Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Hochzeit-Gedichte. Kein kuß kan sich selber kosten:Die einsamkeit kan die krafft der liebe nicht empfinden; Es muß seel und geist in einem leibe zusammen rinnen/ Daraus wird der balsam ehlicher liebe bereitet/ Der göttliche leim/ so allein zwey in einem leibe zusammen füget. Seine seufftzer vergiengen mit der lufft/ da sie niemand auf- genommen/ Die flamme des hertzens verleschte/ als das liebes-öhl er- mangelte/ Die wunden des leidens kunten nicht heilen/ Weil sie nicht verbunden wurden. Numehr wird der schmertz in schertz verkehret/ denn sein hertz hat freude im leide. Mit dem neuen jahre begunte er aufs neue zu lieben/ Gewißlich aufs neue zu leben. Liebe brennt auch in der kälte: Der weisse heckelsberg läst aus schnee und eiß seine flammen steigen/ Die kleine welt muß auch ein heimlich feuer bey sich haben. Des Herrn Bräutigams anitzo zu geschweigen/ So wird die Jungfer Braut ihm heute selber zeugen/ Wie itzt ihr schnee-gebirg' im heissen brande steh' Und eine rohte glut aus dessen hügeln geh; Hier starren die glieder und wollen gefrieren/ Doch wil sich die hitze viel minder verlieren. Sonsten wird die fremde welt itzund herbst und frühling halten; Solte der Herr Bräutigam irgend bey dem frost erkalten/ So fahr er nur in das noch unerfundne land/ Jn seiner neu-entdeckten welt/ Dort an dem bemoosten Strande/ Jn dem neu gelobten Lande/ Wird er rosen können brechen/ Welche nicht mit dornen stechen/ Er wird äpfel und granaten/ Die nach jener art gerahten/ So N 2
Hochzeit-Gedichte. Kein kuß kan ſich ſelber koſten:Die einſamkeit kan die krafft der liebe nicht empfinden; Es muß ſeel und geiſt in einem leibe zuſammen rinnen/ Daraus wird der balſam ehlicher liebe bereitet/ Der goͤttliche leim/ ſo allein zwey in einem leibe zuſammen fuͤget. Seine ſeufftzer vergiengen mit der lufft/ da ſie niemand auf- genommen/ Die flamme des hertzens verleſchte/ als das liebes-oͤhl er- mangelte/ Die wunden des leidens kunten nicht heilen/ Weil ſie nicht verbunden wurden. Numehr wird der ſchmertz in ſchertz verkehret/ denn ſein hertz hat freude im leide. Mit dem neuen jahre begunte er aufs neue zu lieben/ Gewißlich aufs neue zu leben. Liebe brennt auch in der kaͤlte: Der weiſſe heckelsberg laͤſt aus ſchnee und eiß ſeine flammen ſteigen/ Die kleine welt muß auch ein heimlich feuer bey ſich haben. Des Herrn Braͤutigams anitzo zu geſchweigen/ So wird die Jungfer Braut ihm heute ſelber zeugen/ Wie itzt ihr ſchnee-gebirg’ im heiſſen brande ſteh’ Und eine rohte glut aus deſſen huͤgeln geh; Hier ſtarren die glieder und wollen gefrieren/ Doch wil ſich die hitze viel minder verlieren. Sonſten wird die fremde welt itzund herbſt und fruͤhling halten; Solte der Herr Braͤutigam irgend bey dem froſt erkalten/ So fahr er nur in das noch unerfundne land/ Jn ſeiner neu-entdeckten welt/ Dort an dem bemooſten Strande/ Jn dem neu gelobten Lande/ Wird er roſen koͤnnen brechen/ Welche nicht mit dornen ſtechen/ Er wird aͤpfel und granaten/ Die nach jener art gerahten/ So N 2
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Hochzeit-Gedichte.
Kein kuß kan ſich ſelber koſten:
Die einſamkeit kan die krafft der liebe nicht empfinden;
Es muß ſeel und geiſt in einem leibe zuſammen rinnen/
Daraus wird der balſam ehlicher liebe bereitet/
Der goͤttliche leim/ ſo allein zwey in einem leibe zuſammen
fuͤget.
Seine ſeufftzer vergiengen mit der lufft/ da ſie niemand auf-
genommen/
Die flamme des hertzens verleſchte/ als das liebes-oͤhl er-
mangelte/
Die wunden des leidens kunten nicht heilen/
Weil ſie nicht verbunden wurden.
Numehr wird der ſchmertz in ſchertz verkehret/ denn ſein
hertz hat freude im leide.
Mit dem neuen jahre begunte er aufs neue zu lieben/
Gewißlich aufs neue zu leben.
Liebe brennt auch in der kaͤlte:
Der weiſſe heckelsberg laͤſt aus ſchnee und eiß ſeine flammen
ſteigen/
Die kleine welt muß auch ein heimlich feuer bey ſich haben.
Des Herrn Braͤutigams anitzo zu geſchweigen/
So wird die Jungfer Braut ihm heute ſelber zeugen/
Wie itzt ihr ſchnee-gebirg’ im heiſſen brande ſteh’
Und eine rohte glut aus deſſen huͤgeln geh;
Hier ſtarren die glieder und wollen gefrieren/
Doch wil ſich die hitze viel minder verlieren.
Sonſten wird die fremde welt itzund herbſt und fruͤhling
halten;
Solte der Herr Braͤutigam irgend bey dem froſt erkalten/
So fahr er nur in das noch unerfundne land/
Jn ſeiner neu-entdeckten welt/
Dort an dem bemooſten Strande/
Jn dem neu gelobten Lande/
Wird er roſen koͤnnen brechen/
Welche nicht mit dornen ſtechen/
Er wird aͤpfel und granaten/
Die nach jener art gerahten/
So
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Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/197>, abgerufen am 21.07.2024. |