ihr haupt erkannt. Was aber folgt hieraus? Wer andern will gebieten, Muß ſelber dienſtbar ſeyn, und ſich fuͤr hochmuth huͤten. Ein wahrer koͤnig ſucht der unterthanen heil: Das haupt erzoͤrnet ſich nicht auf ein kleiner theil. Es traͤget mit geduld die ſchwaͤche ſeiner glieder, Empfindet, was ſie ſchmertzt, quaͤlt aber ſie nicht wieder. Ach wie gar wenig ſind doch dieſes titels werth! Wie offt trifft allhier ein, was jenes weib erklaͤrt, Als ſie das woͤrtgen Herꝛ im druͤcken umgeſetzet. Mein Max! verzeihe mir, wo dich das wort verletzet! Du kennſt Celinden wohl. Celinden? Cajus Frau? Ja die den erſten tag, gleichwie ein morgen-thau, Sein duͤrres hertz erquickt, itzt aber ſeufftzt und weinet, Daß ſie zwar andern ſchoͤn, ihm aber heßlich ſcheinet. Was thut Krumpiſicus, der durch betrug und liſt Und kuppel-kuͤnſte kaum zum manne worden iſt? Er hat ein reiches weib: er lebt von ihren zinſen; Doch, fordert ſie ein kleid? ſo faͤngt er an zu grinſen, Als wie ein junger wolff, der auf die laͤmmer laurt; Je mehr ſie ſich beklagt, je mehr er ſie bedaurt. Jnzwiſchen giebt er nicht, was er doch ſolte geben. Was will die aͤrmſte thun? Soll ſie mit ehren leben, So nimmt ſie bey der nacht, was ihr der tag verſagt. Wie wird Lucilia vom Chremes nicht geplagt? Sein alter ziegen-bart war reiff genug zum grabe; Doch ſprach er: Wo ich nicht ein junges weibgen habe, So ſterb ich vor der zeit. Er hat ſie; aber wie? Vor aß er noch mit ruh; itzt druͤckt ihn angſt und muͤh. Warum? ſie iſt zu ſchoͤn. Wie bald waͤr es geſchehen, Daß ſie den Silvius am fenſter koͤnte ſehen! Drum
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Hochzeit-Getichte.
Haͤtt’ er ihr gut verpraßt, ſo ſoll ſie dennoch gehn,
Und vor der gantzen welt ſein falſches lob erhoͤhn?
O Max! hier find ich nichts. Komm, laß uns weiter wandern!
Ja, ſprichſt du, halte doch nur eines zu dem andern;
GOtt hat gleichwohl den mann des weibes herꝛ genannt;
Gar recht; Und Paulus hat ihn fuͤr ihr haupt erkannt.
Was aber folgt hieraus? Wer andern will gebieten,
Muß ſelber dienſtbar ſeyn, und ſich fuͤr hochmuth huͤten.
Ein wahrer koͤnig ſucht der unterthanen heil:
Das haupt erzoͤrnet ſich nicht auf ein kleiner theil.
Es traͤget mit geduld die ſchwaͤche ſeiner glieder,
Empfindet, was ſie ſchmertzt, quaͤlt aber ſie nicht wieder.
Ach wie gar wenig ſind doch dieſes titels werth!
Wie offt trifft allhier ein, was jenes weib erklaͤrt,
Als ſie das woͤrtgen Herꝛ im druͤcken umgeſetzet.
Mein Max! verzeihe mir, wo dich das wort verletzet!
Du kennſt Celinden wohl. Celinden? Cajus Frau?
Ja die den erſten tag, gleichwie ein morgen-thau,
Sein duͤrres hertz erquickt, itzt aber ſeufftzt und weinet,
Daß ſie zwar andern ſchoͤn, ihm aber heßlich ſcheinet.
Was thut Krumpiſicus, der durch betrug und liſt
Und kuppel-kuͤnſte kaum zum manne worden iſt?
Er hat ein reiches weib: er lebt von ihren zinſen;
Doch, fordert ſie ein kleid? ſo faͤngt er an zu grinſen,
Als wie ein junger wolff, der auf die laͤmmer laurt;
Je mehr ſie ſich beklagt, je mehr er ſie bedaurt.
Jnzwiſchen giebt er nicht, was er doch ſolte geben.
Was will die aͤrmſte thun? Soll ſie mit ehren leben,
So nimmt ſie bey der nacht, was ihr der tag verſagt.
Wie wird Lucilia vom Chremes nicht geplagt?
Sein alter ziegen-bart war reiff genug zum grabe;
Doch ſprach er: Wo ich nicht ein junges weibgen habe,
So ſterb ich vor der zeit. Er hat ſie; aber wie?
Vor aß er noch mit ruh; itzt druͤckt ihn angſt und muͤh.
Warum? ſie iſt zu ſchoͤn. Wie bald waͤr es geſchehen,
Daß ſie den Silvius am fenſter koͤnte ſehen!
Drum
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