Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Galante und Was gilts die wahrheit wird/ ja selbst der augenscheinEuch den verdeckten grund der Sache besser zeigen/ Daß ich so Muschel/ Meer als Welle müsse seyn. Jn meinen gründen ist die liebe ja gebohren/ Jch bin ihr erster Sitz/ ihr Stamm-haus/ Vaterland/ Mich hat zu dieser See selbst die natur erkohren/ An deren ufern sich das schöne Mädgen fand. Jhr glieder möget nun vor mir die segel streichen/ Weil ich die Götter selbst durch mich hervor gebracht/ Jhr selber müstet auch in Mutter-leib' erbleichen/ Wenn nicht durch mich das Thor wär' in die welt gemacht. Es füllet meine frucht den Himmel und die Erde/ Jch mache daß der bau der wundergrossen welt Nicht vor der letzten zeit zu einer wüsten werde/ Die nichts als distel-sträuch und dörner in sich hält. Jch bin das paradieß/ vor dem die keuschheit wachet/ Jn dessen gegenden die lebens-früchte blühn/ Wo unser leben wird/ wie feuer angefachet/ Dabey die Söhne sich/ wie Adam/ gerne mühn; Ein Tempel/ wo die glut der liebe stündlich brennet; Ein Opffer-Tisch/ wo milch zum opffer wird gebraucht; Ein heiligthum/ daß die vor Priester nur erkennet/ Jn deren keuscher brust ein reiner weyrauch raucht; Ein gutes feld/ das nur gerahtne früchte bringet; Ein garten/ den der thau der wollust überfliest; Ja der die anmuht hat/ die alle welt bezwinget/ Und dessen blumen-feld sein eigner fluß begiest. Ein Meer wo Ebb' und Fluht dem Monden-lauffe gleichet; Ein spiegel-glattes eiß/ wo auch ein Riese fällt; Ein hafen/ den vergnügt die Zucker-flott' erreichet; Die Schule/ die man nur vor junge Männer hält; Der liebe musterplatz die mannschafft auszuüben; Ein zwinger/ welcher zu doch nicht verschlossen ist; Die wahlstadt/ wo auch wol ein Simson ist geblieben; Das schützen-haus in dem ein jeder gerne schiest; Ein Marckt/ wo regungen durch blicke zu erlangen; Ein wechsel-tisch der uns vor Jungfern/ Frauen zahlt; Ein
Galante und Was gilts die wahrheit wird/ ja ſelbſt der augenſcheinEuch den verdeckten grund der Sache beſſer zeigen/ Daß ich ſo Muſchel/ Meer als Welle muͤſſe ſeyn. Jn meinen gruͤnden iſt die liebe ja gebohren/ Jch bin ihr erſter Sitz/ ihr Stamm-haus/ Vaterland/ Mich hat zu dieſer See ſelbſt die natur erkohren/ An deren ufern ſich das ſchoͤne Maͤdgen fand. Jhr glieder moͤget nun vor mir die ſegel ſtreichen/ Weil ich die Goͤtter ſelbſt durch mich hervor gebracht/ Jhr ſelber muͤſtet auch in Mutter-leib’ erbleichen/ Wenn nicht durch mich das Thor waͤr’ in die welt gemacht. Es fuͤllet meine frucht den Himmel und die Erde/ Jch mache daß der bau der wundergroſſen welt Nicht vor der letzten zeit zu einer wuͤſten werde/ Die nichts als diſtel-ſtraͤuch und doͤrner in ſich haͤlt. Jch bin das paradieß/ vor dem die keuſchheit wachet/ Jn deſſen gegenden die lebens-fruͤchte bluͤhn/ Wo unſer leben wird/ wie feuer angefachet/ Dabey die Soͤhne ſich/ wie Adam/ gerne muͤhn; Ein Tempel/ wo die glut der liebe ſtuͤndlich brennet; Ein Opffer-Tiſch/ wo milch zum opffer wird gebraucht; Ein heiligthum/ daß die vor Prieſter nur erkennet/ Jn deren keuſcher bruſt ein reiner weyrauch raucht; Ein gutes feld/ das nur gerahtne fruͤchte bringet; Ein garten/ den der thau der wolluſt uͤberflieſt; Ja der die anmuht hat/ die alle welt bezwinget/ Und deſſen blumen-feld ſein eigner fluß begieſt. Ein Meer wo Ebb’ und Fluht dem Monden-lauffe gleichet; Ein ſpiegel-glattes eiß/ wo auch ein Rieſe faͤllt; Ein hafen/ den vergnuͤgt die Zucker-flott’ erreichet; Die Schule/ die man nur vor junge Maͤnner haͤlt; Der liebe muſterplatz die mannſchafft auszuuͤben; Ein zwinger/ welcher zu doch nicht verſchloſſen iſt; Die wahlſtadt/ wo auch wol ein Simſon iſt geblieben; Das ſchuͤtzen-haus in dem ein jeder gerne ſchieſt; Ein Marckt/ wo regungen durch blicke zu erlangen; Ein wechſel-tiſch der uns vor Jungfern/ Frauen zahlt; Ein
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Was gilts die wahrheit wird/ ja ſelbſt der augenſchein
Euch den verdeckten grund der Sache beſſer zeigen/
Daß ich ſo Muſchel/ Meer als Welle muͤſſe ſeyn.
Jn meinen gruͤnden iſt die liebe ja gebohren/
Jch bin ihr erſter Sitz/ ihr Stamm-haus/ Vaterland/
Mich hat zu dieſer See ſelbſt die natur erkohren/
An deren ufern ſich das ſchoͤne Maͤdgen fand.
Jhr glieder moͤget nun vor mir die ſegel ſtreichen/
Weil ich die Goͤtter ſelbſt durch mich hervor gebracht/
Jhr ſelber muͤſtet auch in Mutter-leib’ erbleichen/
Wenn nicht durch mich das Thor waͤr’ in die welt gemacht.
Es fuͤllet meine frucht den Himmel und die Erde/
Jch mache daß der bau der wundergroſſen welt
Nicht vor der letzten zeit zu einer wuͤſten werde/
Die nichts als diſtel-ſtraͤuch und doͤrner in ſich haͤlt.
Jch bin das paradieß/ vor dem die keuſchheit wachet/
Jn deſſen gegenden die lebens-fruͤchte bluͤhn/
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Dabey die Soͤhne ſich/ wie Adam/ gerne muͤhn;
Ein Tempel/ wo die glut der liebe ſtuͤndlich brennet;
Ein Opffer-Tiſch/ wo milch zum opffer wird gebraucht;
Ein heiligthum/ daß die vor Prieſter nur erkennet/
Jn deren keuſcher bruſt ein reiner weyrauch raucht;
Ein gutes feld/ das nur gerahtne fruͤchte bringet;
Ein garten/ den der thau der wolluſt uͤberflieſt;
Ja der die anmuht hat/ die alle welt bezwinget/
Und deſſen blumen-feld ſein eigner fluß begieſt.
Ein Meer wo Ebb’ und Fluht dem Monden-lauffe gleichet;
Ein ſpiegel-glattes eiß/ wo auch ein Rieſe faͤllt;
Ein hafen/ den vergnuͤgt die Zucker-flott’ erreichet;
Die Schule/ die man nur vor junge Maͤnner haͤlt;
Der liebe muſterplatz die mannſchafft auszuuͤben;
Ein zwinger/ welcher zu doch nicht verſchloſſen iſt;
Die wahlſtadt/ wo auch wol ein Simſon iſt geblieben;
Das ſchuͤtzen-haus in dem ein jeder gerne ſchieſt;
Ein Marckt/ wo regungen durch blicke zu erlangen;
Ein wechſel-tiſch der uns vor Jungfern/ Frauen zahlt;
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