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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Leanders aus Schlesien
4.
Was hilfft es, wenn wir gleich beständig disputiren,
Ob, warum, und wie GOtt dreyeinig ist und heist?
Wenn unser hertze sich der demuth nicht befleißt,
Ohn welche wir umsonst den Christen-namen führen.
Denn Christus lehret uns: daß zanck und stoltz, der welt,
Und dem Drey-Einigen nur demuth wohl gefällt.
5.
Der ausdruck hoher wort und spitziger gedancken
Macht keinen Heiligen und keinen Christen nicht.
GOtt sieht mehr, was man thut, als was die lippe spricht.
Wer mit der sünde kämpfft, und in den tugend-schrancken
Den fieges-preiß gewinnt, und GOtt die ehre giebt,
Der ist allein der mann, den JEsus ehrt und liebt.
6.
Weiß ich die buße gleich nicht künstlich zu beschreiben;
Genug: daß buß und reu mein hertze kräfftig rührt.
Hast du die bibel schon bis auf den band studirt,
Und alle wissenschafft, die ketzer einzutreiben;
So ist es gleichwol nichts, so viel du auch gefaßt,
Wo du nicht GOttes gnad, und lieb, und glauben hast.
7.
Die höchste weisheit ist GOtt lieben und ihm dienen,
Und vor das himmelreich das reich der welt verschmähn.
Denn die auf eitle schätz und ehr' und wohllust sehn,
Erwehlen sand und koth vor perlen und rubinen.
Der ist ein großer thor, und hat sehr weit gefehlt,
Der vor die ewigkeit, was zeitlich ist, erwehlt.
8.
O tolle raserey! man sucht ein langes leben,
Und giebt der heiligkeit des lebens gute nacht;
So wird der lebens-brunn, des HErren wort, verlacht,
Jndem die sterblichen an todter erde kleben.
Man eilt den freunden nach, die wie der schnee zergehn;
Und die beständig sind, die läst man gerne stehn.
9. Doch
Leanders aus Schleſien
4.
Was hilfft es, wenn wir gleich beſtaͤndig diſputiren,
Ob, warum, und wie GOtt dreyeinig iſt und heiſt?
Wenn unſer hertze ſich der demuth nicht befleißt,
Ohn welche wir umſonſt den Chriſten-namen fuͤhren.
Denn Chriſtus lehret uns: daß zanck und ſtoltz, der welt,
Und dem Drey-Einigen nur demuth wohl gefaͤllt.
5.
Der ausdruck hoher wort und ſpitziger gedancken
Macht keinen Heiligen und keinen Chriſten nicht.
GOtt ſieht mehr, was man thut, als was die lippe ſpricht.
Wer mit der ſuͤnde kaͤmpfft, und in den tugend-ſchrancken
Den fieges-preiß gewinnt, und GOtt die ehre giebt,
Der iſt allein der mann, den JEſus ehrt und liebt.
6.
Weiß ich die buße gleich nicht kuͤnſtlich zu beſchreiben;
Genug: daß buß und reu mein hertze kraͤfftig ruͤhrt.
Haſt du die bibel ſchon bis auf den band ſtudirt,
Und alle wiſſenſchafft, die ketzer einzutreiben;
So iſt es gleichwol nichts, ſo viel du auch gefaßt,
Wo du nicht GOttes gnad, und lieb, und glauben haſt.
7.
Die hoͤchſte weisheit iſt GOtt lieben und ihm dienen,
Und vor das himmelreich das reich der welt verſchmaͤhn.
Denn die auf eitle ſchaͤtz und ehr’ und wohlluſt ſehn,
Erwehlen ſand und koth vor perlen und rubinen.
Der iſt ein großer thor, und hat ſehr weit gefehlt,
Der vor die ewigkeit, was zeitlich iſt, erwehlt.
8.
O tolle raſerey! man ſucht ein langes leben,
Und giebt der heiligkeit des lebens gute nacht;
So wird der lebens-brunn, des HErren wort, verlacht,
Jndem die ſterblichen an todter erde kleben.
Man eilt den freunden nach, die wie der ſchnee zergehn;
Und die beſtaͤndig ſind, die laͤſt man gerne ſtehn.
9. Doch
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[274/0276] Leanders aus Schleſien 4. Was hilfft es, wenn wir gleich beſtaͤndig diſputiren, Ob, warum, und wie GOtt dreyeinig iſt und heiſt? Wenn unſer hertze ſich der demuth nicht befleißt, Ohn welche wir umſonſt den Chriſten-namen fuͤhren. Denn Chriſtus lehret uns: daß zanck und ſtoltz, der welt, Und dem Drey-Einigen nur demuth wohl gefaͤllt. 5. Der ausdruck hoher wort und ſpitziger gedancken Macht keinen Heiligen und keinen Chriſten nicht. GOtt ſieht mehr, was man thut, als was die lippe ſpricht. Wer mit der ſuͤnde kaͤmpfft, und in den tugend-ſchrancken Den fieges-preiß gewinnt, und GOtt die ehre giebt, Der iſt allein der mann, den JEſus ehrt und liebt. 6. Weiß ich die buße gleich nicht kuͤnſtlich zu beſchreiben; Genug: daß buß und reu mein hertze kraͤfftig ruͤhrt. Haſt du die bibel ſchon bis auf den band ſtudirt, Und alle wiſſenſchafft, die ketzer einzutreiben; So iſt es gleichwol nichts, ſo viel du auch gefaßt, Wo du nicht GOttes gnad, und lieb, und glauben haſt. 7. Die hoͤchſte weisheit iſt GOtt lieben und ihm dienen, Und vor das himmelreich das reich der welt verſchmaͤhn. Denn die auf eitle ſchaͤtz und ehr’ und wohlluſt ſehn, Erwehlen ſand und koth vor perlen und rubinen. Der iſt ein großer thor, und hat ſehr weit gefehlt, Der vor die ewigkeit, was zeitlich iſt, erwehlt. 8. O tolle raſerey! man ſucht ein langes leben, Und giebt der heiligkeit des lebens gute nacht; So wird der lebens-brunn, des HErren wort, verlacht, Jndem die ſterblichen an todter erde kleben. Man eilt den freunden nach, die wie der ſchnee zergehn; Und die beſtaͤndig ſind, die laͤſt man gerne ſtehn. 9. Doch

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/276>, abgerufen am 23.11.2024.