Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
Der kirchen fehlt ein glied von ungemeiner güte/
Ein glied das iederzeit des Höchsten tempel war:
Der arme klagt die hand/ wir aber ihr gemüthe;
Kurtz: Unser kleinod liegt auff einer todten-baar.
So seufftzt die gantze stadt! drum schweigen meine wörter/
Dergleichen lebens-lauff beschämet allen ruhm;
Zudem bewohnt der geist schon die bestirnten örter/
Und hat der engel lob zu seinem eigenthum.
Jhr schmertzlicher verlust ist hier zwar zu betrauren/
Jedoch der seelen stand nimmt keine thränen an:
Denn ihre seele wohnt in den saphirnen mauern/
Wo kein verschlagner feind den frieden stöhren kan.
Drum überlieffern wir/ mein freund/ dir alle thränen/
Du bists/ den GOttes hand am allermeisten schlägt:
Denn deine wunde hat nach pflastern sich zu sehnen/
Weil man dein schutz-gestirn dir aus den augen trägt.
Allein begreiffe dich und mindre deine klagen/
Was dir aus hertze stöst/ ist eine vater-hand;
Wenn hat der treue GOtt verwundet und geschlagen/
Da nicht sein arm zugleich den schaden selbst verband/
Jst schon die mutter hin/ so steht doch der zur seiten/
Der vielmahls wunderlich doch niemahls böse führt/
Der wird durch seinen geist dich überall begleiten/
Biß einst der tugend lohn dein wehrtes haupt beziert.
Wohlan/ so trockne nun die überschwemmten wangen
Und schau der mutter heyl mit heitern augen an:
Wer in die seeligkeit so still und sanfft gegangen/
Mit diesem hat der tod recht als ein freund gethan.


Auf Hn. M. Johann Moths
Absterben.

M. M. R.

1.
KAn Pylades noch hand und feder regen/
Da sein Orest den letzten abschied nimm't?
Kan
Begraͤbniß-Gedichte.
Der kirchen fehlt ein glied von ungemeiner guͤte/
Ein glied das iederzeit des Hoͤchſten tempel war:
Der arme klagt die hand/ wir aber ihr gemuͤthe;
Kurtz: Unſer kleinod liegt auff einer todten-baar.
So ſeufftzt die gantze ſtadt! drum ſchweigen meine woͤrter/
Dergleichen lebens-lauff beſchaͤmet allen ruhm;
Zudem bewohnt der geiſt ſchon die beſtirnten oͤrter/
Und hat der engel lob zu ſeinem eigenthum.
Jhr ſchmertzlicher verluſt iſt hier zwar zu betrauren/
Jedoch der ſeelen ſtand nimmt keine thraͤnen an:
Denn ihre ſeele wohnt in den ſaphirnen mauern/
Wo kein verſchlagner feind den frieden ſtoͤhren kan.
Drum uͤberlieffern wir/ mein freund/ dir alle thraͤnen/
Du biſts/ den GOttes hand am allermeiſten ſchlaͤgt:
Denn deine wunde hat nach pflaſtern ſich zu ſehnen/
Weil man dein ſchutz-geſtirn dir aus den augen traͤgt.
Allein begreiffe dich und mindre deine klagen/
Was dir aus hertze ſtoͤſt/ iſt eine vater-hand;
Wenn hat der treue GOtt verwundet und geſchlagen/
Da nicht ſein arm zugleich den ſchaden ſelbſt verband/
Jſt ſchon die mutter hin/ ſo ſteht doch der zur ſeiten/
Der vielmahls wunderlich doch niemahls boͤſe fuͤhrt/
Der wird durch ſeinen geiſt dich uͤberall begleiten/
Biß einſt der tugend lohn dein wehrtes haupt beziert.
Wohlan/ ſo trockne nun die uͤberſchwemmten wangen
Und ſchau der mutter heyl mit heitern augen an:
Wer in die ſeeligkeit ſo ſtill und ſanfft gegangen/
Mit dieſem hat der tod recht als ein freund gethan.


Auf Hn. M. Johann Moths
Abſterben.

M. M. R.

1.
KAn Pylades noch hand und feder regen/
Da ſein Oreſt den letzten abſchied nimm’t?
Kan
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0242" n="232"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Der kirchen fehlt ein glied von ungemeiner gu&#x0364;te/</l><lb/>
            <l>Ein glied das iederzeit des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten tempel war:</l><lb/>
            <l>Der arme klagt die hand/ wir aber ihr gemu&#x0364;the;</l><lb/>
            <l>Kurtz: Un&#x017F;er kleinod liegt auff einer todten-baar.</l><lb/>
            <l>So &#x017F;eufftzt die gantze &#x017F;tadt! drum &#x017F;chweigen meine wo&#x0364;rter/</l><lb/>
            <l>Dergleichen lebens-lauff be&#x017F;cha&#x0364;met allen ruhm;</l><lb/>
            <l>Zudem bewohnt der gei&#x017F;t &#x017F;chon die be&#x017F;tirnten o&#x0364;rter/</l><lb/>
            <l>Und hat der engel lob zu &#x017F;einem eigenthum.</l><lb/>
            <l>Jhr &#x017F;chmertzlicher verlu&#x017F;t i&#x017F;t hier zwar zu betrauren/</l><lb/>
            <l>Jedoch der &#x017F;eelen &#x017F;tand nimmt keine thra&#x0364;nen an:</l><lb/>
            <l>Denn ihre &#x017F;eele wohnt in den &#x017F;aphirnen mauern/</l><lb/>
            <l>Wo kein ver&#x017F;chlagner feind den frieden &#x017F;to&#x0364;hren kan.</l><lb/>
            <l>Drum u&#x0364;berlieffern wir/ mein freund/ dir alle thra&#x0364;nen/</l><lb/>
            <l>Du bi&#x017F;ts/ den GOttes hand am allermei&#x017F;ten &#x017F;chla&#x0364;gt:</l><lb/>
            <l>Denn deine wunde hat nach pfla&#x017F;tern &#x017F;ich zu &#x017F;ehnen/</l><lb/>
            <l>Weil man dein &#x017F;chutz-ge&#x017F;tirn dir aus den augen tra&#x0364;gt.</l><lb/>
            <l>Allein begreiffe dich und mindre deine klagen/</l><lb/>
            <l>Was dir aus hertze &#x017F;to&#x0364;&#x017F;t/ i&#x017F;t eine vater-hand;</l><lb/>
            <l>Wenn hat der treue GOtt verwundet und ge&#x017F;chlagen/</l><lb/>
            <l>Da nicht &#x017F;ein arm zugleich den &#x017F;chaden &#x017F;elb&#x017F;t verband/</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t &#x017F;chon die mutter hin/ &#x017F;o &#x017F;teht doch der zur &#x017F;eiten/</l><lb/>
            <l>Der vielmahls wunderlich doch niemahls bo&#x0364;&#x017F;e fu&#x0364;hrt/</l><lb/>
            <l>Der wird durch &#x017F;einen gei&#x017F;t dich u&#x0364;berall begleiten/</l><lb/>
            <l>Biß ein&#x017F;t der tugend lohn dein wehrtes haupt beziert.</l><lb/>
            <l>Wohlan/ &#x017F;o trockne nun die u&#x0364;ber&#x017F;chwemmten wangen</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chau der mutter heyl mit heitern augen an:</l><lb/>
            <l>Wer in die &#x017F;eeligkeit &#x017F;o &#x017F;till und &#x017F;anfft gegangen/</l><lb/>
            <l>Mit die&#x017F;em hat der tod recht als ein freund gethan.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Auf Hn. <hi rendition="#aq">M.</hi> Johann Moths<lb/>
Ab&#x017F;terben.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">M. M. R.</hi> </p><lb/>
          <lg n="1">
            <head>1.</head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">K</hi>An Pylades noch hand und feder regen/</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ein Ore&#x017F;t den letzten ab&#x017F;chied nimm&#x2019;t?<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kan</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0242] Begraͤbniß-Gedichte. Der kirchen fehlt ein glied von ungemeiner guͤte/ Ein glied das iederzeit des Hoͤchſten tempel war: Der arme klagt die hand/ wir aber ihr gemuͤthe; Kurtz: Unſer kleinod liegt auff einer todten-baar. So ſeufftzt die gantze ſtadt! drum ſchweigen meine woͤrter/ Dergleichen lebens-lauff beſchaͤmet allen ruhm; Zudem bewohnt der geiſt ſchon die beſtirnten oͤrter/ Und hat der engel lob zu ſeinem eigenthum. Jhr ſchmertzlicher verluſt iſt hier zwar zu betrauren/ Jedoch der ſeelen ſtand nimmt keine thraͤnen an: Denn ihre ſeele wohnt in den ſaphirnen mauern/ Wo kein verſchlagner feind den frieden ſtoͤhren kan. Drum uͤberlieffern wir/ mein freund/ dir alle thraͤnen/ Du biſts/ den GOttes hand am allermeiſten ſchlaͤgt: Denn deine wunde hat nach pflaſtern ſich zu ſehnen/ Weil man dein ſchutz-geſtirn dir aus den augen traͤgt. Allein begreiffe dich und mindre deine klagen/ Was dir aus hertze ſtoͤſt/ iſt eine vater-hand; Wenn hat der treue GOtt verwundet und geſchlagen/ Da nicht ſein arm zugleich den ſchaden ſelbſt verband/ Jſt ſchon die mutter hin/ ſo ſteht doch der zur ſeiten/ Der vielmahls wunderlich doch niemahls boͤſe fuͤhrt/ Der wird durch ſeinen geiſt dich uͤberall begleiten/ Biß einſt der tugend lohn dein wehrtes haupt beziert. Wohlan/ ſo trockne nun die uͤberſchwemmten wangen Und ſchau der mutter heyl mit heitern augen an: Wer in die ſeeligkeit ſo ſtill und ſanfft gegangen/ Mit dieſem hat der tod recht als ein freund gethan. Auf Hn. M. Johann Moths Abſterben. M. M. R. 1. KAn Pylades noch hand und feder regen/ Da ſein Oreſt den letzten abſchied nimm’t? Kan

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/242
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/242>, abgerufen am 24.11.2024.