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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Hochzeit-Gedichte.
Die sonne blendet nur der augen sternend licht;
Die schönheit aber blitzt durch felsen/ ertz und steine/
Den augen der vernunfft entzeucht sie das gesicht.
Die seele/ die gleich sonst noch strahl noch blitz empfin-
det/
Wird durch mich sonne stets mit liebes-brunst enttzündet.

Die Freundligkeit.
Die Sinnen die beruhn noch nicht in deinen händen/
Denn du läst über dich die augen urtheil fälln:
Jch aber weiß vernunfft und augen so zu bländen
Daß ich die raben auch in schwanen kan verstelln/
Der schönheit schnee zerschmiltzt für meiner anmuth
hitze/
Jhr scharlach krieget fleck'/ ihr Marmel krieget ritze.
Die Schönheit.
Mein wesen ohne fleck darff spiegel ohne flecken/
Darff richter ohne falsch und augen die nicht blind.
Du must dein färbicht nichts in meine seide stechen/
Mein glantz ist wesentlich/ dein Prangen ist ein wind/
Schön zu seyn scheinen ist dein gröstes meister-stücke/
Und daß ein nackter sich mit meinen federn schmücke.
Die Freundligkeit.
Es ist viel grösser Kunst/ aus nichts nicht etwas machen/
Als diesem/ das schon ist/ zu setzen etwas zu.
Schmähst du die häßligkeit so muß ich deiner lachen/
Weil sie durch mich offt wird so schön gestellt als du.
Solch schmincken geht wol hin/ wo die gefärbten Strah-
len
Nur schöner/ als wol selbst der schönheit pinsel mahlen.
Die Schönheit.
Mein irrdisch himmel ist ein irr-saal der gedancken/
Mein lebend garten ist ein Paradieß der lust/
Der

Hochzeit-Gedichte.
Die ſonne blendet nur der augen ſternend licht;
Die ſchoͤnheit aber blitzt durch felſen/ ertz und ſteine/
Den augen der vernunfft entzeucht ſie das geſicht.
Die ſeele/ die gleich ſonſt noch ſtrahl noch blitz empfin-
det/
Wird durch mich ſonne ſtets mit liebes-brunſt enttzuͤndet.

Die Freundligkeit.
Die Sinnen die beruhn noch nicht in deinen haͤnden/
Denn du laͤſt uͤber dich die augen urtheil faͤlln:
Jch aber weiß vernunfft und augen ſo zu blaͤnden
Daß ich die raben auch in ſchwanen kan verſtelln/
Der ſchoͤnheit ſchnee zerſchmiltzt fuͤr meiner anmuth
hitze/
Jhr ſcharlach krieget fleck’/ ihr Marmel krieget ritze.
Die Schoͤnheit.
Mein weſen ohne fleck darff ſpiegel ohne flecken/
Darff richter ohne falſch und augen die nicht blind.
Du muſt dein faͤrbicht nichts in meine ſeide ſtechen/
Mein glantz iſt weſentlich/ dein Prangen iſt ein wind/
Schoͤn zu ſeyn ſcheinen iſt dein groͤſtes meiſter-ſtuͤcke/
Und daß ein nackter ſich mit meinen federn ſchmuͤcke.
Die Freundligkeit.
Es iſt viel groͤſſer Kunſt/ aus nichts nicht etwas machen/
Als dieſem/ das ſchon iſt/ zu ſetzen etwas zu.
Schmaͤhſt du die haͤßligkeit ſo muß ich deiner lachen/
Weil ſie durch mich offt wird ſo ſchoͤn geſtellt als du.
Solch ſchmincken geht wol hin/ wo die gefaͤrbten Strah-
len
Nur ſchoͤner/ als wol ſelbſt der ſchoͤnheit pinſel mahlen.
Die Schoͤnheit.
Mein irrdiſch himmel iſt ein irr-ſaal der gedancken/
Mein lebend garten iſt ein Paradieß der luſt/
Der
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[184/0186] Hochzeit-Gedichte. Die ſonne blendet nur der augen ſternend licht; Die ſchoͤnheit aber blitzt durch felſen/ ertz und ſteine/ Den augen der vernunfft entzeucht ſie das geſicht. Die ſeele/ die gleich ſonſt noch ſtrahl noch blitz empfin- det/ Wird durch mich ſonne ſtets mit liebes-brunſt enttzuͤndet. Die Freundligkeit. Die Sinnen die beruhn noch nicht in deinen haͤnden/ Denn du laͤſt uͤber dich die augen urtheil faͤlln: Jch aber weiß vernunfft und augen ſo zu blaͤnden Daß ich die raben auch in ſchwanen kan verſtelln/ Der ſchoͤnheit ſchnee zerſchmiltzt fuͤr meiner anmuth hitze/ Jhr ſcharlach krieget fleck’/ ihr Marmel krieget ritze. Die Schoͤnheit. Mein weſen ohne fleck darff ſpiegel ohne flecken/ Darff richter ohne falſch und augen die nicht blind. Du muſt dein faͤrbicht nichts in meine ſeide ſtechen/ Mein glantz iſt weſentlich/ dein Prangen iſt ein wind/ Schoͤn zu ſeyn ſcheinen iſt dein groͤſtes meiſter-ſtuͤcke/ Und daß ein nackter ſich mit meinen federn ſchmuͤcke. Die Freundligkeit. Es iſt viel groͤſſer Kunſt/ aus nichts nicht etwas machen/ Als dieſem/ das ſchon iſt/ zu ſetzen etwas zu. Schmaͤhſt du die haͤßligkeit ſo muß ich deiner lachen/ Weil ſie durch mich offt wird ſo ſchoͤn geſtellt als du. Solch ſchmincken geht wol hin/ wo die gefaͤrbten Strah- len Nur ſchoͤner/ als wol ſelbſt der ſchoͤnheit pinſel mahlen. Die Schoͤnheit. Mein irrdiſch himmel iſt ein irr-ſaal der gedancken/ Mein lebend garten iſt ein Paradieß der luſt/ Der

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/186>, abgerufen am 24.11.2024.