Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Verliebte und Galante Gedichte. Als die liebe sein hertz entzündet. HAst du mein hertze dir zur herberg ausersehn;So sage mir, o blinder Cypripor! Weßwegen nimmst du denn so tolle streiche vor, Daß du mit eigner hand dein eigen haus verbrennest. Nun seh ich, daß du auch Selbst deinen nutzen nicht erkennest; Denn dencke doch, ist dis so dein gebrauch, Wer wird sich wol hinfort beqvemen, Dich in sein haus, ja gar ins hertz zu nehmen? Als er auf dem wege zu Flavien begriffen war. 1. DIe stunden werden tage,Weil ich, mein Licht! von dir entfernet bin: Flieht, stunden, flieht doch bald dahin! Daß ich nicht mehr auf das verhängniß klage. Denn länger ohne dich, o Flavia! zu seyn, Jst eine höllen-gleiche pein. 2. Jndessen, sanffte winde!Die ihr vorlängst mein heisses sehnen wißt, Macht, daß mein ach die lippen küßt, Auf denen ich allein mein labsal finde. Du aber schicke mir, zum leit-stern meiner ruh, Durch diese post ein küßgen zu. 3. Doch weichet, ihr gedancken!Den mund vergnügt kein eingebildter kuß: Jhr mehrt zuletzt nur den verdruß, Und führt den geist noch weiter aus den schrancken. Denn
Verliebte und Galante Gedichte. Als die liebe ſein hertz entzuͤndet. HAſt du mein hertze dir zur herberg auserſehn;So ſage mir, o blinder Cypripor! Weßwegen nimmſt du denn ſo tolle ſtreiche vor, Daß du mit eigner hand dein eigen haus verbrenneſt. Nun ſeh ich, daß du auch Selbſt deinen nutzen nicht erkenneſt; Denn dencke doch, iſt dis ſo dein gebrauch, Wer wird ſich wol hinfort beqvemen, Dich in ſein haus, ja gar ins hertz zu nehmen? Als er auf dem wege zu Flavien begriffen war. 1. DIe ſtunden werden tage,Weil ich, mein Licht! von dir entfernet bin: Flieht, ſtunden, flieht doch bald dahin! Daß ich nicht mehr auf das verhaͤngniß klage. Denn laͤnger ohne dich, o Flavia! zu ſeyn, Jſt eine hoͤllen-gleiche pein. 2. Jndeſſen, ſanffte winde!Die ihr vorlaͤngſt mein heiſſes ſehnen wißt, Macht, daß mein ach die lippen kuͤßt, Auf denen ich allein mein labſal finde. Du aber ſchicke mir, zum leit-ſtern meiner ruh, Durch dieſe poſt ein kuͤßgen zu. 3. Doch weichet, ihr gedancken!Den mund vergnuͤgt kein eingebildter kuß: Jhr mehrt zuletzt nur den verdruß, Und fuͤhrt den geiſt noch weiter aus den ſchrancken. Denn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0271" n="269"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und Galante Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Als die liebe ſein hertz entzuͤndet.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">H</hi>Aſt du mein hertze dir zur herberg auserſehn;</l><lb/> <l>So ſage mir, o blinder Cypripor!</l><lb/> <l>Weßwegen nimmſt du denn ſo tolle ſtreiche vor,</l><lb/> <l>Daß du mit eigner hand dein eigen haus verbrenneſt.</l><lb/> <l>Nun ſeh ich, daß du auch</l><lb/> <l>Selbſt deinen nutzen nicht erkenneſt;</l><lb/> <l>Denn dencke doch, iſt dis ſo dein gebrauch,</l><lb/> <l>Wer wird ſich wol hinfort beqvemen,</l><lb/> <l>Dich in ſein haus, ja gar ins hertz zu nehmen?</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Als er auf dem wege zu Flavien<lb/> begriffen war.</hi> </hi> </head><lb/> <lg n="1"> <head> <hi rendition="#c">1.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>Ie ſtunden werden tage,</l><lb/> <l>Weil ich, mein Licht! von dir entfernet bin:</l><lb/> <l>Flieht, ſtunden, flieht doch bald dahin!</l><lb/> <l>Daß ich nicht mehr auf das verhaͤngniß klage.</l><lb/> <l>Denn laͤnger ohne dich, o Flavia! zu ſeyn,</l><lb/> <l>Jſt eine hoͤllen-gleiche pein.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head> <hi rendition="#c">2.</hi> </head><lb/> <l>Jndeſſen, ſanffte winde!</l><lb/> <l>Die ihr vorlaͤngſt mein heiſſes ſehnen wißt,</l><lb/> <l>Macht, daß mein ach die lippen kuͤßt,</l><lb/> <l>Auf denen ich allein mein labſal finde.</l><lb/> <l>Du aber ſchicke mir, zum leit-ſtern meiner ruh,</l><lb/> <l>Durch dieſe poſt ein kuͤßgen zu.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head> <hi rendition="#c">3.</hi> </head><lb/> <l>Doch weichet, ihr gedancken!</l><lb/> <l>Den mund vergnuͤgt kein eingebildter kuß:</l><lb/> <l>Jhr mehrt zuletzt nur den verdruß,</l><lb/> <l>Und fuͤhrt den geiſt noch weiter aus den ſchrancken.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0271]
Verliebte und Galante Gedichte.
Als die liebe ſein hertz entzuͤndet.
HAſt du mein hertze dir zur herberg auserſehn;
So ſage mir, o blinder Cypripor!
Weßwegen nimmſt du denn ſo tolle ſtreiche vor,
Daß du mit eigner hand dein eigen haus verbrenneſt.
Nun ſeh ich, daß du auch
Selbſt deinen nutzen nicht erkenneſt;
Denn dencke doch, iſt dis ſo dein gebrauch,
Wer wird ſich wol hinfort beqvemen,
Dich in ſein haus, ja gar ins hertz zu nehmen?
Als er auf dem wege zu Flavien
begriffen war.
1.
DIe ſtunden werden tage,
Weil ich, mein Licht! von dir entfernet bin:
Flieht, ſtunden, flieht doch bald dahin!
Daß ich nicht mehr auf das verhaͤngniß klage.
Denn laͤnger ohne dich, o Flavia! zu ſeyn,
Jſt eine hoͤllen-gleiche pein.
2.
Jndeſſen, ſanffte winde!
Die ihr vorlaͤngſt mein heiſſes ſehnen wißt,
Macht, daß mein ach die lippen kuͤßt,
Auf denen ich allein mein labſal finde.
Du aber ſchicke mir, zum leit-ſtern meiner ruh,
Durch dieſe poſt ein kuͤßgen zu.
3.
Doch weichet, ihr gedancken!
Den mund vergnuͤgt kein eingebildter kuß:
Jhr mehrt zuletzt nur den verdruß,
Und fuͤhrt den geiſt noch weiter aus den ſchrancken.
Denn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |