Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Leanders aus Schlesien Ein von uns entfernter freundWird billich stets beweint. 2. Alles scheinet trübe,Wo uns das licht gebricht: Und entfernte liebe Vergnügt die freunde nicht. Thyrsis sitzt nun gantz allein, Wie kan er frölich seyn? 3. Schmeckt auch eine pfeiffe,Wenn man sie einsam raucht? Wenn ich sie ergreiffe, So wird ja wol geschmaucht; Doch sie ist kaum angebrannt, So fällt sie aus der hand. 4. Holde morgen-stunden!Jhr seyd mir lauter nacht. Damon ist verschwunden, Der euch beliebt gemacht; Damon, der so niedlich fang, Wenn meine zitter klang. 5. Jhr gewünschten nächte,Seyd wie der rauch zerstreut. Wer euch wiederbrächte, Dämpfft' alle traurigkeit. Aber dieser hoffnung kind Jst lauter dunst und wind. 6. Daß doch freunde scheiden,Die sich so wohl begehn! Darff
Leanders aus Schleſien Ein von uns entfernter freundWird billich ſtets beweint. 2. Alles ſcheinet truͤbe,Wo uns das licht gebricht: Und entfernte liebe Vergnuͤgt die freunde nicht. Thyrſis ſitzt nun gantz allein, Wie kan er froͤlich ſeyn? 3. Schmeckt auch eine pfeiffe,Wenn man ſie einſam raucht? Wenn ich ſie ergreiffe, So wird ja wol geſchmaucht; Doch ſie iſt kaum angebrannt, So faͤllt ſie aus der hand. 4. Holde morgen-ſtunden!Jhr ſeyd mir lauter nacht. Damon iſt verſchwunden, Der euch beliebt gemacht; Damon, der ſo niedlich fang, Wenn meine zitter klang. 5. Jhr gewuͤnſchten naͤchte,Seyd wie der rauch zerſtreut. Wer euch wiederbraͤchte, Daͤmpfft’ alle traurigkeit. Aber dieſer hoffnung kind Jſt lauter dunſt und wind. 6. Daß doch freunde ſcheiden,Die ſich ſo wohl begehn! Darff
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Leanders aus Schleſien
Ein von uns entfernter freund
Wird billich ſtets beweint.
2.
Alles ſcheinet truͤbe,
Wo uns das licht gebricht:
Und entfernte liebe
Vergnuͤgt die freunde nicht.
Thyrſis ſitzt nun gantz allein,
Wie kan er froͤlich ſeyn?
3.
Schmeckt auch eine pfeiffe,
Wenn man ſie einſam raucht?
Wenn ich ſie ergreiffe,
So wird ja wol geſchmaucht;
Doch ſie iſt kaum angebrannt,
So faͤllt ſie aus der hand.
4.
Holde morgen-ſtunden!
Jhr ſeyd mir lauter nacht.
Damon iſt verſchwunden,
Der euch beliebt gemacht;
Damon, der ſo niedlich fang,
Wenn meine zitter klang.
5.
Jhr gewuͤnſchten naͤchte,
Seyd wie der rauch zerſtreut.
Wer euch wiederbraͤchte,
Daͤmpfft’ alle traurigkeit.
Aber dieſer hoffnung kind
Jſt lauter dunſt und wind.
6.
Daß doch freunde ſcheiden,
Die ſich ſo wohl begehn!
Darff
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