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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Hochzeit-Gedichte.
Der vogel schaut den leim, und will gefangen seyn;
Das schnelle reh das garn, so ihm die jäger stellen:
So stürtzt auch, der da liebt, mit willen in die noth,
Und will das gifft ihm selbst zu seinem tode kochen.
Armseelger aberwitz! der perlen in dem koth,
Und lebens-blumen sucht bey dürren todten-knochen!
Furcht und verzweiffelung sind seine folterbanck,
Der fels, woran offt ehr und tugend scheitern müssen,
Wenn das verhängniß ihm itzt reicht den gallen-tranck,
Die sterne seiner lust vor ihm die augen schliessen.
Mein schwacher kiel erbebt, die hand wird eiß und stein;
Der starre mund steht an die mittel zu berühren,
Wodurch Jdalia, die ihr gewidmet seyn,
Nach zweiffelhafften sturm will in den hafen führen.
Man steigt zum grausen Styx durch fremder wörter macht,
Und nimmt den Radamanth zum artzt der liebes-wunden,
Der seelen bezoar wird leyder! schlecht geacht,
Wenn nur ein recipe wird vor den leib gefunden.
Das schwartze zauber-spiel sucht bey den geistsrn rath,
Wo ein bekanter weg sich in viel straßen theilet.
Es weiß das große Rom, was dort Palumbus that,
Wenn sein verfluchter brieff verliebter pein geheilet.
Was mehr? der tolle grimm fällt auch die todten an,
Bricht grufft und gräber auf, und raast in kalte leichen,
Dem soll ein menschen-hertz und was nicht helffen kan,
Aus Amors rosen-feld, der wohllust mandeln reichen.
Verdammte raserey! unseelige begier!
Wie! schreckt kein donner euch, entbrannte laster-seelen?
Mahlt euch der zeiten lauff kein blutig beyspiel für,
Zwingt euch kein brennend bild der höll'schen marter-hölen?
Der porcellan zerspringt durch eingestreutes gifft,
Man kan durch warmes blut den festen demant schwächen.
Wie! kan, was gifft und blut, ja schlangen übertrifft,
Nicht auch den kieselstein befleckter sinnen brechen?
Allein wo komm ich hin? wo will der reim hinaus?!
Welch nebel hält verhüllt den spiegel unsrer sinnen?
So irrt auf wilder see ein leichtes fichten-hauß;
So schwärmt das wollen-vieh von seinen schäferinnen.
Ver-
F 5
Hochzeit-Gedichte.
Der vogel ſchaut den leim, und will gefangen ſeyn;
Das ſchnelle reh das garn, ſo ihm die jaͤger ſtellen:
So ſtuͤrtzt auch, der da liebt, mit willen in die noth,
Und will das gifft ihm ſelbſt zu ſeinem tode kochen.
Armſeelger aberwitz! der perlen in dem koth,
Und lebens-blumen ſucht bey duͤrren todten-knochen!
Furcht und verzweiffelung ſind ſeine folterbanck,
Der fels, woran offt ehr und tugend ſcheitern muͤſſen,
Wenn das verhaͤngniß ihm itzt reicht den gallen-tranck,
Die ſterne ſeiner luſt vor ihm die augen ſchlieſſen.
Mein ſchwacher kiel erbebt, die hand wird eiß und ſtein;
Der ſtarre mund ſteht an die mittel zu beruͤhren,
Wodurch Jdalia, die ihr gewidmet ſeyn,
Nach zweiffelhafften ſturm will in den hafen fuͤhren.
Man ſteigt zum grauſen Styx durch fremder woͤrter macht,
Und nimmt den Radamanth zum artzt der liebes-wunden,
Der ſeelen bezoar wird leyder! ſchlecht geacht,
Wenn nur ein recipe wird vor den leib gefunden.
Das ſchwartze zauber-ſpiel ſucht bey den geiſtsrn rath,
Wo ein bekanter weg ſich in viel ſtraßen theilet.
Es weiß das große Rom, was dort Palumbus that,
Wenn ſein verfluchter brieff verliebter pein geheilet.
Was mehr? der tolle grimm faͤllt auch die todten an,
Bricht grufft und graͤber auf, und raaſt in kalte leichen,
Dem ſoll ein menſchen-hertz und was nicht helffen kan,
Aus Amors roſen-feld, der wohlluſt mandeln reichen.
Verdammte raſerey! unſeelige begier!
Wie! ſchreckt kein donner euch, entbrannte laſter-ſeelen?
Mahlt euch der zeiten lauff kein blutig beyſpiel fuͤr,
Zwingt euch kein brennend bild der hoͤll’ſchen marter-hoͤlen?
Der porcellan zerſpringt durch eingeſtreutes gifft,
Man kan durch warmes blut den feſten demant ſchwaͤchen.
Wie! kan, was gifft und blut, ja ſchlangen uͤbertrifft,
Nicht auch den kieſelſtein befleckter ſinnen brechen?
Allein wo komm ich hin? wo will der reim hinaus?!
Welch nebel haͤlt verhuͤllt den ſpiegel unſrer ſinnen?
So irrt auf wilder ſee ein leichtes fichten-hauß;
So ſchwaͤrmt das wollen-vieh von ſeinen ſchaͤferinnen.
Ver-
F 5
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[89/0091] Hochzeit-Gedichte. Der vogel ſchaut den leim, und will gefangen ſeyn; Das ſchnelle reh das garn, ſo ihm die jaͤger ſtellen: So ſtuͤrtzt auch, der da liebt, mit willen in die noth, Und will das gifft ihm ſelbſt zu ſeinem tode kochen. Armſeelger aberwitz! der perlen in dem koth, Und lebens-blumen ſucht bey duͤrren todten-knochen! Furcht und verzweiffelung ſind ſeine folterbanck, Der fels, woran offt ehr und tugend ſcheitern muͤſſen, Wenn das verhaͤngniß ihm itzt reicht den gallen-tranck, Die ſterne ſeiner luſt vor ihm die augen ſchlieſſen. Mein ſchwacher kiel erbebt, die hand wird eiß und ſtein; Der ſtarre mund ſteht an die mittel zu beruͤhren, Wodurch Jdalia, die ihr gewidmet ſeyn, Nach zweiffelhafften ſturm will in den hafen fuͤhren. Man ſteigt zum grauſen Styx durch fremder woͤrter macht, Und nimmt den Radamanth zum artzt der liebes-wunden, Der ſeelen bezoar wird leyder! ſchlecht geacht, Wenn nur ein recipe wird vor den leib gefunden. Das ſchwartze zauber-ſpiel ſucht bey den geiſtsrn rath, Wo ein bekanter weg ſich in viel ſtraßen theilet. Es weiß das große Rom, was dort Palumbus that, Wenn ſein verfluchter brieff verliebter pein geheilet. Was mehr? der tolle grimm faͤllt auch die todten an, Bricht grufft und graͤber auf, und raaſt in kalte leichen, Dem ſoll ein menſchen-hertz und was nicht helffen kan, Aus Amors roſen-feld, der wohlluſt mandeln reichen. Verdammte raſerey! unſeelige begier! Wie! ſchreckt kein donner euch, entbrannte laſter-ſeelen? Mahlt euch der zeiten lauff kein blutig beyſpiel fuͤr, Zwingt euch kein brennend bild der hoͤll’ſchen marter-hoͤlen? Der porcellan zerſpringt durch eingeſtreutes gifft, Man kan durch warmes blut den feſten demant ſchwaͤchen. Wie! kan, was gifft und blut, ja ſchlangen uͤbertrifft, Nicht auch den kieſelſtein befleckter ſinnen brechen? Allein wo komm ich hin? wo will der reim hinaus?! Welch nebel haͤlt verhuͤllt den ſpiegel unſrer ſinnen? So irrt auf wilder ſee ein leichtes fichten-hauß; So ſchwaͤrmt das wollen-vieh von ſeinen ſchaͤferinnen. Ver- F 5

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/91>, abgerufen am 12.12.2024.