Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Vermischte Gedichte. Mein eintzig aufenthalt und leitstern meiner sinnen/Mein süsser augen-trost/ den meine seele liebt/ Die thränen/ die anitzt aus unsern augen rinnen/ Sind zeugen/ daß die welt uns wenig rosen giebt. Den schönsten ehren-krantz hat uns der HErr gebunden/ Der über Printzen herrscht/ der unsre tage zählt/ Und unser hertze fühlt doch allzeit frische wunden/ Es hat die wehmuth uns zu ihrem sitz erwählt. Es muß mein hertze zwar in zweyen cörpern leben/ Und ein gefangener der süssen wollust seyn. Dich hat der Höchste mir zum augen-ziel gegeben. Die armen schlingen mich mit tausend freuden ein. Des leibes gaben muß iedwede zunge rühmen/ Weil milch und blut vermischt dir im gesichte schwimmt. Es mag der sternen heer den himmels-garten blühmen/ Hier ist ein sternen-paar/ das noch weit höher glimmt. Die purpur-lippen sind ein köcher voller pfeile/ Durch die ich ward und werd aufs heftigste verwundt. Mein hertze wird verstrickt durch feste liebes-seile/ Wenn rosen von sich streut dein labsal-voller mund. Hast du gleich nicht den leib in blancken stahl geschlossen/ Dich auf den krausen jäscht der wellen nicht gewagt/ Und vor das vaterland das frische blut vergossen/ So hast du doch viel ruhm durch manchen streit erjagt. Du prangest als ein Held mit schönen sieges-fahnen/ Weil du die böse lust im hertzen nicht erfüllt/ Du bist der Fürsten preiß/ ein schmuck der hohen ahnen/ Deß nähsten blutes zier/ der tugend ebenbild. Dein hertz ist nicht gesinnt der erden anzukleben/ Du hast dir selbst zum ziel den himmel ausgestellt. Du hast in deiner brust/ was dich heist heilig leben/ Die edle gottesfurcht/ das wildpret dieser welt. Weil du Minervens milch von kind auf hast gesogen/ Sophia dich gedrückt an ihre liebes-brust/ Und Suada auf der burg der lippen eingezogen/ So hast du noch an kunst und büchern deine lust. Du hast dir beygelegt das kleinod grüner jugend. Die sanfftmuth wurtzelt fest in deinem hertzen ein/ Du
Vermiſchte Gedichte. Mein eintzig aufenthalt und leitſtern meiner ſinnen/Mein ſuͤſſer augen-troſt/ den meine ſeele liebt/ Die thraͤnen/ die anitzt aus unſern augen rinnen/ Sind zeugen/ daß die welt uns wenig roſen giebt. Den ſchoͤnſten ehren-krantz hat uns der HErr gebunden/ Der uͤber Printzen herrſcht/ der unſre tage zaͤhlt/ Und unſer hertze fuͤhlt doch allzeit friſche wunden/ Es hat die wehmuth uns zu ihrem ſitz erwaͤhlt. Es muß mein hertze zwar in zweyen coͤrpern leben/ Und ein gefangener der ſuͤſſen wolluſt ſeyn. Dich hat der Hoͤchſte mir zum augen-ziel gegeben. Die armen ſchlingen mich mit tauſend freuden ein. Des leibes gaben muß iedwede zunge ruͤhmen/ Weil milch und blut vermiſcht dir im geſichte ſchwimmt. Es mag der ſternen heer den himmels-garten bluͤhmen/ Hier iſt ein ſternen-paar/ das noch weit hoͤher glimmt. Die purpur-lippen ſind ein koͤcher voller pfeile/ Durch die ich ward und werd aufs heftigſte verwundt. Mein hertze wird verſtrickt durch feſte liebes-ſeile/ Wenn roſen von ſich ſtreut dein labſal-voller mund. Haſt du gleich nicht den leib in blancken ſtahl geſchloſſen/ Dich auf den krauſen jaͤſcht der wellen nicht gewagt/ Und vor das vaterland das friſche blut vergoſſen/ So haſt du doch viel ruhm durch manchen ſtreit erjagt. Du prangeſt als ein Held mit ſchoͤnen ſieges-fahnen/ Weil du die boͤſe luſt im hertzen nicht erfuͤllt/ Du biſt der Fuͤrſten preiß/ ein ſchmuck der hohen ahnen/ Deß naͤhſten blutes zier/ der tugend ebenbild. Dein hertz iſt nicht geſinnt der erden anzukleben/ Du haſt dir ſelbſt zum ziel den himmel ausgeſtellt. Du haſt in deiner bruſt/ was dich heiſt heilig leben/ Die edle gottesfurcht/ das wildpret dieſer welt. Weil du Minervens milch von kind auf haſt geſogen/ Sophia dich gedruͤckt an ihre liebes-bruſt/ Und Suada auf der burg der lippen eingezogen/ So haſt du noch an kunſt und buͤchern deine luſt. Du haſt dir beygelegt das kleinod gruͤner jugend. Die ſanfftmuth wurtzelt feſt in deinem hertzen ein/ Du
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Vermiſchte Gedichte.
Mein eintzig aufenthalt und leitſtern meiner ſinnen/
Mein ſuͤſſer augen-troſt/ den meine ſeele liebt/
Die thraͤnen/ die anitzt aus unſern augen rinnen/
Sind zeugen/ daß die welt uns wenig roſen giebt.
Den ſchoͤnſten ehren-krantz hat uns der HErr gebunden/
Der uͤber Printzen herrſcht/ der unſre tage zaͤhlt/
Und unſer hertze fuͤhlt doch allzeit friſche wunden/
Es hat die wehmuth uns zu ihrem ſitz erwaͤhlt.
Es muß mein hertze zwar in zweyen coͤrpern leben/
Und ein gefangener der ſuͤſſen wolluſt ſeyn.
Dich hat der Hoͤchſte mir zum augen-ziel gegeben.
Die armen ſchlingen mich mit tauſend freuden ein.
Des leibes gaben muß iedwede zunge ruͤhmen/
Weil milch und blut vermiſcht dir im geſichte ſchwimmt.
Es mag der ſternen heer den himmels-garten bluͤhmen/
Hier iſt ein ſternen-paar/ das noch weit hoͤher glimmt.
Die purpur-lippen ſind ein koͤcher voller pfeile/
Durch die ich ward und werd aufs heftigſte verwundt.
Mein hertze wird verſtrickt durch feſte liebes-ſeile/
Wenn roſen von ſich ſtreut dein labſal-voller mund.
Haſt du gleich nicht den leib in blancken ſtahl geſchloſſen/
Dich auf den krauſen jaͤſcht der wellen nicht gewagt/
Und vor das vaterland das friſche blut vergoſſen/
So haſt du doch viel ruhm durch manchen ſtreit erjagt.
Du prangeſt als ein Held mit ſchoͤnen ſieges-fahnen/
Weil du die boͤſe luſt im hertzen nicht erfuͤllt/
Du biſt der Fuͤrſten preiß/ ein ſchmuck der hohen ahnen/
Deß naͤhſten blutes zier/ der tugend ebenbild.
Dein hertz iſt nicht geſinnt der erden anzukleben/
Du haſt dir ſelbſt zum ziel den himmel ausgeſtellt.
Du haſt in deiner bruſt/ was dich heiſt heilig leben/
Die edle gottesfurcht/ das wildpret dieſer welt.
Weil du Minervens milch von kind auf haſt geſogen/
Sophia dich gedruͤckt an ihre liebes-bruſt/
Und Suada auf der burg der lippen eingezogen/
So haſt du noch an kunſt und buͤchern deine luſt.
Du haſt dir beygelegt das kleinod gruͤner jugend.
Die ſanfftmuth wurtzelt feſt in deinem hertzen ein/
Du
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