Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Vermischte Gedichte. * * EJn Milo brüstet sich, denn er kan ochsen tragen:Ein schwacher David stürtzt den stärcksten Goliath. Dort geht ein elephant, der riesen auf sich hat. Und wellen können auch Colossen niederschlagen. Was well' und wind nicht kan, das thut der zeiten lauf. Die weide, so sich biegt, kan harte kiefern trutzen; Doch wenn die weiden schon mit schlancken zweigen stutzen, So reibt sie doch die glut so wol, als kiefern, auf. * * WEiß man die danckbarkeit nicht überall zu loben?Jndessen läst sie sich an wenig orten sehn. So lange Damons wind' in deine segel wehn, Und du noch hoffnung hast, wird jener stets erhoben. Hast du die wohlthat weg, so mag er ewig ruhn: So will kein Criton mehr sich, wie vorhin beqvemen. Was du dich nicht geschämt vom Damon anzunehmen, Das schämst du dich hernach ihm wieder anzuthun. * * DJe eigenlieb ist doch die allerdümmste liebe!Und dennoch opffert ihr selbst die gelehrte welt. Wohl diesem, dem das lob der schmeichler nicht gefällt! Ach wenn doch Barbon nicht noch länger bücher schriebe! Er ist zu arm an witz; Kurtz: er ist gar nicht klug. An reichthum fehlt ihm nichts, GOtt hat ihm viel beschieden; Jnzwischen ist der narr mit diesem schlecht zufrieden, An jenem aber hat sein hertze gar genug. * * DU bist nicht mehr so geil, drum willst du heilig heissen:Drum denckst du bey dir selbst: nun hab' ich mich be- kehrt; Nun
Vermiſchte Gedichte. * * EJn Milo bruͤſtet ſich, denn er kan ochſen tragen:Ein ſchwacher David ſtuͤrtzt den ſtaͤrckſten Goliath. Dort geht ein elephant, der rieſen auf ſich hat. Und wellen koͤnnen auch Coloſſen niederſchlagen. Was well’ und wind nicht kan, das thut der zeiten lauf. Die weide, ſo ſich biegt, kan harte kiefern trutzen; Doch wenn die weiden ſchon mit ſchlancken zweigen ſtutzen, So reibt ſie doch die glut ſo wol, als kiefern, auf. * * WEiß man die danckbarkeit nicht uͤberall zu loben?Jndeſſen laͤſt ſie ſich an wenig orten ſehn. So lange Damons wind’ in deine ſegel wehn, Und du noch hoffnung haſt, wird jener ſtets erhoben. Haſt du die wohlthat weg, ſo mag er ewig ruhn: So will kein Criton mehr ſich, wie vorhin beqvemen. Was du dich nicht geſchaͤmt vom Damon anzunehmen, Das ſchaͤmſt du dich hernach ihm wieder anzuthun. * * DJe eigenlieb iſt doch die allerduͤmmſte liebe!Und dennoch opffert ihr ſelbſt die gelehrte welt. Wohl dieſem, dem das lob der ſchmeichler nicht gefaͤllt! Ach wenn doch Barbon nicht noch laͤnger buͤcher ſchriebe! Er iſt zu arm an witz; Kurtz: er iſt gar nicht klug. An reichthum fehlt ihm nichts, GOtt hat ihm viel beſchieden; Jnzwiſchen iſt der narr mit dieſem ſchlecht zufrieden, An jenem aber hat ſein hertze gar genug. * * DU biſt nicht mehr ſo geil, drum willſt du heilig heiſſen:Drum denckſt du bey dir ſelbſt: nun hab’ ich mich be- kehrt; Nun
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Vermiſchte Gedichte.
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EJn Milo bruͤſtet ſich, denn er kan ochſen tragen:
Ein ſchwacher David ſtuͤrtzt den ſtaͤrckſten Goliath.
Dort geht ein elephant, der rieſen auf ſich hat.
Und wellen koͤnnen auch Coloſſen niederſchlagen.
Was well’ und wind nicht kan, das thut der zeiten lauf.
Die weide, ſo ſich biegt, kan harte kiefern trutzen;
Doch wenn die weiden ſchon mit ſchlancken zweigen ſtutzen,
So reibt ſie doch die glut ſo wol, als kiefern, auf.
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WEiß man die danckbarkeit nicht uͤberall zu loben?
Jndeſſen laͤſt ſie ſich an wenig orten ſehn.
So lange Damons wind’ in deine ſegel wehn,
Und du noch hoffnung haſt, wird jener ſtets erhoben.
Haſt du die wohlthat weg, ſo mag er ewig ruhn:
So will kein Criton mehr ſich, wie vorhin beqvemen.
Was du dich nicht geſchaͤmt vom Damon anzunehmen,
Das ſchaͤmſt du dich hernach ihm wieder anzuthun.
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DJe eigenlieb iſt doch die allerduͤmmſte liebe!
Und dennoch opffert ihr ſelbſt die gelehrte welt.
Wohl dieſem, dem das lob der ſchmeichler nicht gefaͤllt!
Ach wenn doch Barbon nicht noch laͤnger buͤcher ſchriebe!
Er iſt zu arm an witz; Kurtz: er iſt gar nicht klug.
An reichthum fehlt ihm nichts, GOtt hat ihm viel beſchieden;
Jnzwiſchen iſt der narr mit dieſem ſchlecht zufrieden,
An jenem aber hat ſein hertze gar genug.
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DU biſt nicht mehr ſo geil, drum willſt du heilig heiſſen:
Drum denckſt du bey dir ſelbſt: nun hab’ ich mich be-
kehrt;
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