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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Begräbniß-Gedichte.
Wann Leucoreens wohl, wenn die gelehrte welt
Schurtzfleischens rath bedarff: Wenn man vom rauhen Belt,
Von allen ländern fast, die deinen namen nennen,
Durch einen weisen trieb, dich, Großer Mann! zu kennen,
Nach Wittenberg gereist: ist kein gemeines lob.
Was den Salmasius bis an die stern' erhob,
Der sprachen wissenschafft, die kundschafft guter bücher,
War größer noch bey dir: Verhaßte leichen-tücher!
Was leget ihr mit ihm nicht in die finstre grufft!
Mit dir, Gelehrter Greiß! der auch die tieffste klufft
Des alterthums durchdrang: Was Rom noch großes zeiget:
Was da noch vor verstand aus alten gräbern steiget,
Hat kein Gruterus so, wie Schurtzfleisch, untersucht.
Die halb-verloschne schrifft, die mancher ohne frucht
Zu lesen sich bemüht, hat uns dein witz erkläret,
Dem nichts zu dunckel war: Ach daß der tod verzehret,
Was unersetzlich bleibt! Nun liegt der theure schatz,
Und macht der klugen welt zu neuen klagen platz:
Nun liegt die seltne frucht der offt-gethanen reisen.
Dein alter Livius würd' uns viel neues weisen;
So aber hat der tod die theure müh zerstückt,
Und uns das schönste licht mit deiner hand entrückt.
Unschätzbarer verlust! Wer solte sich nicht kräncken?
Denn Deutschland sieht noch mehr, als den Thuan versencken.
Dein Waldeck, der offt mehr durch seinen rath verricht,
Als mancher, der mit macht ins feindes lager bricht,
Stirbt noch einmal mit dir. Was will ich weiter sagen?
Man darff nur Engelland, man darff nur Franckreich fragen,
Und Welschland, wo man dich erstaunend angehört,
Nebst Holland, wo dich mehr als Grävius verehrt.
Kurtz: Halb Europa wird die thränen loben müssen.
Es ist ja fast kein land, das nicht dein hohes wissen
Mit seinem glantz erfüllt, das Schurtzfleisch nicht geschaut,
Und dem nicht deine faust ein ehren-mahl gebaut.
Wenn gantze Länder nun mit dir so viel verlieren:
Die Musen deinen sarg mit thränen-perlen zieren:
Die weise Leucoris bey deiner bahre liegt:
Dein bruder, der sich vor an nichts als dir vergnügt,
Nun
Begraͤbniß-Gedichte.
Wann Leucoreens wohl, wenn die gelehrte welt
Schurtzfleiſchens rath bedarff: Wenn man vom rauhen Belt,
Von allen laͤndern faſt, die deinen namen nennen,
Durch einen weiſen trieb, dich, Großer Mann! zu kennen,
Nach Wittenberg gereiſt: iſt kein gemeines lob.
Was den Salmaſius bis an die ſtern’ erhob,
Der ſprachen wiſſenſchafft, die kundſchafft guter buͤcher,
War groͤßer noch bey dir: Verhaßte leichen-tuͤcher!
Was leget ihr mit ihm nicht in die finſtre grufft!
Mit dir, Gelehrter Greiß! der auch die tieffſte klufft
Des alterthums durchdrang: Was Rom noch großes zeiget:
Was da noch vor verſtand aus alten graͤbern ſteiget,
Hat kein Gruterus ſo, wie Schurtzfleiſch, unterſucht.
Die halb-verloſchne ſchrifft, die mancher ohne frucht
Zu leſen ſich bemuͤht, hat uns dein witz erklaͤret,
Dem nichts zu dunckel war: Ach daß der tod verzehret,
Was unerſetzlich bleibt! Nun liegt der theure ſchatz,
Und macht der klugen welt zu neuen klagen platz:
Nun liegt die ſeltne frucht der offt-gethanen reiſen.
Dein alter Livius wuͤrd’ uns viel neues weiſen;
So aber hat der tod die theure muͤh zerſtuͤckt,
Und uns das ſchoͤnſte licht mit deiner hand entruͤckt.
Unſchaͤtzbarer verluſt! Wer ſolte ſich nicht kraͤncken?
Denn Deutſchland ſieht noch mehr, als den Thuan verſencken.
Dein Waldeck, der offt mehr durch ſeinen rath verricht,
Als mancher, der mit macht ins feindes lager bricht,
Stirbt noch einmal mit dir. Was will ich weiter ſagen?
Man darff nur Engelland, man darff nur Franckreich fragen,
Und Welſchland, wo man dich erſtaunend angehoͤrt,
Nebſt Holland, wo dich mehr als Graͤvius verehrt.
Kurtz: Halb Europa wird die thraͤnen loben muͤſſen.
Es iſt ja faſt kein land, das nicht dein hohes wiſſen
Mit ſeinem glantz erfuͤllt, das Schurtzfleiſch nicht geſchaut,
Und dem nicht deine fauſt ein ehren-mahl gebaut.
Wenn gantze Laͤnder nun mit dir ſo viel verlieren:
Die Muſen deinen ſarg mit thraͤnen-perlen zieren:
Die weiſe Leucoris bey deiner bahre liegt:
Dein bruder, der ſich vor an nichts als dir vergnuͤgt,
Nun
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[157/0159] Begraͤbniß-Gedichte. Wann Leucoreens wohl, wenn die gelehrte welt Schurtzfleiſchens rath bedarff: Wenn man vom rauhen Belt, Von allen laͤndern faſt, die deinen namen nennen, Durch einen weiſen trieb, dich, Großer Mann! zu kennen, Nach Wittenberg gereiſt: iſt kein gemeines lob. Was den Salmaſius bis an die ſtern’ erhob, Der ſprachen wiſſenſchafft, die kundſchafft guter buͤcher, War groͤßer noch bey dir: Verhaßte leichen-tuͤcher! Was leget ihr mit ihm nicht in die finſtre grufft! Mit dir, Gelehrter Greiß! der auch die tieffſte klufft Des alterthums durchdrang: Was Rom noch großes zeiget: Was da noch vor verſtand aus alten graͤbern ſteiget, Hat kein Gruterus ſo, wie Schurtzfleiſch, unterſucht. Die halb-verloſchne ſchrifft, die mancher ohne frucht Zu leſen ſich bemuͤht, hat uns dein witz erklaͤret, Dem nichts zu dunckel war: Ach daß der tod verzehret, Was unerſetzlich bleibt! Nun liegt der theure ſchatz, Und macht der klugen welt zu neuen klagen platz: Nun liegt die ſeltne frucht der offt-gethanen reiſen. Dein alter Livius wuͤrd’ uns viel neues weiſen; So aber hat der tod die theure muͤh zerſtuͤckt, Und uns das ſchoͤnſte licht mit deiner hand entruͤckt. Unſchaͤtzbarer verluſt! Wer ſolte ſich nicht kraͤncken? Denn Deutſchland ſieht noch mehr, als den Thuan verſencken. Dein Waldeck, der offt mehr durch ſeinen rath verricht, Als mancher, der mit macht ins feindes lager bricht, Stirbt noch einmal mit dir. Was will ich weiter ſagen? Man darff nur Engelland, man darff nur Franckreich fragen, Und Welſchland, wo man dich erſtaunend angehoͤrt, Nebſt Holland, wo dich mehr als Graͤvius verehrt. Kurtz: Halb Europa wird die thraͤnen loben muͤſſen. Es iſt ja faſt kein land, das nicht dein hohes wiſſen Mit ſeinem glantz erfuͤllt, das Schurtzfleiſch nicht geſchaut, Und dem nicht deine fauſt ein ehren-mahl gebaut. Wenn gantze Laͤnder nun mit dir ſo viel verlieren: Die Muſen deinen ſarg mit thraͤnen-perlen zieren: Die weiſe Leucoris bey deiner bahre liegt: Dein bruder, der ſich vor an nichts als dir vergnuͤgt, Nun

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/159>, abgerufen am 23.11.2024.