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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Vermischte Gedichte.
O wie kommt es/ (düncket mich/)
Würdest du für eyfer fragen/
Da die muntre Brennen sich
Durch die halbe welt geschlagen;
Da der Barbar sie gescheut/
Da die Römer/ da die Griechen
Jhrer strengen faust gewichen/
Daß doch diese tapferkeit/
Die sich ja noch nie verlohren/
Keinen dichter hat gebohren?
Mich empfing ein solches land/
Wo die helden menschen waren;
Gleichwohl wust' ich mit verstand
Sie den göttern bey zu paaren?
Hätt ich in der Marck gelebt/
Wo man mehr von einem helden/
Als von göttern/ weiß zu melden/
Ach wo hätt' ich hingestrebt!
Ach was hätten unsre zungen
Nicht für thaten abgesungen!
O Homer! du klagest recht.
Denn da macht und hoheit steiget/
Jst die poesie so schlecht/
Daß sie nichts/ als schüler/ zeiget.
Friedrich pflantzt ein Königreich;
Wir vergessen unsre reimen:
Oder/ so wir ja was träumen/
Jst's kaum seiner jugend gleich;
Weil er längst vorbey gegangen/
Wo wir dencken anzufangen.
Doch du kuntest mehr als wir.
Du schriebst tausend schöne lügen.
Deine helden musten dir
Wie/ und wenn du woltest siegen.
Friedrich aber glaubt es nicht.
Er geht fort und läst uns sitzen.
Was
Vermiſchte Gedichte.
O wie kommt es/ (duͤncket mich/)
Wuͤrdeſt du fuͤr eyfer fragen/
Da die muntre Brennen ſich
Durch die halbe welt geſchlagen;
Da der Barbar ſie geſcheut/
Da die Roͤmer/ da die Griechen
Jhrer ſtrengen fauſt gewichen/
Daß doch dieſe tapferkeit/
Die ſich ja noch nie verlohren/
Keinen dichter hat gebohren?
Mich empfing ein ſolches land/
Wo die helden menſchen waren;
Gleichwohl wuſt’ ich mit verſtand
Sie den goͤttern bey zu paaren?
Haͤtt ich in der Marck gelebt/
Wo man mehr von einem helden/
Als von goͤttern/ weiß zu melden/
Ach wo haͤtt’ ich hingeſtrebt!
Ach was haͤtten unſre zungen
Nicht fuͤr thaten abgeſungen!
O Homer! du klageſt recht.
Denn da macht und hoheit ſteiget/
Jſt die poeſie ſo ſchlecht/
Daß ſie nichts/ als ſchuͤler/ zeiget.
Friedrich pflantzt ein Koͤnigreich;
Wir vergeſſen unſre reimen:
Oder/ ſo wir ja was traͤumen/
Jſt’s kaum ſeiner jugend gleich;
Weil er laͤngſt vorbey gegangen/
Wo wir dencken anzufangen.
Doch du kunteſt mehr als wir.
Du ſchriebſt tauſend ſchoͤne luͤgen.
Deine helden muſten dir
Wie/ und wenn du wolteſt ſiegen.
Friedrich aber glaubt es nicht.
Er geht fort und laͤſt uns ſitzen.
Was
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[240/0250] Vermiſchte Gedichte. O wie kommt es/ (duͤncket mich/) Wuͤrdeſt du fuͤr eyfer fragen/ Da die muntre Brennen ſich Durch die halbe welt geſchlagen; Da der Barbar ſie geſcheut/ Da die Roͤmer/ da die Griechen Jhrer ſtrengen fauſt gewichen/ Daß doch dieſe tapferkeit/ Die ſich ja noch nie verlohren/ Keinen dichter hat gebohren? Mich empfing ein ſolches land/ Wo die helden menſchen waren; Gleichwohl wuſt’ ich mit verſtand Sie den goͤttern bey zu paaren? Haͤtt ich in der Marck gelebt/ Wo man mehr von einem helden/ Als von goͤttern/ weiß zu melden/ Ach wo haͤtt’ ich hingeſtrebt! Ach was haͤtten unſre zungen Nicht fuͤr thaten abgeſungen! O Homer! du klageſt recht. Denn da macht und hoheit ſteiget/ Jſt die poeſie ſo ſchlecht/ Daß ſie nichts/ als ſchuͤler/ zeiget. Friedrich pflantzt ein Koͤnigreich; Wir vergeſſen unſre reimen: Oder/ ſo wir ja was traͤumen/ Jſt’s kaum ſeiner jugend gleich; Weil er laͤngſt vorbey gegangen/ Wo wir dencken anzufangen. Doch du kunteſt mehr als wir. Du ſchriebſt tauſend ſchoͤne luͤgen. Deine helden muſten dir Wie/ und wenn du wolteſt ſiegen. Friedrich aber glaubt es nicht. Er geht fort und laͤſt uns ſitzen. Was

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/250>, abgerufen am 23.11.2024.