Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.verliebte Gedichte. Nachdem sie beyde nun vom füttern wiederkommen/So haben sie auch erst ihr frühstück eingenommen/ Das nach der sonne doch eh mittags-mahlzeit war. Nach tische ward' auch drauf der himmel wieder klar. Schäffer-Gedichte. Lycidas. NEchst ließ sich Lycidas bey jenem brunnen nieder/ Sein hertze war voll glut als wie der kopff voll lieder/ Die er der Delie zu ehren ausgedacht/ Nachdem ihn ihre zier so sehr entzückt gemacht. Es war sein wille zwar ein wenig hier zu schlaffen/ Doch dieses hinderten der liebe sehnsuchts-waffen/ Drum ließ er also auch das schlaffen schlaffen seyn/ Und räumte seinen mund den herben klagen ein. Erst sah' er gantz bestürtzt/ ob jemand wo zu sehen/ Der ihn verstören könnt' in seinem leid und flehen/ Er hörte lange zu/ ob irgend ohngefehr/ Ein schäffer oder sonst jemand zu gegen wär/ Als aber ihm kein mensch nicht zu gesichte kommen/ Auch kein geräusch'/ als das so er gemacht/ vernommen/ So bahnt' er dem geschrey durch seuffzern erst die bahn/ Hernach so fieng er auch dergleichen klagen an: Du immer frischer brunn und kühlendes gewässer! Du hast es tausendmahl als unser einer besser/ Die hitze plagt dich nicht/ du bist auch nicht verliebt/ Und wirst auch nicht/ wie wir/ durch diesen brannt be- trübt. Ja wär stu auch verliebt/ so kanstu dich bald laben/ Weil doch die flüsse nicht so harte hertzen haben/ Wie
verliebte Gedichte. Nachdem ſie beyde nun vom fuͤttern wiederkommen/So haben ſie auch erſt ihr fruͤhſtuͤck eingenommen/ Das nach der ſonne doch eh mittags-mahlzeit war. Nach tiſche ward’ auch drauf der himmel wieder klar. Schaͤffer-Gedichte. Lycidas. NEchſt ließ ſich Lycidas bey jenem brunnen nieder/ Sein hertze war voll glut als wie der kopff voll lieder/ Die er der Delie zu ehren ausgedacht/ Nachdem ihn ihre zier ſo ſehr entzuͤckt gemacht. Es war ſein wille zwar ein wenig hier zu ſchlaffen/ Doch dieſes hinderten der liebe ſehnſuchts-waffen/ Drum ließ er alſo auch das ſchlaffen ſchlaffen ſeyn/ Und raͤumte ſeinen mund den herben klagen ein. Erſt ſah’ er gantz beſtuͤrtzt/ ob jemand wo zu ſehen/ Der ihn verſtoͤren koͤnnt’ in ſeinem leid und flehen/ Er hoͤrte lange zu/ ob irgend ohngefehr/ Ein ſchaͤffer oder ſonſt jemand zu gegen waͤr/ Als aber ihm kein menſch nicht zu geſichte kommen/ Auch kein geraͤuſch’/ als das ſo er gemacht/ vernommen/ So bahnt’ er dem geſchrey durch ſeuffzern erſt die bahn/ Hernach ſo fieng er auch dergleichen klagen an: Du immer friſcher brunn und kuͤhlendes gewaͤſſer! Du haſt es tauſendmahl als unſer einer beſſer/ Die hitze plagt dich nicht/ du biſt auch nicht verliebt/ Und wirſt auch nicht/ wie wir/ durch dieſen brannt be- truͤbt. Ja waͤr ſtu auch verliebt/ ſo kanſtu dich bald laben/ Weil doch die fluͤſſe nicht ſo harte hertzen haben/ Wie
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0095" n="93"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">verliebte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Nachdem ſie beyde nun vom fuͤttern wiederkommen/</l><lb/> <l>So haben ſie auch erſt ihr fruͤhſtuͤck eingenommen/</l><lb/> <l>Das nach der ſonne doch eh mittags-mahlzeit war.</l><lb/> <l>Nach tiſche ward’ auch drauf der himmel wieder klar.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Schaͤffer-Gedichte.<lb/> Lycidas.</hi> </head><lb/> <lg> <l><hi rendition="#in">N</hi>Echſt ließ ſich Lycidas bey jenem brunnen nieder/</l><lb/> <l>Sein hertze war voll glut als wie der kopff voll lieder/</l><lb/> <l>Die er der Delie zu ehren ausgedacht/</l><lb/> <l>Nachdem ihn ihre zier ſo ſehr entzuͤckt gemacht.</l><lb/> <l>Es war ſein wille zwar ein wenig hier zu ſchlaffen/</l><lb/> <l>Doch dieſes hinderten der liebe ſehnſuchts-waffen/</l><lb/> <l>Drum ließ er alſo auch das ſchlaffen ſchlaffen ſeyn/</l><lb/> <l>Und raͤumte ſeinen mund den herben klagen ein.</l><lb/> <l>Erſt ſah’ er gantz beſtuͤrtzt/ ob jemand wo zu ſehen/</l><lb/> <l>Der ihn verſtoͤren koͤnnt’ in ſeinem leid und flehen/</l><lb/> <l>Er hoͤrte lange zu/ ob irgend ohngefehr/</l><lb/> <l>Ein ſchaͤffer oder ſonſt jemand zu gegen waͤr/</l><lb/> <l>Als aber ihm kein menſch nicht zu geſichte kommen/</l><lb/> <l>Auch kein geraͤuſch’/ als das ſo er gemacht/ vernommen/</l><lb/> <l>So bahnt’ er dem geſchrey durch ſeuffzern erſt die</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">bahn/</hi> </l><lb/> <l>Hernach ſo fieng er auch dergleichen klagen an:</l><lb/> <l>Du immer friſcher brunn und kuͤhlendes gewaͤſſer!</l><lb/> <l>Du haſt es tauſendmahl als unſer einer beſſer/</l><lb/> <l>Die hitze plagt dich nicht/ du biſt auch nicht verliebt/</l><lb/> <l>Und wirſt auch nicht/ wie wir/ durch dieſen brannt be-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">truͤbt.</hi> </l><lb/> <l>Ja waͤr ſtu auch verliebt/ ſo kanſtu dich bald laben/</l><lb/> <l>Weil doch die fluͤſſe nicht ſo harte hertzen haben/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [93/0095]
verliebte Gedichte.
Nachdem ſie beyde nun vom fuͤttern wiederkommen/
So haben ſie auch erſt ihr fruͤhſtuͤck eingenommen/
Das nach der ſonne doch eh mittags-mahlzeit war.
Nach tiſche ward’ auch drauf der himmel wieder klar.
Schaͤffer-Gedichte.
Lycidas.
NEchſt ließ ſich Lycidas bey jenem brunnen nieder/
Sein hertze war voll glut als wie der kopff voll lieder/
Die er der Delie zu ehren ausgedacht/
Nachdem ihn ihre zier ſo ſehr entzuͤckt gemacht.
Es war ſein wille zwar ein wenig hier zu ſchlaffen/
Doch dieſes hinderten der liebe ſehnſuchts-waffen/
Drum ließ er alſo auch das ſchlaffen ſchlaffen ſeyn/
Und raͤumte ſeinen mund den herben klagen ein.
Erſt ſah’ er gantz beſtuͤrtzt/ ob jemand wo zu ſehen/
Der ihn verſtoͤren koͤnnt’ in ſeinem leid und flehen/
Er hoͤrte lange zu/ ob irgend ohngefehr/
Ein ſchaͤffer oder ſonſt jemand zu gegen waͤr/
Als aber ihm kein menſch nicht zu geſichte kommen/
Auch kein geraͤuſch’/ als das ſo er gemacht/ vernommen/
So bahnt’ er dem geſchrey durch ſeuffzern erſt die
bahn/
Hernach ſo fieng er auch dergleichen klagen an:
Du immer friſcher brunn und kuͤhlendes gewaͤſſer!
Du haſt es tauſendmahl als unſer einer beſſer/
Die hitze plagt dich nicht/ du biſt auch nicht verliebt/
Und wirſt auch nicht/ wie wir/ durch dieſen brannt be-
truͤbt.
Ja waͤr ſtu auch verliebt/ ſo kanſtu dich bald laben/
Weil doch die fluͤſſe nicht ſo harte hertzen haben/
Wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |