Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Galante und Wie? wacht sie irgend auf? mich deucht, daß sie sich regte,Und daß ihr athem sich etwas zu sehr bewegte, Als eines, der sich nun dem schlaf entziehen will, Und dessen müdigkeit erreicht ein besser ziel. Doch nein, sie schläft ja noch, und zwar so ziemlich feste, Sie schläft, und dieses ist vor mich itzt auch das beste, Sonst würd es schlecht bestellt um ihre gnade seyn, Jch glaub, ich schusterte heut alle wollust ein. Denn daß ich mich allhier bey diesem lieben kinde, Und da ihr bein entblöft, alleine nur befinde, Das nähme sie wohl nicht zum allerbesten an, Und dächte, wunder! was ich irgend ihr gethan. Die furcht bemeistert mich, ich werde müssen weichen, Eh noch ein sturm-wind kan in meinen vorsatz streichen; Doch eh ich weiter geh, so nimm, o schönster fuß! Von mir, zur danckbarkeit, den höchst-verpflichten kuß. Und du, sein bestes theil, du marmel-gleiche wade! Vergönne, daß ich dich mit einem auch belade, Wer weiß, obs noch einmal so das geschicke schickt, Daß mich dein bloßer blick wie diesesmal erquickt. Nun laß noch meine hand an deine liljen fühlen, Laß eine männer-hand mit deinem fleische spielen: Wie gerne zwickt ich dich aus brünstiger begier, So sehr, als es erlaubt; doch nein es möchte hier, Die schöne schlafende zu balde munter werden, Und auch mit ihr, vor mich die zornigen gebehrden, Drum muß ichs lassen seyn. Ein theil der klugheit ist, Wer in dem lieben ihm die mäßigkeit erkiest. Was mach ich? bleib ich hier? wie? oder soll ich gehen? Wie? oder soll ich nur da in der nähe stehen, Wo ich sie sehen kan? was faß ich hier vor rath? Jch geh, weil sich mein sinn zu was entschlossen hat. Jhr grünlich scheinenden und fast betrübten fluthen, An deren ufer hier fast wider mein vermuthen, Die schöne Clelie im süßen schlummer liegt, Der sie, als wie ein kind, in einer wiege wiegt; Euch bitt ich, tretet her, zu dem entblösten beine, Und last mir meinen trost bey leibe nicht alleine; Verzeiht
Galante und Wie? wacht ſie irgend auf? mich deucht, daß ſie ſich regte,Und daß ihr athem ſich etwas zu ſehr bewegte, Als eines, der ſich nun dem ſchlaf entziehen will, Und deſſen muͤdigkeit erreicht ein beſſer ziel. Doch nein, ſie ſchlaͤft ja noch, und zwar ſo ziemlich feſte, Sie ſchlaͤft, und dieſes iſt vor mich itzt auch das beſte, Sonſt wuͤrd es ſchlecht beſtellt um ihre gnade ſeyn, Jch glaub, ich ſchuſterte heut alle wolluſt ein. Denn daß ich mich allhier bey dieſem lieben kinde, Und da ihr bein entbloͤft, alleine nur befinde, Das naͤhme ſie wohl nicht zum allerbeſten an, Und daͤchte, wunder! was ich irgend ihr gethan. Die furcht bemeiſtert mich, ich werde muͤſſen weichen, Eh noch ein ſturm-wind kan in meinen vorſatz ſtreichen; Doch eh ich weiter geh, ſo nimm, o ſchoͤnſter fuß! Von mir, zur danckbarkeit, den hoͤchſt-verpflichten kuß. Und du, ſein beſtes theil, du marmel-gleiche wade! Vergoͤnne, daß ich dich mit einem auch belade, Wer weiß, obs noch einmal ſo das geſchicke ſchickt, Daß mich dein bloßer blick wie dieſesmal erquickt. Nun laß noch meine hand an deine liljen fuͤhlen, Laß eine maͤnner-hand mit deinem fleiſche ſpielen: Wie gerne zwickt ich dich aus bruͤnſtiger begier, So ſehr, als es erlaubt; doch nein es moͤchte hier, Die ſchoͤne ſchlafende zu balde munter werden, Und auch mit ihr, vor mich die zornigen gebehrden, Drum muß ichs laſſen ſeyn. Ein theil der klugheit iſt, Wer in dem lieben ihm die maͤßigkeit erkieſt. Was mach ich? bleib ich hier? wie? oder ſoll ich gehen? Wie? oder ſoll ich nur da in der naͤhe ſtehen, Wo ich ſie ſehen kan? was faß ich hier vor rath? Jch geh, weil ſich mein ſinn zu was entſchloſſen hat. Jhr gruͤnlich ſcheinenden und faſt betruͤbten fluthen, An deren ufer hier faſt wider mein vermuthen, Die ſchoͤne Clelie im ſuͤßen ſchlummer liegt, Der ſie, als wie ein kind, in einer wiege wiegt; Euch bitt ich, tretet her, zu dem entbloͤſten beine, Und laſt mir meinen troſt bey leibe nicht alleine; Verzeiht
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Galante und
Wie? wacht ſie irgend auf? mich deucht, daß ſie ſich regte,
Und daß ihr athem ſich etwas zu ſehr bewegte,
Als eines, der ſich nun dem ſchlaf entziehen will,
Und deſſen muͤdigkeit erreicht ein beſſer ziel.
Doch nein, ſie ſchlaͤft ja noch, und zwar ſo ziemlich feſte,
Sie ſchlaͤft, und dieſes iſt vor mich itzt auch das beſte,
Sonſt wuͤrd es ſchlecht beſtellt um ihre gnade ſeyn,
Jch glaub, ich ſchuſterte heut alle wolluſt ein.
Denn daß ich mich allhier bey dieſem lieben kinde,
Und da ihr bein entbloͤft, alleine nur befinde,
Das naͤhme ſie wohl nicht zum allerbeſten an,
Und daͤchte, wunder! was ich irgend ihr gethan.
Die furcht bemeiſtert mich, ich werde muͤſſen weichen,
Eh noch ein ſturm-wind kan in meinen vorſatz ſtreichen;
Doch eh ich weiter geh, ſo nimm, o ſchoͤnſter fuß!
Von mir, zur danckbarkeit, den hoͤchſt-verpflichten kuß.
Und du, ſein beſtes theil, du marmel-gleiche wade!
Vergoͤnne, daß ich dich mit einem auch belade,
Wer weiß, obs noch einmal ſo das geſchicke ſchickt,
Daß mich dein bloßer blick wie dieſesmal erquickt.
Nun laß noch meine hand an deine liljen fuͤhlen,
Laß eine maͤnner-hand mit deinem fleiſche ſpielen:
Wie gerne zwickt ich dich aus bruͤnſtiger begier,
So ſehr, als es erlaubt; doch nein es moͤchte hier,
Die ſchoͤne ſchlafende zu balde munter werden,
Und auch mit ihr, vor mich die zornigen gebehrden,
Drum muß ichs laſſen ſeyn. Ein theil der klugheit iſt,
Wer in dem lieben ihm die maͤßigkeit erkieſt.
Was mach ich? bleib ich hier? wie? oder ſoll ich gehen?
Wie? oder ſoll ich nur da in der naͤhe ſtehen,
Wo ich ſie ſehen kan? was faß ich hier vor rath?
Jch geh, weil ſich mein ſinn zu was entſchloſſen hat.
Jhr gruͤnlich ſcheinenden und faſt betruͤbten fluthen,
An deren ufer hier faſt wider mein vermuthen,
Die ſchoͤne Clelie im ſuͤßen ſchlummer liegt,
Der ſie, als wie ein kind, in einer wiege wiegt;
Euch bitt ich, tretet her, zu dem entbloͤſten beine,
Und laſt mir meinen troſt bey leibe nicht alleine;
Verzeiht
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