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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Leanders aus Schlesien
So hat die zarte furcht vor ihrem strengen zorne
Mich gleichwol davon abgeschreckt.
Doch wenn ich mich nur zu verwandeln wüßte!
Könnt' ich nur eine blum', als wie Nareissus, seyn;
So träffe mein verlangen dennoch ein:
Denn Floris legte mich selbst zwischen ihre brüste.


Er findet in ihrer gegenwart über-
all den himmel.
FAhr' ich deßwegen in die hölle,
Weil ich, was sterblich ist,
Jn dir, Calpurnia! zur göttin auserkiest?
So ist doch auch vorlängst schon eine stelle,
Von wegen deiner grausamkeit,
Allda vor dich bereit,
Ja deine qvaal wird größer seyn, als meine;
Denn einmal strafet dich die höll', in der ich bin;
Dann zieht mein anblick dich in neue marter hin.
Jch aber, weil mein aug' an deiner anmuth scheine
Sich hier erqvicken kan,
Treff in der hölle selbst noch meinen himmel an.


Antwort der Sylvia an den Flo-
rindo, der ihr in einem schreiben
seine liebe entdecket.
FLorindo schertzet nur: Jch sehe zwar sein schreiben;
Allein sein hertze liegt noch nicht in meiner hand,
Und wär es auch schon da, wie lange würd' es bleiben?
Jch weiß gewiß, es liebt den süßen unbestand.
Denn die veränderung bringt allezeit ergetzen.
Es schleicht bey einer kost sich bald der eckel ein,
Und was man anfangs pflag dem golde gleich zu schätzen.
Das muß nach kurtzer zeit wie altes eisen seyn.
Die
Leanders aus Schleſien
So hat die zarte furcht vor ihrem ſtrengen zorne
Mich gleichwol davon abgeſchreckt.
Doch wenn ich mich nur zu verwandeln wuͤßte!
Koͤnnt’ ich nur eine blum’, als wie Nareiſſus, ſeyn;
So traͤffe mein verlangen dennoch ein:
Denn Floris legte mich ſelbſt zwiſchen ihre bruͤſte.


Er findet in ihrer gegenwart uͤber-
all den himmel.
FAhr’ ich deßwegen in die hoͤlle,
Weil ich, was ſterblich iſt,
Jn dir, Calpurnia! zur goͤttin auserkieſt?
So iſt doch auch vorlaͤngſt ſchon eine ſtelle,
Von wegen deiner grauſamkeit,
Allda vor dich bereit,
Ja deine qvaal wird groͤßer ſeyn, als meine;
Denn einmal ſtrafet dich die hoͤll’, in der ich bin;
Dann zieht mein anblick dich in neue marter hin.
Jch aber, weil mein aug’ an deiner anmuth ſcheine
Sich hier erqvicken kan,
Treff in der hoͤlle ſelbſt noch meinen himmel an.


Antwort der Sylvia an den Flo-
rindo, der ihr in einem ſchreiben
ſeine liebe entdecket.
FLorindo ſchertzet nur: Jch ſehe zwar ſein ſchreiben;
Allein ſein hertze liegt noch nicht in meiner hand,
Und waͤr es auch ſchon da, wie lange wuͤrd’ es bleiben?
Jch weiß gewiß, es liebt den ſuͤßen unbeſtand.
Denn die veraͤnderung bringt allezeit ergetzen.
Es ſchleicht bey einer koſt ſich bald der eckel ein,
Und was man anfangs pflag dem golde gleich zu ſchaͤtzen.
Das muß nach kurtzer zeit wie altes eiſen ſeyn.
Die
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[258/0260] Leanders aus Schleſien So hat die zarte furcht vor ihrem ſtrengen zorne Mich gleichwol davon abgeſchreckt. Doch wenn ich mich nur zu verwandeln wuͤßte! Koͤnnt’ ich nur eine blum’, als wie Nareiſſus, ſeyn; So traͤffe mein verlangen dennoch ein: Denn Floris legte mich ſelbſt zwiſchen ihre bruͤſte. Er findet in ihrer gegenwart uͤber- all den himmel. FAhr’ ich deßwegen in die hoͤlle, Weil ich, was ſterblich iſt, Jn dir, Calpurnia! zur goͤttin auserkieſt? So iſt doch auch vorlaͤngſt ſchon eine ſtelle, Von wegen deiner grauſamkeit, Allda vor dich bereit, Ja deine qvaal wird groͤßer ſeyn, als meine; Denn einmal ſtrafet dich die hoͤll’, in der ich bin; Dann zieht mein anblick dich in neue marter hin. Jch aber, weil mein aug’ an deiner anmuth ſcheine Sich hier erqvicken kan, Treff in der hoͤlle ſelbſt noch meinen himmel an. Antwort der Sylvia an den Flo- rindo, der ihr in einem ſchreiben ſeine liebe entdecket. FLorindo ſchertzet nur: Jch ſehe zwar ſein ſchreiben; Allein ſein hertze liegt noch nicht in meiner hand, Und waͤr es auch ſchon da, wie lange wuͤrd’ es bleiben? Jch weiß gewiß, es liebt den ſuͤßen unbeſtand. Denn die veraͤnderung bringt allezeit ergetzen. Es ſchleicht bey einer koſt ſich bald der eckel ein, Und was man anfangs pflag dem golde gleich zu ſchaͤtzen. Das muß nach kurtzer zeit wie altes eiſen ſeyn. Die

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/260>, abgerufen am 23.11.2024.