Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.verliebte Gedichte. Und spricht: Mein singen ist nicht tüchtig zu ergötzen/Mein spielen kommt noch gar zu ungeübt heraus. Ach schönste! kanstu wol mit wahrheit solches sagen? Verzeih/ ich glaube dir/ in diesem stücke/ nicht; Jedennoch wirstu mich am allerbesten schlagen/ Wo finger und Clavir das zeugniß selber spricht; Wo deine stimme mich wird etwas anders lehren/ Und wo mich deine hand durch spielen überweist/ Erhalt ich diesen wunsch/ so wirstu selber hören/ Daß meine liebe dich/ mit gutem rechte/ preist. So baht ich/ als wir nechst allein beysammen waren/ Und ich dein Clavicord eröffnet stehen fand; Du liessest mir das glück auch endlich wiederfahren/ Und nahmst das Notenbuch und dein Clavir zur hand. O himmel! O/ was hab ich wunder da gesehen! Was hab ich da gehört! ich stund als wie entzückt/ Um meine freyheit war es längst zuvor geschehen/ Sonst hättest du gewiß sie dazumahl bestrickt. Du spieltest ungemein; es kamen läuffer/ fugen/ Und sonst ein schwerer griff dir als was leichtes für/ Die finger flohen recht/ wann sie geschwinde schlugen/ Und zeigten überall die treflichste manier; Der beste meister muß hier seine seegel streichen/ Wenn deine schöne hand sich ihm entgegen setzt/ Ja selbst Francesco wird dein lob nicht halb erreichen/ Ob ihn die albre welt schon unvergleichlich schätzt. Noch mehr bewegte mich dein ungemeines singen/ Die schöne stimme war der engel stimme gleich/ Jch wünschte meine zeit stets also zu zubringen/ Es dauchte mich dein haus ein rechtes himmelreich. Weg! weg! Jtalien! mit deinen sängerinnen/ Die der gemeine ruff bis an die sterne hebt/ Du wirst hinfort durch sie ein schlechtes lob gewinnen/ So lang' Elystens Lisette nur noch lebt. Weg ihr Castraten weg mit den Coloraturen! Die stimme will bey euch schon etwas heischer seyn; Hingegen machet hier Lisettens hand figuren/ Und
verliebte Gedichte. Und ſpricht: Mein ſingen iſt nicht tuͤchtig zu ergoͤtzen/Mein ſpielen kommt noch gar zu ungeuͤbt heraus. Ach ſchoͤnſte! kanſtu wol mit wahrheit ſolches ſagen? Verzeih/ ich glaube dir/ in dieſem ſtuͤcke/ nicht; Jedennoch wirſtu mich am allerbeſten ſchlagen/ Wo finger und Clavir das zeugniß ſelber ſpricht; Wo deine ſtimme mich wird etwas anders lehren/ Und wo mich deine hand durch ſpielen uͤberweiſt/ Erhalt ich dieſen wunſch/ ſo wirſtu ſelber hoͤren/ Daß meine liebe dich/ mit gutem rechte/ preiſt. So baht ich/ als wir nechſt allein beyſammen waren/ Und ich dein Clavicord eroͤffnet ſtehen fand; Du lieſſeſt mir das gluͤck auch endlich wiederfahren/ Und nahmſt das Notenbuch und dein Clavir zur hand. O himmel! O/ was hab ich wunder da geſehen! Was hab ich da gehoͤrt! ich ſtund als wie entzuͤckt/ Um meine freyheit war es laͤngſt zuvor geſchehen/ Sonſt haͤtteſt du gewiß ſie dazumahl beſtrickt. Du ſpielteſt ungemein; es kamen laͤuffer/ fugen/ Und ſonſt ein ſchwerer griff dir als was leichtes fuͤr/ Die finger flohen recht/ wann ſie geſchwinde ſchlugen/ Und zeigten uͤberall die treflichſte manier; Der beſte meiſter muß hier ſeine ſeegel ſtreichen/ Wenn deine ſchoͤne hand ſich ihm entgegen ſetzt/ Ja ſelbſt Franceſco wird dein lob nicht halb erreichen/ Ob ihn die albre welt ſchon unvergleichlich ſchaͤtzt. Noch mehr bewegte mich dein ungemeines ſingen/ Die ſchoͤne ſtimme war der engel ſtimme gleich/ Jch wuͤnſchte meine zeit ſtets alſo zu zubringen/ Es dauchte mich dein haus ein rechtes himmelreich. Weg! weg! Jtalien! mit deinen ſaͤngerinnen/ Die der gemeine ruff bis an die ſterne hebt/ Du wirſt hinfort durch ſie ein ſchlechtes lob gewinnen/ So lang’ Elyſtens Liſette nur noch lebt. Weg ihr Caſtraten weg mit den Coloraturen! Die ſtimme will bey euch ſchon etwas heiſcher ſeyn; Hingegen machet hier Liſettens hand figuren/ Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0041" n="39"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">verliebte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Und ſpricht: Mein ſingen iſt nicht tuͤchtig zu ergoͤtzen/</l><lb/> <l>Mein ſpielen kommt noch gar zu ungeuͤbt heraus.</l><lb/> <l>Ach ſchoͤnſte! kanſtu wol mit wahrheit ſolches ſagen?</l><lb/> <l>Verzeih/ ich glaube dir/ in dieſem ſtuͤcke/ nicht;</l><lb/> <l>Jedennoch wirſtu mich am allerbeſten ſchlagen/</l><lb/> <l>Wo finger und Clavir das zeugniß ſelber ſpricht;</l><lb/> <l>Wo deine ſtimme mich wird etwas anders lehren/</l><lb/> <l>Und wo mich deine hand durch ſpielen uͤberweiſt/</l><lb/> <l>Erhalt ich dieſen wunſch/ ſo wirſtu ſelber hoͤren/</l><lb/> <l>Daß meine liebe dich/ mit gutem rechte/ preiſt.</l><lb/> <l>So baht ich/ als wir nechſt allein beyſammen waren/</l><lb/> <l>Und ich dein Clavicord eroͤffnet ſtehen fand;</l><lb/> <l>Du lieſſeſt mir das gluͤck auch endlich wiederfahren/</l><lb/> <l>Und nahmſt das Notenbuch und dein Clavir zur hand.</l><lb/> <l>O himmel! O/ was hab ich wunder da geſehen!</l><lb/> <l>Was hab ich da gehoͤrt! ich ſtund als wie entzuͤckt/</l><lb/> <l>Um meine freyheit war es laͤngſt zuvor geſchehen/</l><lb/> <l>Sonſt haͤtteſt du gewiß ſie dazumahl beſtrickt.</l><lb/> <l>Du ſpielteſt ungemein; es kamen laͤuffer/ fugen/</l><lb/> <l>Und ſonſt ein ſchwerer griff dir als was leichtes fuͤr/</l><lb/> <l>Die finger flohen recht/ wann ſie geſchwinde ſchlugen/</l><lb/> <l>Und zeigten uͤberall die treflichſte manier;</l><lb/> <l>Der beſte meiſter muß hier ſeine ſeegel ſtreichen/</l><lb/> <l>Wenn deine ſchoͤne hand ſich ihm entgegen ſetzt/</l><lb/> <l>Ja ſelbſt <hi rendition="#aq">Franceſco</hi> wird dein lob nicht halb erreichen/</l><lb/> <l>Ob ihn die albre welt ſchon unvergleichlich ſchaͤtzt.</l><lb/> <l>Noch mehr bewegte mich dein ungemeines ſingen/</l><lb/> <l>Die ſchoͤne ſtimme war der engel ſtimme gleich/</l><lb/> <l>Jch wuͤnſchte meine zeit ſtets alſo zu zubringen/</l><lb/> <l>Es dauchte mich dein haus ein rechtes himmelreich.</l><lb/> <l>Weg! weg! Jtalien! mit deinen ſaͤngerinnen/</l><lb/> <l>Die der gemeine ruff bis an die ſterne hebt/</l><lb/> <l>Du wirſt hinfort durch ſie ein ſchlechtes lob gewinnen/</l><lb/> <l>So lang’ Elyſtens Liſette nur noch lebt.</l><lb/> <l>Weg ihr <hi rendition="#aq">Caſtra</hi>ten weg mit den <hi rendition="#aq">Coloratu</hi>ren!</l><lb/> <l>Die ſtimme will bey euch ſchon etwas heiſcher ſeyn;</l><lb/> <l>Hingegen machet hier Liſettens hand figuren/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [39/0041]
verliebte Gedichte.
Und ſpricht: Mein ſingen iſt nicht tuͤchtig zu ergoͤtzen/
Mein ſpielen kommt noch gar zu ungeuͤbt heraus.
Ach ſchoͤnſte! kanſtu wol mit wahrheit ſolches ſagen?
Verzeih/ ich glaube dir/ in dieſem ſtuͤcke/ nicht;
Jedennoch wirſtu mich am allerbeſten ſchlagen/
Wo finger und Clavir das zeugniß ſelber ſpricht;
Wo deine ſtimme mich wird etwas anders lehren/
Und wo mich deine hand durch ſpielen uͤberweiſt/
Erhalt ich dieſen wunſch/ ſo wirſtu ſelber hoͤren/
Daß meine liebe dich/ mit gutem rechte/ preiſt.
So baht ich/ als wir nechſt allein beyſammen waren/
Und ich dein Clavicord eroͤffnet ſtehen fand;
Du lieſſeſt mir das gluͤck auch endlich wiederfahren/
Und nahmſt das Notenbuch und dein Clavir zur hand.
O himmel! O/ was hab ich wunder da geſehen!
Was hab ich da gehoͤrt! ich ſtund als wie entzuͤckt/
Um meine freyheit war es laͤngſt zuvor geſchehen/
Sonſt haͤtteſt du gewiß ſie dazumahl beſtrickt.
Du ſpielteſt ungemein; es kamen laͤuffer/ fugen/
Und ſonſt ein ſchwerer griff dir als was leichtes fuͤr/
Die finger flohen recht/ wann ſie geſchwinde ſchlugen/
Und zeigten uͤberall die treflichſte manier;
Der beſte meiſter muß hier ſeine ſeegel ſtreichen/
Wenn deine ſchoͤne hand ſich ihm entgegen ſetzt/
Ja ſelbſt Franceſco wird dein lob nicht halb erreichen/
Ob ihn die albre welt ſchon unvergleichlich ſchaͤtzt.
Noch mehr bewegte mich dein ungemeines ſingen/
Die ſchoͤne ſtimme war der engel ſtimme gleich/
Jch wuͤnſchte meine zeit ſtets alſo zu zubringen/
Es dauchte mich dein haus ein rechtes himmelreich.
Weg! weg! Jtalien! mit deinen ſaͤngerinnen/
Die der gemeine ruff bis an die ſterne hebt/
Du wirſt hinfort durch ſie ein ſchlechtes lob gewinnen/
So lang’ Elyſtens Liſette nur noch lebt.
Weg ihr Caſtraten weg mit den Coloraturen!
Die ſtimme will bey euch ſchon etwas heiſcher ſeyn;
Hingegen machet hier Liſettens hand figuren/
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |