Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

Vermischte Gedichte.
Hat dich die schäferey der Elbe dann verblendet?
Komm/ komm! der Oderstrohm will deinen ruhm erhe-
ben:
Und wo mir diese brust noch reinen weyrauch brennt/
So will ich dir mein haus und hof zu lohne geben.
Getreuer Saladin was meynest du hierbey?
Jch habe noch nicht lust die Elbe zu verlassen;
Mein vorsatz geht dahin: ich will bis auf den May
Hier die geheimnisse der hirten besser fassen/
Dann will ich noch einmahl den Rhein und Tieber
schaun:
Jch will die lebens-art derselben schäfer lernen/
Und mich aus ihrem spiel und sitten erst erbaun/
Bevor sich dieser fuß soll aus der welt entfernen/
Und in den engen kreiß des vaterlandes gehn;
Jch muß mich Cleliens erst besser würdig wissen;
Es muß mich mein verstand und nicht mein glück
erhöhn/
Da kan ich ihren mund mit frohen lippen küssen.
Saladin.
So ist es Clelie/ die deinen sinn vergnügt?
Jch kenne sie zwar nicht doch hab ich nechst erfahren/
Daß wer in ihrer schooß und schönen armen liegt/
Mit diesem wolle sich das glücke selber paaren.
Nun du hast wohl gethan/ daß du ein hirten-kind/
Von unser Oder läst dein hertze lieb gewinnen:
Jch war schon voller furcht/ weil doch die liebe blind/
Es wäre deine glut von Albis schäferinnen.
Die hirten-töchter hier sind weder reich noch schön/
Die fluren selber sind mit sandbedeckte felder;
Die zarten lämmer sieht man wie die schatten gehn:
Es nimmt hier alles ab/ auch selbst die dicken wälder.
Wer eine schäferinn zu seiner braut erwehlt/
Bekommt kaum dreyßig schaf' und zwantzig ziegen mitte.
Allein das eichel-vieh empfängt er ungezehlt/
Und wenn es höher kömmt/ auch eine schlechte hütte.

Zu-
Hofm. w. IV. Th. X

Vermiſchte Gedichte.
Hat dich die ſchaͤferey der Elbe dann verblendet?
Komm/ komm! der Oderſtrohm will deinen ruhm erhe-
ben:
Und wo mir dieſe bruſt noch reinen weyrauch brennt/
So will ich dir mein haus und hof zu lohne geben.
Getreuer Saladin was meyneſt du hierbey?
Jch habe noch nicht luſt die Elbe zu verlaſſen;
Mein vorſatz geht dahin: ich will bis auf den May
Hier die geheimniſſe der hirten beſſer faſſen/
Dann will ich noch einmahl den Rhein und Tieber
ſchaun:
Jch will die lebens-art derſelben ſchaͤfer lernen/
Und mich aus ihrem ſpiel und ſitten erſt erbaun/
Bevor ſich dieſer fuß ſoll aus der welt entfernen/
Und in den engen kreiß des vaterlandes gehn;
Jch muß mich Cleliens erſt beſſer wuͤrdig wiſſen;
Es muß mich mein verſtand und nicht mein gluͤck
erhoͤhn/
Da kan ich ihren mund mit frohen lippen kuͤſſen.
Saladin.
So iſt es Clelie/ die deinen ſinn vergnuͤgt?
Jch kenne ſie zwar nicht doch hab ich nechſt erfahren/
Daß wer in ihrer ſchooß und ſchoͤnen armen liegt/
Mit dieſem wolle ſich das gluͤcke ſelber paaren.
Nun du haſt wohl gethan/ daß du ein hirten-kind/
Von unſer Oder laͤſt dein hertze lieb gewinnen:
Jch war ſchon voller furcht/ weil doch die liebe blind/
Es waͤre deine glut von Albis ſchaͤferinnen.
Die hirten-toͤchter hier ſind weder reich noch ſchoͤn/
Die fluren ſelber ſind mit ſandbedeckte felder;
Die zarten laͤmmer ſieht man wie die ſchatten gehn:
Es nimmt hier alles ab/ auch ſelbſt die dicken waͤlder.
Wer eine ſchaͤferinn zu ſeiner braut erwehlt/
Bekommt kaum dreyßig ſchaf’ und zwantzig ziegen mitte.
Allein das eichel-vieh empfaͤngt er ungezehlt/
Und wenn es hoͤher koͤmmt/ auch eine ſchlechte huͤtte.

Zu-
Hofm. w. IV. Th. X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg>
            <pb facs="#f0323" n="321"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Hat dich die &#x017F;cha&#x0364;ferey der Elbe dann verblendet?</l><lb/>
            <l>Komm/ komm! der Oder&#x017F;trohm will deinen ruhm erhe-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ben:</hi> </l><lb/>
            <l>Und wo mir die&#x017F;e bru&#x017F;t noch reinen weyrauch brennt/</l><lb/>
            <l>So will ich dir mein haus und hof zu lohne geben.</l><lb/>
            <l>Getreuer Saladin was meyne&#x017F;t du hierbey?</l><lb/>
            <l>Jch habe noch nicht lu&#x017F;t die Elbe zu verla&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Mein vor&#x017F;atz geht dahin: ich will bis auf den May</l><lb/>
            <l>Hier die geheimni&#x017F;&#x017F;e der hirten be&#x017F;&#x017F;er fa&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Dann will ich noch einmahl den Rhein und Tieber</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chaun:</hi> </l><lb/>
            <l>Jch will die lebens-art der&#x017F;elben &#x017F;cha&#x0364;fer lernen/</l><lb/>
            <l>Und mich aus ihrem &#x017F;piel und &#x017F;itten er&#x017F;t erbaun/</l><lb/>
            <l>Bevor &#x017F;ich die&#x017F;er fuß &#x017F;oll aus der welt entfernen/</l><lb/>
            <l>Und in den engen kreiß des vaterlandes gehn;</l><lb/>
            <l>Jch muß mich Cleliens er&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er wu&#x0364;rdig wi&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Es muß mich mein ver&#x017F;tand und nicht mein glu&#x0364;ck</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">erho&#x0364;hn/</hi> </l><lb/>
            <l>Da kan ich ihren mund mit frohen lippen ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Saladin.</hi> </l><lb/>
            <l>So i&#x017F;t es Clelie/ die deinen &#x017F;inn vergnu&#x0364;gt?</l><lb/>
            <l>Jch kenne &#x017F;ie zwar nicht doch hab ich nech&#x017F;t erfahren/</l><lb/>
            <l>Daß wer in ihrer &#x017F;chooß und &#x017F;cho&#x0364;nen armen liegt/</l><lb/>
            <l>Mit die&#x017F;em wolle &#x017F;ich das glu&#x0364;cke &#x017F;elber paaren.</l><lb/>
            <l>Nun du ha&#x017F;t wohl gethan/ daß du ein hirten-kind/</l><lb/>
            <l>Von un&#x017F;er Oder la&#x0364;&#x017F;t dein hertze lieb gewinnen:</l><lb/>
            <l>Jch war &#x017F;chon voller furcht/ weil doch die liebe blind/</l><lb/>
            <l>Es wa&#x0364;re deine glut von Albis &#x017F;cha&#x0364;ferinnen.</l><lb/>
            <l>Die hirten-to&#x0364;chter hier &#x017F;ind weder reich noch &#x017F;cho&#x0364;n/</l><lb/>
            <l>Die fluren &#x017F;elber &#x017F;ind mit &#x017F;andbedeckte felder;</l><lb/>
            <l>Die zarten la&#x0364;mmer &#x017F;ieht man wie die &#x017F;chatten gehn:</l><lb/>
            <l>Es nimmt hier alles ab/ auch &#x017F;elb&#x017F;t die dicken wa&#x0364;lder.</l><lb/>
            <l>Wer eine &#x017F;cha&#x0364;ferinn zu &#x017F;einer braut erwehlt/</l><lb/>
            <l>Bekommt kaum dreyßig &#x017F;chaf&#x2019; und zwantzig ziegen mitte.</l><lb/>
            <l>Allein das eichel-vieh empfa&#x0364;ngt er ungezehlt/</l><lb/>
            <l>Und wenn es ho&#x0364;her ko&#x0364;mmt/ auch eine &#x017F;chlechte hu&#x0364;tte.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Hofm. w. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Th. X</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Zu-</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0323] Vermiſchte Gedichte. Hat dich die ſchaͤferey der Elbe dann verblendet? Komm/ komm! der Oderſtrohm will deinen ruhm erhe- ben: Und wo mir dieſe bruſt noch reinen weyrauch brennt/ So will ich dir mein haus und hof zu lohne geben. Getreuer Saladin was meyneſt du hierbey? Jch habe noch nicht luſt die Elbe zu verlaſſen; Mein vorſatz geht dahin: ich will bis auf den May Hier die geheimniſſe der hirten beſſer faſſen/ Dann will ich noch einmahl den Rhein und Tieber ſchaun: Jch will die lebens-art derſelben ſchaͤfer lernen/ Und mich aus ihrem ſpiel und ſitten erſt erbaun/ Bevor ſich dieſer fuß ſoll aus der welt entfernen/ Und in den engen kreiß des vaterlandes gehn; Jch muß mich Cleliens erſt beſſer wuͤrdig wiſſen; Es muß mich mein verſtand und nicht mein gluͤck erhoͤhn/ Da kan ich ihren mund mit frohen lippen kuͤſſen. Saladin. So iſt es Clelie/ die deinen ſinn vergnuͤgt? Jch kenne ſie zwar nicht doch hab ich nechſt erfahren/ Daß wer in ihrer ſchooß und ſchoͤnen armen liegt/ Mit dieſem wolle ſich das gluͤcke ſelber paaren. Nun du haſt wohl gethan/ daß du ein hirten-kind/ Von unſer Oder laͤſt dein hertze lieb gewinnen: Jch war ſchon voller furcht/ weil doch die liebe blind/ Es waͤre deine glut von Albis ſchaͤferinnen. Die hirten-toͤchter hier ſind weder reich noch ſchoͤn/ Die fluren ſelber ſind mit ſandbedeckte felder; Die zarten laͤmmer ſieht man wie die ſchatten gehn: Es nimmt hier alles ab/ auch ſelbſt die dicken waͤlder. Wer eine ſchaͤferinn zu ſeiner braut erwehlt/ Bekommt kaum dreyßig ſchaf’ und zwantzig ziegen mitte. Allein das eichel-vieh empfaͤngt er ungezehlt/ Und wenn es hoͤher koͤmmt/ auch eine ſchlechte huͤtte. Zu- Hofm. w. IV. Th. X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/323
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/323>, abgerufen am 22.11.2024.