Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Grabschrifften. Eines Gehangenen. C. H DAs leben henget nur an einem dünnen faden/ Und viele fühlen doch daran so selten schaden: Mein leben aber henckt an einem dicken stricke/ Und bricht mir eher noch als ihnen das Genicke. Eines Diebes. C. H. JHr todten gebet acht auff eure leichen-tücher Vor dieses nachbars hand war sonsten nichts zu sicher/ Und glaub' ich/ daß er sich bey zeiten weggestohlen/ Wenn ihm' es nur geträumt/ daß ihn der tod woll holen. Eines Judens. C. H. DJe Christen sollen einst davor die hölle haben/ Daß sie gelegenheit zu meiner kranckheit gaben/ Sie assen schweine-fleisch/ vor diesem graute mir/ Ein fieber schlug darzu und dies begrub mich hier. Ver-
Grabſchrifften. Eines Gehangenen. C. H DAs leben henget nur an einem duͤnnen faden/ Und viele fuͤhlen doch daran ſo ſelten ſchaden: Mein leben aber henckt an einem dicken ſtricke/ Und bricht mir eher noch als ihnen das Genicke. Eines Diebes. C. H. JHr todten gebet acht auff eure leichen-tuͤcher Vor dieſes nachbars hand war ſonſten nichts zu ſicher/ Und glaub’ ich/ daß er ſich bey zeiten weggeſtohlen/ Wenn ihm’ es nur getraͤumt/ daß ihn der tod woll holen. Eines Judens. C. H. DJe Chriſten ſollen einſt davor die hoͤlle haben/ Daß ſie gelegenheit zu meiner kranckheit gaben/ Sie aſſen ſchweine-fleiſch/ vor dieſem graute mir/ Ein fieber ſchlug darzu und dies begrub mich hier. Ver-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0302" n="300"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Grabſchrifften.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Eines Gehangenen.<lb/> C. H</hi> </head><lb/> <lg> <l><hi rendition="#in">D</hi>As leben henget nur an einem duͤnnen faden/</l><lb/> <l>Und viele fuͤhlen doch daran ſo ſelten ſchaden:</l><lb/> <l>Mein leben aber henckt an einem dicken ſtricke/</l><lb/> <l>Und bricht mir eher noch als ihnen das Genicke.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Eines Diebes.<lb/> C. H.</hi> </head><lb/> <lg> <l><hi rendition="#in">J</hi>Hr todten gebet acht auff eure leichen-tuͤcher</l><lb/> <l>Vor dieſes nachbars hand war ſonſten nichts zu ſicher/</l><lb/> <l>Und glaub’ ich/ daß er ſich bey zeiten weggeſtohlen/</l><lb/> <l>Wenn ihm’ es nur getraͤumt/ daß ihn der tod woll holen.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Eines Judens.<lb/> C. H.</hi> </head><lb/> <lg> <l><hi rendition="#in">D</hi>Je Chriſten ſollen einſt davor die hoͤlle haben/</l><lb/> <l>Daß ſie gelegenheit zu meiner kranckheit gaben/</l><lb/> <l>Sie aſſen ſchweine-fleiſch/ vor dieſem graute mir/</l><lb/> <l>Ein fieber ſchlug darzu und dies begrub mich hier.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ver-</hi> </fw><lb/> </body> </text> </TEI> [300/0302]
Grabſchrifften.
Eines Gehangenen.
C. H
DAs leben henget nur an einem duͤnnen faden/
Und viele fuͤhlen doch daran ſo ſelten ſchaden:
Mein leben aber henckt an einem dicken ſtricke/
Und bricht mir eher noch als ihnen das Genicke.
Eines Diebes.
C. H.
JHr todten gebet acht auff eure leichen-tuͤcher
Vor dieſes nachbars hand war ſonſten nichts zu ſicher/
Und glaub’ ich/ daß er ſich bey zeiten weggeſtohlen/
Wenn ihm’ es nur getraͤumt/ daß ihn der tod woll holen.
Eines Judens.
C. H.
DJe Chriſten ſollen einſt davor die hoͤlle haben/
Daß ſie gelegenheit zu meiner kranckheit gaben/
Sie aſſen ſchweine-fleiſch/ vor dieſem graute mir/
Ein fieber ſchlug darzu und dies begrub mich hier.
Ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/302 |
Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/302>, abgerufen am 16.07.2024. |