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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Begräbniß-Gedichte.
Die ihren eh-gemahl von gantzem hertzen liebet,
Den keuschen atlas nicht durch geilen kuß befleckt,
Die sich in stetem lauff rechtschaffner tugend übet,
Und alle kost verschmäht, so nach der wohllust schmeckt.
Die durch der weisheit mast das wirthschaffts-schiff regieret,
Und manchen sorgen-sturm durch kluge sanfftmuth stillt.
Die kinder und gesind auf tugend-pfaden führet,
Und durch verborgnen witz das hauß mit segen füllt.
Ein so beschaffnes weib ist ihres mannes sonne:
Der ancker, dran das wohl des gantzes hauses hangt:
Ein wahres paradieß, umzäunt mit süßer wonne,
Ein baum, der bald mit blüt und bald mit früchten prangt.
Kein theurer perlen-sehmuck kan ihren werth erreichen,
Kein demant, hätt' er auch der Florentiner höh,
Der weisen seltner stein muß ihren würden weichen;
Genug: der himmel selbst ist in dergleichen eh.
Hier weiß ich, dürffte sich ein klügling unterwinden
Zu sagen: Du beschreibst zwar, wie ein weib soll seyn,
Wo aber wird man sie von solcher gattung finden?
Man schreibt vielleicht nicht viel' in das register ein?
Wir sehn bey dieser zeit mehr geiler Messalinen,
Als keuscher Porzien: dir thun es wenig nach,
Jhr garten trägt itzund mehr disteln als jesminen,
Man kaufft ein qventlein lust vor tausend ungemach.
Allein die spinne kan auch gifft aus rosen saugen,
Dem, so die goldsucht hat, kommt alles gelbe für;
Ein demant scheint wie glas in ungewaschnen augen,
Wer nichts als laster ehrt, kennt keine tugend-zier.
Wer tadelt unter uns die lieblichen granaten,
Wo hundert kerne gut, doch einer fäulniß hegt?
Wer pflantzt nicht höchst vergnügt die pomerantzen-schnaten,
Ob iede gleich davon nicht allzeit früchte trägt?
Jst wo ein weib nicht gut, so will ich tausend zehlen,
Die an vortreffligkeit den engeln gleiche gehn,
Gewiß, es würde mir gar bald an worten fehlen,
Wenn ich ihr hohes lob zur gnüge wolt' erhöhn.
Jst iemand, welcher nicht will meinen reimen trauen,
Der seh', o Seelige! nur deine tugend an;
So
Begraͤbniß-Gedichte.
Die ihren eh-gemahl von gantzem hertzen liebet,
Den keuſchen atlas nicht durch geilen kuß befleckt,
Die ſich in ſtetem lauff rechtſchaffner tugend uͤbet,
Und alle koſt verſchmaͤht, ſo nach der wohlluſt ſchmeckt.
Die durch der weisheit maſt das wirthſchaffts-ſchiff regieret,
Und manchen ſorgen-ſturm durch kluge ſanfftmuth ſtillt.
Die kinder und geſind auf tugend-pfaden fuͤhret,
Und durch verborgnen witz das hauß mit ſegen fuͤllt.
Ein ſo beſchaffnes weib iſt ihres mannes ſonne:
Der ancker, dran das wohl des gantzes hauſes hangt:
Ein wahres paradieß, umzaͤunt mit ſuͤßer wonne,
Ein baum, der bald mit bluͤt und bald mit fruͤchten prangt.
Kein theurer perlen-ſehmuck kan ihren werth erreichen,
Kein demant, haͤtt’ er auch der Florentiner hoͤh,
Der weiſen ſeltner ſtein muß ihren wuͤrden weichen;
Genug: der himmel ſelbſt iſt in dergleichen eh.
Hier weiß ich, duͤrffte ſich ein kluͤgling unterwinden
Zu ſagen: Du beſchreibſt zwar, wie ein weib ſoll ſeyn,
Wo aber wird man ſie von ſolcher gattung finden?
Man ſchreibt vielleicht nicht viel’ in das regiſter ein?
Wir ſehn bey dieſer zeit mehr geiler Meſſalinen,
Als keuſcher Porzien: dir thun es wenig nach,
Jhr garten traͤgt itzund mehr diſteln als jeſminen,
Man kaufft ein qventlein luſt vor tauſend ungemach.
Allein die ſpinne kan auch gifft aus roſen ſaugen,
Dem, ſo die goldſucht hat, kommt alles gelbe fuͤr;
Ein demant ſcheint wie glas in ungewaſchnen augen,
Wer nichts als laſter ehrt, kennt keine tugend-zier.
Wer tadelt unter uns die lieblichen granaten,
Wo hundert kerne gut, doch einer faͤulniß hegt?
Wer pflantzt nicht hoͤchſt vergnuͤgt die pomerantzen-ſchnaten,
Ob iede gleich davon nicht allzeit fruͤchte traͤgt?
Jſt wo ein weib nicht gut, ſo will ich tauſend zehlen,
Die an vortreffligkeit den engeln gleiche gehn,
Gewiß, es wuͤrde mir gar bald an worten fehlen,
Wenn ich ihr hohes lob zur gnuͤge wolt’ erhoͤhn.
Jſt iemand, welcher nicht will meinen reimen trauen,
Der ſeh’, o Seelige! nur deine tugend an;
So
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[154/0156] Begraͤbniß-Gedichte. Die ihren eh-gemahl von gantzem hertzen liebet, Den keuſchen atlas nicht durch geilen kuß befleckt, Die ſich in ſtetem lauff rechtſchaffner tugend uͤbet, Und alle koſt verſchmaͤht, ſo nach der wohlluſt ſchmeckt. Die durch der weisheit maſt das wirthſchaffts-ſchiff regieret, Und manchen ſorgen-ſturm durch kluge ſanfftmuth ſtillt. Die kinder und geſind auf tugend-pfaden fuͤhret, Und durch verborgnen witz das hauß mit ſegen fuͤllt. Ein ſo beſchaffnes weib iſt ihres mannes ſonne: Der ancker, dran das wohl des gantzes hauſes hangt: Ein wahres paradieß, umzaͤunt mit ſuͤßer wonne, Ein baum, der bald mit bluͤt und bald mit fruͤchten prangt. Kein theurer perlen-ſehmuck kan ihren werth erreichen, Kein demant, haͤtt’ er auch der Florentiner hoͤh, Der weiſen ſeltner ſtein muß ihren wuͤrden weichen; Genug: der himmel ſelbſt iſt in dergleichen eh. Hier weiß ich, duͤrffte ſich ein kluͤgling unterwinden Zu ſagen: Du beſchreibſt zwar, wie ein weib ſoll ſeyn, Wo aber wird man ſie von ſolcher gattung finden? Man ſchreibt vielleicht nicht viel’ in das regiſter ein? Wir ſehn bey dieſer zeit mehr geiler Meſſalinen, Als keuſcher Porzien: dir thun es wenig nach, Jhr garten traͤgt itzund mehr diſteln als jeſminen, Man kaufft ein qventlein luſt vor tauſend ungemach. Allein die ſpinne kan auch gifft aus roſen ſaugen, Dem, ſo die goldſucht hat, kommt alles gelbe fuͤr; Ein demant ſcheint wie glas in ungewaſchnen augen, Wer nichts als laſter ehrt, kennt keine tugend-zier. Wer tadelt unter uns die lieblichen granaten, Wo hundert kerne gut, doch einer faͤulniß hegt? Wer pflantzt nicht hoͤchſt vergnuͤgt die pomerantzen-ſchnaten, Ob iede gleich davon nicht allzeit fruͤchte traͤgt? Jſt wo ein weib nicht gut, ſo will ich tauſend zehlen, Die an vortreffligkeit den engeln gleiche gehn, Gewiß, es wuͤrde mir gar bald an worten fehlen, Wenn ich ihr hohes lob zur gnuͤge wolt’ erhoͤhn. Jſt iemand, welcher nicht will meinen reimen trauen, Der ſeh’, o Seelige! nur deine tugend an; So

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/156>, abgerufen am 23.11.2024.