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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Verliebte und Galante Gedichte.
Von Lisetten, als sie sich nicht wol-
len küssen lassen.
MEin! warum wehret sich Lisette,
Wenn man ihr öffentlich ein küßgen geben will?
Die antwort ist nicht schwer: Weil sie das süße spiel
Viel lieber im verborgnen hätte.


Er suchet Sylviens gegen-liebe.
DEr sonne sanfftes aug' ist immer ohne neid,
Sie wirfft den hohen glantz auch in die tiefsten thäler,
Drum glaube, Sylvia! es ist kein großer fehler,
Wenn deine gunst ihr licht gleich auf mein hertze streut.
Jch gebe gerne zu, daß ich verwegen bin,
Jndem ich mich zu dir, als einer sonne, wage;
Denck aber auch, dein knecht schau niemals freuden-tage,
Es nehme dann dein stern die finstern nebel hin.
Erschrick nicht vor der glut, sie führet keinen rauch:
Wo sie nur stille brennt, da bringt sie viel vergnügen.
Die dornen, welche dir und mir im wege liegen,
Verwandeln witz und treu in einen rosen-strauch.
Sey offentlich so stoltz und ernsthafft als du willst,
Jch will dir offentlich auch nichts als ehrsucht zeigen,
Wofern du meine glut, die sonst beständig schweigen
Und deiner schonen wird, nur im verborgnen stillst.
Allein, du trauest nicht, dein argwohn ist zu scharff,
Du denckst, ich würde mir die gröste freyheit geben.
Jch aber schwere dir, durchaus vergnügt zu leben,
Wenn auge, mund und hand nur mit dir spielen darff.


Als er sie zu einem spatziergange be-
reden wolte.
DArff auch Leanders mund die kühne bitte wagen:
Es wolle Sylvia mit ihm spatzieren gehn?
Ach
P 2
Verliebte und Galante Gedichte.
Von Liſetten, als ſie ſich nicht wol-
len kuͤſſen laſſen.
MEin! warum wehret ſich Liſette,
Wenn man ihr oͤffentlich ein kuͤßgen geben will?
Die antwort iſt nicht ſchwer: Weil ſie das ſuͤße ſpiel
Viel lieber im verborgnen haͤtte.


Er ſuchet Sylviens gegen-liebe.
DEr ſonne ſanfftes aug’ iſt immer ohne neid,
Sie wirfft den hohen glantz auch in die tiefſten thaͤler,
Drum glaube, Sylvia! es iſt kein großer fehler,
Wenn deine gunſt ihr licht gleich auf mein hertze ſtreut.
Jch gebe gerne zu, daß ich verwegen bin,
Jndem ich mich zu dir, als einer ſonne, wage;
Denck aber auch, dein knecht ſchau niemals freuden-tage,
Es nehme dann dein ſtern die finſtern nebel hin.
Erſchrick nicht vor der glut, ſie fuͤhret keinen rauch:
Wo ſie nur ſtille brennt, da bringt ſie viel vergnuͤgen.
Die dornen, welche dir und mir im wege liegen,
Verwandeln witz und treu in einen roſen-ſtrauch.
Sey offentlich ſo ſtoltz und ernſthafft als du willſt,
Jch will dir offentlich auch nichts als ehrſucht zeigen,
Wofern du meine glut, die ſonſt beſtaͤndig ſchweigen
Und deiner ſchonen wird, nur im verborgnen ſtillſt.
Allein, du traueſt nicht, dein argwohn iſt zu ſcharff,
Du denckſt, ich wuͤrde mir die groͤſte freyheit geben.
Jch aber ſchwere dir, durchaus vergnuͤgt zu leben,
Wenn auge, mund und hand nur mit dir ſpielen darff.


Als er ſie zu einem ſpatziergange be-
reden wolte.
DArff auch Leanders mund die kuͤhne bitte wagen:
Es wolle Sylvia mit ihm ſpatzieren gehn?
Ach
P 2
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[227/0229] Verliebte und Galante Gedichte. Von Liſetten, als ſie ſich nicht wol- len kuͤſſen laſſen. MEin! warum wehret ſich Liſette, Wenn man ihr oͤffentlich ein kuͤßgen geben will? Die antwort iſt nicht ſchwer: Weil ſie das ſuͤße ſpiel Viel lieber im verborgnen haͤtte. Er ſuchet Sylviens gegen-liebe. DEr ſonne ſanfftes aug’ iſt immer ohne neid, Sie wirfft den hohen glantz auch in die tiefſten thaͤler, Drum glaube, Sylvia! es iſt kein großer fehler, Wenn deine gunſt ihr licht gleich auf mein hertze ſtreut. Jch gebe gerne zu, daß ich verwegen bin, Jndem ich mich zu dir, als einer ſonne, wage; Denck aber auch, dein knecht ſchau niemals freuden-tage, Es nehme dann dein ſtern die finſtern nebel hin. Erſchrick nicht vor der glut, ſie fuͤhret keinen rauch: Wo ſie nur ſtille brennt, da bringt ſie viel vergnuͤgen. Die dornen, welche dir und mir im wege liegen, Verwandeln witz und treu in einen roſen-ſtrauch. Sey offentlich ſo ſtoltz und ernſthafft als du willſt, Jch will dir offentlich auch nichts als ehrſucht zeigen, Wofern du meine glut, die ſonſt beſtaͤndig ſchweigen Und deiner ſchonen wird, nur im verborgnen ſtillſt. Allein, du traueſt nicht, dein argwohn iſt zu ſcharff, Du denckſt, ich wuͤrde mir die groͤſte freyheit geben. Jch aber ſchwere dir, durchaus vergnuͤgt zu leben, Wenn auge, mund und hand nur mit dir ſpielen darff. Als er ſie zu einem ſpatziergange be- reden wolte. DArff auch Leanders mund die kuͤhne bitte wagen: Es wolle Sylvia mit ihm ſpatzieren gehn? Ach P 2

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/229>, abgerufen am 24.11.2024.