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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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verliebte Gedichte.
Sie saget zwar, daß sie mein wesen annoch liebe,
Doch aber soll ich mich um keinen kuß bemühn.
Wie reimt sich aber das? zwar lieben, doch nicht küssen?
Wo soll ein leben seyn, wo doch die seele fehlt?
Jch weiß nicht, wes ich mich soll in der angst entschliessen,
Weil mich das ungemach zu seinem zweck erwehlt.
O daß ich mir doch ließ das garn der liebe legen,
O daß ich so geschwind darein gegangen bin,
Jch hätte dieses erst bedeucklich solln erwegen,
So fiel auf einmahl nicht der freuden trost-gewinn.
Was aber ist zu thun, der fehler ist geschehen,
Wer kost den liebes-safft und taumelt darnach nicht?
So gehts, wenn wir auf was mit vollen blicken sehen,
Nicht aber, ob die lust auch das vergnügen bricht.
Die liebe leget ja zu kohlen weisse kreide,
Zum besten diamant den schlechtsten kieselstein,
Zum allergröhsten garn die allerzärtsie seide,
Das ist: vor freude noth, vor licht den trauerschein.
Ein kuß ist mir versagt, wie wird es mit dem hertzen,
Wie wird es mit der gunst und ihrem geiste stehn?
Mich deucht ich sehe schon von weitem größre schmertzen,
Und die mir allbereit noch mehr zu hertzen gehn.
Erbarmt euch meiner doch ihr sternen und du glücke?
(Die sterne red ich an, weils einer sonne gilt,)
Und helfft, daß mich ja nicht ein ungemach bestricke,
Jhr seyd ja, die ihr sonst der menschen sehnsucht stillt.
Jch aber will getrost auf beßre zeiten hoffen,
Die zeit verändert auch der menschen harten sinn:
Und hat mich itzund gleich ein harter sturm betroffen,
So hoff ich doch davor was grosses zum gewinn.
Die treue muß doch stets noch ihren zweck erhalten,
Jst gleich der anfang schwer, wird doch das ende gut.
Jch will die liebe nur indessen lassen walten,
Wer weiß? was heute noch ihr arm vor wunder thut.
Glück-
verliebte Gedichte.
Sie ſaget zwar, daß ſie mein weſen annoch liebe,
Doch aber ſoll ich mich um keinen kuß bemuͤhn.
Wie reimt ſich aber das? zwar lieben, doch nicht kuͤſſen?
Wo ſoll ein leben ſeyn, wo doch die ſeele fehlt?
Jch weiß nicht, wes ich mich ſoll in der angſt entſchlieſſen,
Weil mich das ungemach zu ſeinem zweck erwehlt.
O daß ich mir doch ließ das garn der liebe legen,
O daß ich ſo geſchwind darein gegangen bin,
Jch haͤtte dieſes erſt bedeucklich ſolln erwegen,
So fiel auf einmahl nicht der freuden troſt-gewinn.
Was aber iſt zu thun, der fehler iſt geſchehen,
Wer koſt den liebes-ſafft und taumelt darnach nicht?
So gehts, wenn wir auf was mit vollen blicken ſehen,
Nicht aber, ob die luſt auch das vergnuͤgen bricht.
Die liebe leget ja zu kohlen weiſſe kreide,
Zum beſten diamant den ſchlechtſten kieſelſtein,
Zum allergroͤhſten garn die allerzaͤrtſie ſeide,
Das iſt: vor freude noth, vor licht den trauerſchein.
Ein kuß iſt mir verſagt, wie wird es mit dem hertzen,
Wie wird es mit der gunſt und ihrem geiſte ſtehn?
Mich deucht ich ſehe ſchon von weitem groͤßre ſchmertzen,
Und die mir allbereit noch mehr zu hertzen gehn.
Erbarmt euch meiner doch ihr ſternen und du gluͤcke?
(Die ſterne red ich an, weils einer ſonne gilt,)
Und helfft, daß mich ja nicht ein ungemach beſtricke,
Jhr ſeyd ja, die ihr ſonſt der menſchen ſehnſucht ſtillt.
Jch aber will getroſt auf beßre zeiten hoffen,
Die zeit veraͤndert auch der menſchen harten ſinn:
Und hat mich itzund gleich ein harter ſturm betroffen,
So hoff ich doch davor was groſſes zum gewinn.
Die treue muß doch ſtets noch ihren zweck erhalten,
Jſt gleich der anfang ſchwer, wird doch das ende gut.
Jch will die liebe nur indeſſen laſſen walten,
Wer weiß? was heute noch ihr arm vor wunder thut.
Gluͤck-
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[11/0013] verliebte Gedichte. Sie ſaget zwar, daß ſie mein weſen annoch liebe, Doch aber ſoll ich mich um keinen kuß bemuͤhn. Wie reimt ſich aber das? zwar lieben, doch nicht kuͤſſen? Wo ſoll ein leben ſeyn, wo doch die ſeele fehlt? Jch weiß nicht, wes ich mich ſoll in der angſt entſchlieſſen, Weil mich das ungemach zu ſeinem zweck erwehlt. O daß ich mir doch ließ das garn der liebe legen, O daß ich ſo geſchwind darein gegangen bin, Jch haͤtte dieſes erſt bedeucklich ſolln erwegen, So fiel auf einmahl nicht der freuden troſt-gewinn. Was aber iſt zu thun, der fehler iſt geſchehen, Wer koſt den liebes-ſafft und taumelt darnach nicht? So gehts, wenn wir auf was mit vollen blicken ſehen, Nicht aber, ob die luſt auch das vergnuͤgen bricht. Die liebe leget ja zu kohlen weiſſe kreide, Zum beſten diamant den ſchlechtſten kieſelſtein, Zum allergroͤhſten garn die allerzaͤrtſie ſeide, Das iſt: vor freude noth, vor licht den trauerſchein. Ein kuß iſt mir verſagt, wie wird es mit dem hertzen, Wie wird es mit der gunſt und ihrem geiſte ſtehn? Mich deucht ich ſehe ſchon von weitem groͤßre ſchmertzen, Und die mir allbereit noch mehr zu hertzen gehn. Erbarmt euch meiner doch ihr ſternen und du gluͤcke? (Die ſterne red ich an, weils einer ſonne gilt,) Und helfft, daß mich ja nicht ein ungemach beſtricke, Jhr ſeyd ja, die ihr ſonſt der menſchen ſehnſucht ſtillt. Jch aber will getroſt auf beßre zeiten hoffen, Die zeit veraͤndert auch der menſchen harten ſinn: Und hat mich itzund gleich ein harter ſturm betroffen, So hoff ich doch davor was groſſes zum gewinn. Die treue muß doch ſtets noch ihren zweck erhalten, Jſt gleich der anfang ſchwer, wird doch das ende gut. Jch will die liebe nur indeſſen laſſen walten, Wer weiß? was heute noch ihr arm vor wunder thut. Gluͤck-

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/13>, abgerufen am 27.11.2024.