Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Vermischte Gedichte. Schaffer-Gedichte. Das betrügliche Heyrahts-Gut C. H. DEr frühe himmel fieng kaum gestern an zu grauen/ Da liessen unsre zwey sich schon im felde schauen/ Man sah' und hörte sie/ indem ihr früh-gesang Auf einer feld-schallmey durch berg und thal erklang. Die heerde spreüte sich indessen in die breite/ Doch wenn sie ohngefehr sich gar zu sehr zerstreute/ So trieb sie Lepsch der hund/ und Thieras sein gesell/ Durch ein gebelle denn bald auf die rechte stell'. Hier sah' man nun den bock die jungen pappeln schälen/ Das schaf-vieh aber sich mit laub-abstreiffen qvälen/ Die ziegen kletterten bald da bald dort hinauf/ Und schaf und schäfer ließ der regung ihren lauff. Als nun die hirten fast mit ihren feld-schallmeyen/ Mit ihrem früh-gesang' und andern dudeleyen/ Den halben vormittag so ziemlich hingebracht/ So ward vor diesesmahl desselben schluß gemacht. Wir wollen/ sprach Milen/ uns zu einander setzen/ Und mit erzehlungen vielmehr den geist ergötzen/ Die hunde nehmen schon indeß das vieh in acht/ Daß dessen zahl der wolff nicht irgend kleiner macht. Daß vieles reden uns nicht auch die zunge lähme/ So wär mein raht/ daß man noch jenen zu uns nehme/ Der weiß ohndem offt viel/ und bild ich mir's gantz ein/ Daß ihm itzund auch wird was neues wissend seyn. Gib's ihm nur durch den schall der tüte zu verstehen/ Jch weiß er streubt sich nicht zu uns hieher zu gehen. Saladin. Te! Lycidas! Te! Te! herbey! zu uns! herbey! Milen. Er gibt das jawort schon durch einen gegen-schrey. Da X 2
Vermiſchte Gedichte. Schaffer-Gedichte. Das betruͤgliche Heyrahts-Gut C. H. DEr fruͤhe himmel fieng kaum geſtern an zu grauen/ Da lieſſen unſre zwey ſich ſchon im felde ſchauen/ Man ſah’ und hoͤrte ſie/ indem ihr fruͤh-geſang Auf einer feld-ſchallmey durch berg und thal erklang. Die heerde ſpreuͤte ſich indeſſen in die breite/ Doch wenn ſie ohngefehr ſich gar zu ſehr zerſtreute/ So trieb ſie Lepſch der hund/ und Thieras ſein geſell/ Durch ein gebelle denn bald auf die rechte ſtell’. Hier ſah’ man nun den bock die jungen pappeln ſchaͤlen/ Das ſchaf-vieh aber ſich mit laub-abſtreiffen qvaͤlen/ Die ziegen kletterten bald da bald dort hinauf/ Und ſchaf und ſchaͤfer ließ der regung ihren lauff. Als nun die hirten faſt mit ihren feld-ſchallmeyen/ Mit ihrem fruͤh-geſang’ und andern dudeleyen/ Den halben vormittag ſo ziemlich hingebracht/ So ward vor dieſesmahl deſſelben ſchluß gemacht. Wir wollen/ ſprach Milen/ uns zu einander ſetzen/ Und mit erzehlungen vielmehr den geiſt ergoͤtzen/ Die hunde nehmen ſchon indeß das vieh in acht/ Daß deſſen zahl der wolff nicht irgend kleiner macht. Daß vieles reden uns nicht auch die zunge laͤhme/ So waͤr mein raht/ daß man noch jenen zu uns nehme/ Der weiß ohndem offt viel/ und bild ich mir’s gantz ein/ Daß ihm itzund auch wird was neues wiſſend ſeyn. Gib’s ihm nur durch den ſchall der tuͤte zu verſtehen/ Jch weiß er ſtreubt ſich nicht zu uns hieher zu gehen. Saladin. Te! Lycidas! Te! Te! herbey! zu uns! herbey! Milen. Er gibt das jawort ſchon durch einen gegen-ſchrey. Da X 2
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Vermiſchte Gedichte.
Schaffer-Gedichte.
Das betruͤgliche Heyrahts-Gut
C. H.
DEr fruͤhe himmel fieng kaum geſtern an zu grauen/
Da lieſſen unſre zwey ſich ſchon im felde ſchauen/
Man ſah’ und hoͤrte ſie/ indem ihr fruͤh-geſang
Auf einer feld-ſchallmey durch berg und thal erklang.
Die heerde ſpreuͤte ſich indeſſen in die breite/
Doch wenn ſie ohngefehr ſich gar zu ſehr zerſtreute/
So trieb ſie Lepſch der hund/ und Thieras ſein geſell/
Durch ein gebelle denn bald auf die rechte ſtell’.
Hier ſah’ man nun den bock die jungen pappeln ſchaͤlen/
Das ſchaf-vieh aber ſich mit laub-abſtreiffen qvaͤlen/
Die ziegen kletterten bald da bald dort hinauf/
Und ſchaf und ſchaͤfer ließ der regung ihren lauff.
Als nun die hirten faſt mit ihren feld-ſchallmeyen/
Mit ihrem fruͤh-geſang’ und andern dudeleyen/
Den halben vormittag ſo ziemlich hingebracht/
So ward vor dieſesmahl deſſelben ſchluß gemacht.
Wir wollen/ ſprach Milen/ uns zu einander ſetzen/
Und mit erzehlungen vielmehr den geiſt ergoͤtzen/
Die hunde nehmen ſchon indeß das vieh in acht/
Daß deſſen zahl der wolff nicht irgend kleiner macht.
Daß vieles reden uns nicht auch die zunge laͤhme/
So waͤr mein raht/ daß man noch jenen zu uns nehme/
Der weiß ohndem offt viel/ und bild ich mir’s gantz ein/
Daß ihm itzund auch wird was neues wiſſend ſeyn.
Gib’s ihm nur durch den ſchall der tuͤte zu verſtehen/
Jch weiß er ſtreubt ſich nicht zu uns hieher zu gehen.
Saladin.
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Er gibt das jawort ſchon durch einen gegen-ſchrey.
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Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/325>, abgerufen am 16.02.2025. |